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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
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nicht erwähnt, dass Rebecca schwanger war, und auch keinen besonderen Grund für ihre Trennung angeführt.
    Mein lieber Nathaniel. Sie nannte ihn niemals Nat. Falls jemand einen Brief von seiner Mutter zu lesen bekam, dann würde er rasch alles über sie herausfinden, was er wissen musste: Sie war ordentlich, sauber, informativ, fürsorglich, hinterließ aber immer irgendwie den Eindruck, als komme sie zu spät zu ihrem nächsten Termin. Ihre Briefe endeten stets mit den Worten In Eile. Alles Liebe, Mutter. Die einzig echte Neuigkeit, die sie ihm mitteilte, war Dads Beförderung zum Regionalmanager. Das bedeutete, er würde künftig weniger Zeit auf der Straße verbringen und häufiger in Hartford arbeiten.
    Dad freut sich über die Beförderung und die Gehaltserhöhung, denn jetzt können wir uns ganz knapp einen Zweitwagen leisten. Er vermisst jedoch den persönlichen Kontakt zu seinen Kunden.
    Nat schaufelte noch einen Löffel Cornflakes in sich hinein, bevor er den Brief aus New Haven öffnete. Toms Botschaft war auf der Maschine geschrieben und enthielt gelegentlich Tippfehler, wahrscheinlich wegen der Aufregung über seinen Wahlsieg. In seiner üblichen entwaffnenden Art berichtete Tom, dass er nur deshalb gewonnen hatte, weil sein Gegner eine leidenschaftliche Rede zur Verteidigung von Amerikas Beteiligung am Vietnamkrieg hielt, was seiner Sache nicht dienlich war, als es an die Wahlurnen ging. Nat gefiel der Name Fletcher Davenport. Wahrscheinlich wäre er gegen ihn angetreten, wenn er Yale besucht hätte. Er biss in seinen Toast und las den Rest von Toms Brief: Tut mir Leid, dass du dich von Rebecca getrennt hast. 1st keine Versöhnung möglich? Nat sah von dem Schreiben auf. Er wusste keine Antwort auf diese Frage, obwohl ihm klar war, dass es seinen alten Freund nicht überraschen würde, wenn er erfuhr, dass Ralph Elliot hinter alldem steckte.
    Nat bestrich seine zweite Scheibe Toast mit Butter und beschloss, seinen Monatsscheck noch vor der ersten Vorlesung bei der Bank einzulösen – im Gegensatz zu einigen seiner Kommilitonen konnte er es sich nicht erlauben, die Aufstockung seiner mageren Finanzen bis zum letzten Moment aufzuschieben. Er öffnete den Umschlag und war überrascht, als er darin keinen Scheck, sondern nur einen Brief fand. Er faltete das Blatt Papier auf und starrte ungläubig auf dessen Inhalt.

    Nat legte den Brief vor sich auf den Tisch und dachte über die Konsequenzen nach. Er akzeptierte, dass eine Einberufung einem Lottospiel glich – und seine Zahlen waren nun gezogen worden. War es moralisch in Ordnung, eine Freistellung vom Wehrdienst zu beantragen, nur weil er Student war, oder sollte er sich melden und seinem Land dienen, wie es sein alter Herr 1942 getan hatte? Sein Vater hatte zwei Jahre mit der 80. Division in Europa verbracht, bevor er mit einem Purple Heart nach Hause zurückgekehrt war. Über fünfundzwanzig Jahre später vertrat sein Vater ebenso überzeugt die Ansicht, dass Amerika eine Rolle in Vietnam spielen müsse. Sollte eine solche Einstellung nur von jenen ungebildeten Amerikanern umgesetzt werden, die keine andere Wahl hatten?
    Nat rief umgehend zu Hause an und war nicht überrascht, als seine Eltern angesichts dieser Frage in eine ihrer seltenen Auseinandersetzungen gerieten. Seine Mutter hegte keinerlei Zweifel daran, dass er erst seinen Abschluss machen und dann noch einmal darüber nachdenken sollte; bis dahin war der Krieg vielleicht auch schon vorbei. Hatte Präsident Johnson das während seines Wahlkampfes nicht versprochen? Sein Vater vertrat dagegen die Ansicht, es stelle zwar eine etwas unglückliche Pause dar, aber es sei Nats Pflicht, der Einberufung Folge zu leisten. Wenn jeder auf die Idee käme, seinen Einberufungsbescheid zu verbrennen, würde Anarchie herrschen. Das war das letzte Wort seines Vaters zu diesem Thema.
    Als Nächstes rief Nat Tom in Yale an und fragte, ob er auch einen Einberufungsbescheid erhalten hatte.
»Ja, habe ich«, bestätigte Tom.
»Hast du ihn verbrannt?«, wollte Nat wissen.
»Nein, so weit bin ich nicht gegangen, auch wenn ich ein paar Studenten kenne, die das getan haben.«
»Soll das heißen, dass du dich gemeldet hast?«
»Nein, ich besitze nämlich nicht dein moralisches Rückgrat, Nat. Ich werde den Rechtsweg einhalten. Mein Vater hat einen Anwalt in Washington gefunden, der sich auf Freistellungen spezialisiert hat, und er ist sich ziemlich sicher, dass er meine Einberufung aufschieben kann, zumindest bis

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