Archer Jeffrey
hatte den Vorfall bereits abgehakt.
»Ich muss entscheiden, ob ich kündigen soll oder warte, bis ich entlassen werde.«
»Aber Steven ist der Leiter eurer Abteilung. Und sogar Adrian ist dir vorgesetzt.«
»Ich weiß, aber es waren allesamt meine Posten und ich habe die Kauf- und Verkaufsanweisungen unterschrieben, darum glaubt keiner, dass sie etwas damit zu tun hatten.«
»Wie viel hat die Bank verloren?«
»Nicht ganz eine halbe Million.«
»Aber du hast in den letzten Jahren sehr viel mehr für die Bank eingenommen.«
»Stimmt, aber die anderen Abteilungsleiter werden mich ab jetzt für unzuverlässig halten und sie werden immer befürchten, dass so etwas erneut passieren könnte. Steven und Adrian distanzieren sich bereits von mir; sie wollen ihren Job nicht auch verlieren.«
»Du kannst aber doch immer noch gewaltige Profite für die Bank einfahren, warum sollten sie dich also gehen lassen?«
»Weil sie mich ersetzen können. Jedes Jahr spucken die Business Schools neue, brillante Akademiker aus.«
»Nicht von deinem Kaliber«, erklärte Su Ling.
Sie zögerte. »Wird dir jemand anderes einen Job anbieten?«
»Ich nehme nicht an, dass man mich so häufig anrufen wird wie noch vor einem Monat, also werde ich wohl selbst eine Rundrufaktion starten müssen.«
»Was ist mit dem Cartwright-Fonds?«, fragte sie, während Nat ihr half, den Tisch zu decken.
»Wir haben ungefähr fünfzigtausend verloren, aber über das Jahr gesehen fährt er immer noch einen kleinen Gewinn ein. Das erinnert mich daran, dass ich Mr Russell anrufen und mich entschuldigen muss.«
»Du hast doch in der Vergangenheit auch beim CartwrightFonds einige schöne Gewinne eingefahren.«
»Darum haben sie mir ja auch vertraut.« Nat schlug mit der Faust auf den Tisch. »Verdammt, ich hätte es ahnen müssen.« Er sah seine Frau über den Tisch hinweg an. »Was sollte ich deiner Meinung nach jetzt tun?«
Su Ling dachte eine Weile über seine Frage nach. »Kündige und such dir eine ordentliche Arbeit.«
*
Fletcher wählte selbst, ohne seine Sekretärin darum zu bitten. »Bist du über Mittag frei?« Er schwieg kurz. »Nein, wir müssen uns irgendwo treffen, wo uns keiner kennt.« Pause. »Liegt das an der 57th West?«
Pause. »Wir sehen uns dort um 12 Uhr 30.«
Fletcher traf einige Minuten zu früh im Zemarki’s ein. Sein Gast wartete schon auf ihn. Sie bestellten beide einen Salat und Fletcher nahm ein Light-Bier.
»Ich dachte, du trinkst zum Mittagessen nie etwas?«
»Heute ist eine der seltenen Ausnahmen«, erwiderte Fletcher. Nachdem er einen kräftigen Schluck genommen hatte, erzählte er seinem Freund, was an diesem Morgen vorgefallen war.
»Wir schreiben das Jahr 1976, nicht 1776«, kommentierte Jimmy.
»Ich weiß, aber anscheinend streifen immer noch ein oder zwei Dinosaurier durch die Gegend und Gott weiß, was Elliot seinem Onkel noch an widerwärtigen Sachen erzählt hat.«
»Dein Mr Elliot scheint ja ein reizendes Bürschchen zu sein. Du solltest besser ein Auge auf ihn haben. Wahrscheinlich stehst du als Nächster auf seiner Liste.«
»Ich kann mich um mich selbst kümmern«, meinte Fletcher. »Aber um Logan mache ich mir Sorgen.«
»Wenn er so gut ist, wie du sagst, wird er doch umgehend eine neue Stelle finden.«
»Nicht, wenn jemand bei Bill Alexander anruft und fragt, warum er die Kanzlei so plötzlich verlassen hat.«
»Kein Anwalt würde es wagen, sein Schwulsein als Entlassungsgrund anzugeben.«
»Das muss er gar nicht«, erwiderte Fletcher. »Angesichts der Umstände genügt es völlig, wenn er sagt, ›es wäre mir lieber, nicht über diese Angelegenheit zu sprechen, sie ist etwas delikat‹. Und das ist weitaus tödlicher.« Fletcher nahm noch einen Schluck. »Ich muss dir sagen, Jimmy, wenn deine Kanzlei das Glück hätte, Logan einzustellen, würde sie es niemals bereuen.«
»Ich rede heute Nachmittag mit unserem Seniorpartner. Mal sehen, wie er darauf reagiert hat. Und wie geht es meiner Babyschwester?«
»Sie übernimmt allmählich ganz Ridgewood, einschließlich des Buchclubs, des örtlichen Schwimmvereins und des Blutspenderfahrdienstes. Unser nächstes Problem ist, an welche Schule wir Lucy schicken sollen.«
»In Hotchkiss werden jetzt auch Mädchen aufgenommen«, sagte Jimmy. »Wir haben vor …«
»Ich frage mich, was der Senator davon hält«, sinnierte Fletcher und leerte sein Bier. »Wie geht es ihm eigentlich?«
»Er ist erschöpft, aber er bereitet sich schon wieder auf die nächste Wahl vor.«
»Niemand
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