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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kain und Abel
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besonders
schlimm aussahen. Verblüfft starrte sie auf die eine Brustwarze. Er
zog sich rasch an und ging mit der Frau in die Küche. Sie hatte bereits
eine Schüssel Bohnensuppe zubereitet, und Wladek stürzte sich
hungrig auf das Festmahl. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Als
Wladek gegessen hatte, meinte sie, es sei ratsamer für Wladek, ins
Bett zu gehen und sich auszuruhen.
»Ich möchte nicht, daß mein Mann dich sieht, bevor ich ihm erklärt
habe, warum du hier bist«, erklärte sie. »Möchtest du bei uns bleiben,
wenn mein Mann einverstanden ist?«
Wladek nickte dankbar.
»Dann marsch ins Bett.«
Wladek gehorchte und betete, daß der Mann ihm erlauben würde,
bei ihnen zu bleiben. Er zog sich langsam aus und kletterte ins Bett. Er war zu sauber, die Laken waren zu sauber und die Matratze war zu weich; er warf das Kissen auf den Boden, dann übermannte ihn die
Müdigkeit und er schlief trotz des ungewohnten Luxus ein. Ein paar Stunden später weckten ihn Stimmen, die aus der Küche
drangen, aus tiefem Schlaf. Er wußte nicht, wie lang er geschlafen
hatte. Draußen war es schon dunkel, als er aus dem Bett kroch, zur
Tür ging, sie leise öffnete und dem Gespräch lauschte, das unten in
der Küche stattfand.
»Dumme Frau.«
Wladek hörte eine erregte Stimme. »Verstehst du nicht, was
geschehen wäre, wenn man euch erwischt hätte? Man hätte dich in
eins der Lager geschickt.«
»Aber wenn du ihn gesehen hättest, Pjotr. Wie ein gehetztes kleines
Tier.«
»Und daher hast du beschlossen, uns ebenfalls zu gehetzten Tieren
zu machen, was?« sagte die männliche Stimme. »Hat ihn sonst jemand
gesehen?«
»Nein«, antwortete die Frau. »Ich glaube nicht.«
»Gott sei Dank. Er muß sofort verschwinden, bevor jemand erfährt,
daß er bei uns ist. Das ist unsere einzige Hoffnung.«
»Aber wohin, Pjotr? Er ist verloren und kennt keinen Menschen«,
flehte Wladeks Beschützerin. »Und ich habe mir schon immer einen
Sohn gewünscht.«
»Was du dir wünscht und wohin er geht, ist mir egal, wir sind nicht
für ihn verantwortlich und müssen ihn sofort loswerden.« »Aber Pjotr, ich glaube, er hat königliches Blut, sein Vater war ein
Baron. Er trägt einen Silberreif am Arm, auf dem die Worte stehen…« »Das macht es nur noch schlimmer. Du weißt, was unsere Führer
beschlossen haben. Keinen Zaren, keinen Adel, keine Privilegien.
Vermutlich würde man uns gar nicht erst in ein Lager bringen,
sondern gleich erschießen.«
»Wir wollten immer einen Sohn haben, Pjotr. Können wir nicht
einmal im Leben etwas riskieren?«
»Du vielleicht. Ich nicht. Ich sage dir, daß er verschwinden muß,
und zwar sofort.«
Wladek brauchte nicht mehr länger zuzuhören. Er konnte seiner
Wohltäterin nur helfen, wenn er sofort, ohne eine Spur zu
hinterlassen, verschwand. Er zog sich rasch an, schaute auf das zerwühlte Bett und hoffte, daß es nicht wieder vier Jahre dauern würde, bis er das nächste sah. Eben war er dabei, das Fenster zu öffnen, als die Tür aufgerissen wurde und der Stationsvorstand eintrat
- ein kleiner Mann, nicht größer als Wladek, mit einem großen Bauch und ein paar grauen Haarsträhnen auf dem beinahe kahlen Kopf. Er trug eine randlose Brille, die unter den Augen kleine rote Halbkreise hinterlassen hatten. Der Mann hatte eine Paraffinlampe in der Hand.
Er stand da und starrte Wladek an. Wladek starrte trotzig zurück. »Komm herunter«, befahl der Mann.
Wladek folgte ihm widerwillig in die Küche. Die Frau saß weinend
am Küchentisch.
»Hör zu, Junge«, sagte der Mann.
»Er heißt Wladek«, unterbrach die Frau.
»Hör zu, Junge«, wiederholte der Mann. »Du hast Schwierigkeiten.
Ich möchte, daß du von hier verschwindest, und zwar möglichst weit
fort. Ich werde dir sagen, was ich zu tun bereit bin, um dir zu helfen.« Helfen? Wladek blickte ihn unverwandt an.
»Ich werde dir eine Fahrkarte geben. Wohin willst du?« »Odessa«, sagte Wladek, ohne zu wissen, wo es war oder was es
kostete. Er wußte nur, daß es auf der Landkarte des Arztes die nächste
Stadt auf dem Weg in die Freiheit gewesen war.
»Odessa, die Brutstätte der Verbrecher - ein passendes Ziel«, höhnte
der Mann. »Dort wirst du unter deinesgleichen sein und nur Übles
erfahren.«
»Dann erlaube ihm doch, bei uns zu bleiben, Pjotr. Ich werde für ihn
sorgen, ich werde…«
»Niemals. Lieber bezahle ich dem Gauner eine Fahrkarte.« »Aber wie kann er an den Wachen vorbeikommen?« fragte die Frau. »Ich werde ihm einen Arbeitspaß für Odessa

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