Archer Jeffrey
die sich bewegende Hand einen Luftsprung machen können. Wie er betete, daß der Mann am Leben bleiben möge…
Als er aus dem Lazarett lief, um mit seinen Männern wieder in den Wald zurückzukehren, wurde er vom diensthabenden Offizier aufgehalten.
»Oberst«, sagte er, »ich habe Sie überall gesucht. Mehr als dreihundert Mann müssen was zu essen bekommen. Mein Gott, Mann, wo waren Sie?«
»Habe zur Abwechslung etwas Sinnvolles getan.«
Als er langsam zur Feldküche zurückging, dachte Abel an den jungen Hauptmann.
Für beide Männer war der Krieg vorbei.
25
Die Sanitäter brachten den Hauptmann in ein Zelt und legten ihn behutsam auf den Operationstisch. Hauptmann William Kane bemerkte, daß eine Krankenschwester ihn traurig ansah, aber was sie sagte, konnte er nicht hören. War es, weil sein Kopf verbunden oder weil er jetzt taub war? Er beobachtete ihre Lippen, konnte jedoch nichts ablesen. Er schloß die Augen und dachte nach. Er dachte viel an die Vergangenheit und wenig an die Zukunft; er dachte rasch, es konnte ja sein, daß er sterben mußte. Wenn er am Leben blieb, würde er viel Zeit zum Nachdenken haben. Seine Gedanken wanderten zu Kate nach New York. Sie hatte sich mit seinem Entschluß, einzurücken, nicht abfinden können. Er wußte, daß sie es nie verstehen würde, und daß er ihr seine Gründe nicht erklären konnte; deshalb hatte er es aufgegeben. Er hatte den Tod nie wirklich in Betracht gezogen, und jetzt wollte er nur leben und zu seinem alten Leben zurückkehren.
William hatte die Bank unter der gemeinsamen Leitung von Ted Leach und Tony Simmons zurückgelassen, bis zu seiner Wiederkehr… bis zu seiner Wiederkehr. Er hatte keine Instruktionen hinterlassen, falls er nicht zurückkam. Beide hatten ihn gebeten, sich nicht zu stellen; noch zwei Männer, die ihn nicht verstehen konnten. Als er zwei Tage später einrückte, war es ihm fast unmöglich, seinen Kindern in die Augen zu schauen. Der zehnjährige Richard hatte ihn allein zum Bahnhof begleitet; er hielt die Tränen zurück, bis sein Vater ihm sagte, daß er nicht mit ihm fahren könne, um gegen die Deutschen zu kämpfen.
Zuerst schickte man William nach Vermont in eine Offiziersanwärterschule. Das letztemal war er mit Matthew in Vermont gewesen, zum Skilaufen - langsam die Hügel hinauf und schnell hinunter… Der Kursus dauerte drei Monate, und zum erstenmal seit Harvard war William körperlich wieder in Hochform.
Dann schickte man ihn zunächst nach London, das voller Amerikaner war. Er wurde Verbindungsoffizier zwischen Amerikanern und Briten und wohnte im Dorchester, das das British War Office übernommen und der amerikanischen Armee zur Verfügung gestellt hatte. William las irgendwo, daß Abel Rosnovski das gleiche mit dem Baron-Hotel in New York getan hatte, und fand es sehr lobenswert. Die Verdunkelung, die Raketen und die Luftschutzsirenen sagten ihm, daß Krieg war, aber er fühlte sich seltsam abgeschnitten von allem, was ein paar hundert Kilometer von Hyde Park Corner entfernt vor sich ging. Sein ganzes Leben lang hatte William immer die Initiative ergriffen, nie war er Zuschauer gewesen; sich zwischen Churchills War Operations Room in Storey’s Gate und Eisenhowers Stabshauptquartier in St. James hin- und herzubewegen, war nicht das, was er unter Initiative verstand. Es sah so aus, als würde er nie einen Deutschen zu Gesicht bekommen, außer Hitlers Armeen marschierten über den Trafalgar Square.
Als ein Teil der 1 . Armee zu militärischen Übungen mit dem Hochländerregiment nach Schottland abkommandiert wurde, schickte man William als Beobachter mit. Auf der langen langen Reise nach Schottland in einem Zug, der fortwährend anhielt, bekam er das Gefühl, nichts anderes zu sein als ein besserer Botenjunge, und er fragte sich, warum er sich überhaupt gemeldet hatte. Schottland aber war anders. Hier schien man sich tatsächlich auf den Krieg vorzubereiten, und als William nach London zurückkehrte, bat er um sofortige Versetzung zur 1. Armee. Sein Oberst, der nichts davon hielt, einen Mann, der kämpfen wollte, hinter einem Schreibtisch festzunageln, gab ihn frei.
Drei Tage später fuhr William nach Schottland zu seinem neuen Regiment und bereitete sich in Inveraray mit den amerikanischen Truppen auf die Invasion vor, die, wie alle wußten, unmittelbar bevorstand. Das Training war hart und konzentriert. Die Nächte in den schottischen Hügeln, in denen man Scheingefechte mit dem Hochländerregiment durchführte,
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