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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Kandidaten
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Kommst du mit?«
»Nein, ich esse mit dem Rest vom Team. Eine Banane, ein Salatblatt und ein Glas Wasser. Könntest du Su Ling abholen und dafür sorgen, dass sie pünktlich zum Rennen kommt?«
»Daran muss ich sie bestimmt nicht erinnern«, meinte Tom.
Als Tom ins Haus geschlendert kam, fand er seine Tante und Su Ling. Die beiden waren vor einer Schüssel mit Muschelsuppe ins Gespräch vertieft. Tom spürte, dass seine Tante in dem Moment, als er das Zimmer betrat, das Thema gewechselt hatte. »Nimm dir jetzt besser etwas zu essen«, sagte sie zu Su Ling, »sonst wirst du nicht rechtzeitig zum Start fertig.«
Nach einem zweiten Teller Muschelsuppe begleitete Tom Su Ling zum Querfeldeinkurs. Er erklärte ihr, dass Nat eine Stelle ungefähr an der Hälfte des Weges ausgesucht hatte, wo sie alle Läufer für mindestens eine Meile sehen konnte, und wenn sie dann die Abkürzung nahmen, wären sie rechtzeitig an der Ziellinie, um den Einlauf des Siegers mitzuerleben.
»Weißt du, wie beim Querfeldeinlauf gezählt wird?«, fragte Tom.
»Ja, Nat hat es mir erklärt. Ein geniales System, gegen das der Abakus unglaublich modern wirkt. Möchtest du, dass ich es dir erkläre?«, fragte sie.
»Ja, gern«, erwiderte Tom.
Als sie den Aussichtspunkt, den Nat ausgewählt hatte, erreichten, mussten sie nicht lange warten, bevor der erste Läufer auf dem Hügelkamm auftauchte. Der Kapitän des Bostoner Teams schoss an ihnen vorüber und zehn andere Läufer tauchten auf und verschwanden wieder, bevor Nat an ihnen vorbeilief. Er winkte ihnen zu und rannte dann den Hügel hinunter.
»Er ist der Letzte, der noch Punkte bringt«, sagte Su Ling, als sie sich auf den Weg zur Ziellinie machten.
»Ich wette, er wird sich noch zwei oder drei Plätze vorkämpfen, wo er doch jetzt weiß, dass du hier bist und ihm zusiehst«, meinte Tom.
»Wie schmeichelhaft«, erwiderte Su Ling.
»Nimmst du das Angebot von Harvard an?«, fragte Tom leise.
»Hat Nat dich gebeten, das für ihn herauszufinden?«, wollte sie wissen.
»Nein«, sagte Tom. »Auch wenn er von kaum etwas anderem spricht.«
»Ich habe zugesagt, allerdings nur unter einer Bedingung.« Tom blieb stumm. Su Ling erzählte Tom nicht, unter welcher Bedingung, und er fragte sie nicht danach.
Die letzten zweihundert Meter mussten sie fast im Laufschritt zurücklegen, um rechtzeitig mitzuerleben, wie der Bostoner Kapitän beim Überqueren der Ziellinie seine Arme triumphierend nach oben riss. Tom sollte Recht behalten, denn Nat lief als Neunter ein und erzielte vier Punkte für sein Team. Sie eilten beide zu ihm und gratulierten ihm, als hätte er gewonnen. Nat lag erschöpft auf dem Boden, und als er erfuhr, dass Boston mit 31 zu 24 Punkten gewonnen hatte, war er enttäuscht darüber, nicht besser gelaufen zu sein.
Nach dem Abendessen bei Tante Abigail machten sie sich auf den langen Rückweg nach Storrs. Nat legte seinen Kopf in Su Lings Schoß und schlief sofort ein.
»Ich weiß wirklich nicht, was meine Mutter zu unserer ersten gemeinsamen Nacht sagen würde«, flüsterte sie Tom zu, der sie durch die Nacht chauffierte.
»Warum rundest du die Sache nicht ab und erzählst ihr, dass es eine Ménage à trois war?«
    *
    »Mutter hält dich für wunderbar«, sagte Su Ling, als sie am folgenden Nachmittag nach dem Tee zum Campus schlenderten. »Was für eine Frau«, staunte Nat. »Sie kann kochen und den Haushalt führen und sie ist außerdem auch noch eine
    erfolgreiche Geschäftsfrau.«
»Und vergiss nicht«, rief Su Ling ihm ins Gedächtnis, »dass sie in ihrem eigenen Land mit Verachtung gestraft wurde, weil sie von einem Ausländer ein Kind erwartete. Und bei ihrer Ankunft in diesem Land war sie auch nicht willkommen. Das ist der Grund, warum ich so streng erzogen wurde. Wie so viele Einwandererkinder bin ich nicht klüger als meine Mutter, aber indem sie alles opferte, um mir eine erstklassige Ausbildung zu finanzieren, hat sie mir eine bessere Chance im Leben ermöglicht, als sie sie je hatte. Vielleicht verstehst du jetzt, warum ich immer versuche, ihre Wünsche zu respektieren.«
    »Ja, das verstehe ich«, sagte Nat, »und jetzt, da ich deine Mutter getroffen habe, möchte ich, dass du auch meine triffst, weil ich mindestens ebenso stolz auf sie bin.«
    Su Ling lachte.
»Warum lachst du, kleine Blume?«, fragte Nat.
»Wenn ein Mann in meinem Land die Mutter eines Mädchens
    trifft, heißt das, dass er eine Beziehung wünscht. Wenn der Mann das Mädchen anschließend bittet, seine Mutter

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