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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
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nach meinem Abschluss.«
»Was ist mit diesem Kerl, der bei der Wahl zum Erstsemestervertreter gegen dich angetreten ist und so eindringlich für Amerikas Verantwortung gegenüber jenen eingetreten ist, ›die an der Demokratie teilhaben wollen‹ – wie hat er sich entschieden?«
»Keine Ahnung«, sagte Tom, »aber wenn sein Name ebenfalls gezogen wurde, dann triffst du ihn wahrscheinlich ganz vorne an der Front.«
    *
    Monat für Monat verging, aber kein brauner Umschlag tauchte in seinem Brieffach auf. Fletcher glaubte allmählich, dass er wohl zu jenen Glücklichen gehören musste, deren Name nicht gezogen wurde. Doch stand sein Entschluss schon fest, wie er reagieren würde, wenn der schmale, braune Umschlag doch noch eintreffen sollte.
    Als Jimmy seinen Einberufungsbescheid erhielt, besprach er sich umgehend mit seinem Vater, der ihm riet, eine Freistellung zu beantragen, solange er noch studierte, mit dem Argument, dass er willens sei, seine Meinung in drei Jahren zu überdenken. Er erinnerte Jimmy daran, dass es bis dahin sehr wohl einen neuen Präsidenten geben mochte, eine neue Gesetzgebung und die Möglichkeit, dass Amerika nicht länger in Vietnam mitmischte. Jimmy folgte dem Rat seines Vaters und äußerte sich unverblümt, als er die moralische Seite dieser Angelegenheit mit Fletcher diskutierte.
    »Ich habe nicht die Absicht, mein Leben gegen eine Horde von Vietcong aufs Spiel zu setzen, die am Ende ja doch dem Kapitalismus erliegen werden, auch wenn sie kurzfristig nicht für militärische Überlegenheit empfänglich sind.«
    Annie war mit den Ansichten ihres Bruders einig und es erleichterte sie, dass Fletcher keinen Einberufungsbefehl erhalten hatte. Sie zweifelte nämlich nicht daran, wie er darauf reagieren würde.
    *
     
    Am 5. Januar 1967 meldete sich Nat bei seiner örtlichen Wehrpflichtkommission.
    Nach einer umfassenden medizinischen Untersuchung wurde er von einem Major Willis befragt. Der Major hatte den ganzen Vormittag mit jungen Männern zugebracht, die einhundert verschiedene Gründe aufführten, warum sie zum Wehrdienst körperlich nicht in der Lage seien; nun war er beeindruckt: Cartwrights Tauglichkeit lag bei zweiundneunzig Prozent. Am Nachmittag unterzog sich Nat dem allgemeinen Einstufungstest und erzielte siebenundneunzig Punkte.
    Am folgenden Abend stieg Nat mit fünfzig anderen Wehrpflichtigen in einen Bus mit Ziel New Jersey. Während der gemächlichen, endlosen Fahrt durch mehrere Bundesstaaten spielte Nat mit den Plastiktabletts, auf denen die Essensrationen verteilt wurden, bevor er in einen unruhigen Schlaf fiel.
    In den frühen Morgenstunden erreichte der Bus Fort Dix. Die potenziellen Soldaten stiegen aus und wurden von dem Gebrüll der Mannschaftsbetreuer empfangen. Zügig wurden sie in Fertigbaubaracken einquartiert, dann durften sie ein paar Stunden schlafen.
    Am folgenden Morgen stand Nat um fünf Uhr auf- nicht, dass er eine Wahl gehabt hätte – und nachdem er einen militärischen Haarschnitt verpasst bekommen hatte, wurde seine Uniform ausgegeben. Alle fünfzig neuen Rekruten erhielten daraufhin den Befehl, ihren Eltern einen Brief zu schreiben, dem sie jedes Besitzstück von zivilem Ursprung beilegen und an ihre Heimatadresse schicken mussten.
    Im Laufe des Tages wurde Nat von Specialist Fourth Class Jackson befragt, der sich Nats Papiere ansah und danach nur eine Frage hatte:
    »Ist Ihnen klar, Cartwright, dass Sie eine Freistellung hätten beantragen können?«
»Ja, Sir.«
Jackson hob eine Augenbraue. »Aber Sie bekamen den guten Rat, sich dagegen zu entscheiden?«
»Das musste man mir nicht erst raten, Sir.«
»Gut. Sobald Sie die Grundausbildung beendet haben, Cartwright, werden Sie sich zweifelsohne zur Offiziersschule anmelden.« Er schwieg kurz. »Nur etwa zwei von fünfzig schaffen es, also schrauben Sie Ihre Hoffnungen nicht zu hoch. Und nennen Sie mich nicht Sir«, fuhr er fort. »Specialist 4th Class genügt völlig.«
Nach jahrelangem Querfeldeinlauf ging Nat davon aus, er sei in guter körperlicher Verfassung, doch schnell fand er heraus, dass die Armee darunter etwas völlig anderes verstand. Und im Zuge der Grundausbildung war alles primitiv: das Essen, die Kleidung, die Heizung und vor allem das Bett, in dem er schlafen sollte. Nat mutmaßte, dass die Armee die Matratzen direkt aus Nordvietnam importierte, so dass sie am eigenen Leib dieselben Härten wie der Feind erfahren konnten.
In den nächsten acht Wochen stand Nat jeden Morgen um fünf

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