Archer Jeffrey
keine allzu großen Fehler, würde er seinen Teil einwandfrei ausführen und ein paar Tage später wieder im Fernen Osten sein. Bangkok oder Manila, oder vielleicht Singapur. Das hatte Xan noch nicht entschieden. Sobald das alles vorüber war, würde er eine lange Ruhepause brauchen und sie sich auch leisten kö nnen.
Der dritte Mann im Zimmer, Ralph Matson, war vielleicht der gefährlichste der drei. Einen Meter achtundachtzig groß, breitschultrig, mit einer großen Nase und einem kräftigen Kinn, hochintelligent. Nach fünf Jahren als Spezialagent des FBI hatte er nach Hoovers Tod den Dienst ohne Aufsehen quittiert; Loyalität dem Chef gegenüber und all der Unsinn! Damals hatte er bereits genug gewußt, um alles, was ihn das Bureau über Kriminologie gelehrt hatte, verwerten zu können. Er hatte mit kleinen Erpressungen angefangen – Leute, die nicht wollten, daß ihre FBI-Dossiers an die Öffentlichkeit gelangten. Aber jetzt war er auf größere Fische aus. Er vertraute niemandem, auch das hatte ihm das Bureau beigebracht, und ganz bestimmt nicht dem dummen Italiener, der in einer brenzligen Situation wahrscheinlich rückwärts statt vorwärts fuhr, oder dem schweigenden schlitzäugigen Killer.
Niemand sprach. Die Tür öffnete sich. Drei Köpfe wandten sich um, drei Köpfe, die an Gefahr gewöhnt waren und keinen Wert auf Überraschungen legten. Als sie die beiden Männer eintreten sahen, entspannten sie sich sofort wieder.
Der jüngere der beiden rauchte. Er setzte sich an das oberste Ende des Tisches, auf den Platz des Vorsitzenden; der zweite Mann nahm neben Matson Platz, rechts vom Vorsitzenden. Sie nickten. Mehr nicht. Der jüngere Mann
– auf seiner Wahlkarte stand Peter Nicholson, auf seiner Geburtsurkunde Pjotr Nikolaiwitsch – sah aus wie der Leiter einer erfolgreichen Kosmetikfirma. Sein Anzug verriet, daß er bei Chester Barrie einkaufte, seine Schuhe waren von Loeb, die Krawatte von Ted Lapidus. Sein Dossier beim FBI verriet gar nichts. Deshalb saß er am Kopfende des Tisches. Er sah sich nicht als Verbrecher; er wollte nichts anderes als den Status quo aufrechterhalten.
Er war einer jener Millionäre aus den Südstaaten, die ihr Vermögen im Handel mit Handfeuerwaffen gemacht ha tten. Das war ein gigantisches Geschäft. Es war ein verfassungsmäßiges Recht jedes amerikanischen Bürgers, eine Waffe zu tragen, und jeder vierte Amerikaner machte von diesem Recht auch Gebrauch. Eine gewöhnliche Pistole oder ein Revolver waren schon für hundert Dollar zu haben, aber die Spezialgewehre und Flinten, für viele Amerikaner ein Statussymbol, kosteten bis zu zehntausend Dollar. Der Vorsitzende und seine Freunde verkauften Millionen von Pistolen und Zehntausende Gewehre. Es war nicht schwer gewesen, Ronald Reagan zu überreden, das Handfeuerwaffengeschäft nicht anzutasten, aber sie wußten, daß sie bei Florentyna Kane kein Glück haben würden. Die Gesetzesvorlage zur Kontrolle des Waffe nhandels war bereits mit knapper Mehrheit im Repräsenta ntenhaus angenommen worden, und im Senat würde es nicht anders sein, falls man keine drastischen Maßnahmen setzte. Der Vorsitzende war also anwesend, um den Status quo zu wahren.
Er eröffnete, wie jeder Vorsitzende, formell die Sitzung und verlangte von seinen Leuten einen Bericht. Zuerst Matson.
Die große Nase bewegte sich ruckweise auf und ab, die kantigen Kiefern malmten.
»Ich habe auf dem FBI-Kanal eins mitgehört.« Als er sich beim FBI auf seine Verbrecherkarriere vorbereitete, hatte er ein tragbares Walkie-Talkie gestohlen. Er hatte es unter irgendeinem Vorwand mitgenommen und dann als verloren gemeldet. Er erhielt einen Verweis und mußte dem Bureau das Gerät ersetzen – ein kleiner Preis für das Privileg, FBI-Gespräche abzuhören. »Ich wußte, daß sich der griechische Kellner irgendwo in Washington versteckte, und nahm an, daß er früher oder später wegen seiner Schußwunde in einem der fünf Krankenhäuser auftauchen würde. Zu einem Privatarzt zu gehen, konnte er sich nicht leisten. Dann hörte ich das Arschloch Stames auf Kanal eins.«
»Keine Kraftworte, bitte«, unterbrach der Vorsitzende.
Stames hatte Matson während seiner Dienstzeit dreimal einen Verweis erteilt. Matson trauerte ihm nicht nach. Er fuhr fort.
»Ich hörte Stames auf dem Weg ins Krankenhaus auf Kanal eins. Er bat einen Pater Gregory, den Griechen zu besuchen. Es war nur ein Versuch, aber ich erinnerte mich, daß Stames selbst Grieche war, und so war es nicht
Weitere Kostenlose Bücher