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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ein Mann von Ehre
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können, halte ich es für notwendig, einige Details über das menschliche Nervensystem zu erläutern. Ich hoffe doch, daß Sie gut zuhören, Captain Scott! Erst wenn das Opfer Bescheid weiß, vermag es das wahrhaft Geniale an der folgenden Prozedur auch gebührend zu würdigen.«
Es gefiel Adam gar nicht, daß Stawinsky so gut englisch sprach. Die Chinesen hatten ihm das, was sie mit ihm vorhatten, in einer ihm unverständlichen Sprache erzählt, und damals war es ihm leichter gefallen, während ihrer gehässigen Reden an andere Dinge zu denken; schlußendlich war er für vier Stunden in einem Kühlschrank gelandet.
»Jetzt also zur Praxis!« fuhr Stawinsky fort. »Wenn man einen schwachen elektrischen Impuls an das Ende der Synapse schickt, können innerhalb eines Sekundenbruchteils Tausende anderer Nerven erreicht werden. Das verursacht ein recht unangenehmes Gefühl, wie beim Berühren einer nicht isolierten Leitung – was Ihnen, Scott, unter der Bezeichnung ›elektrischer Schlag‹ bekannt sein dürfte. Unangenehm, aber keineswegs tödlich. Im Sprachgebrauch der Moskauer Schule wird das als Stadium ›Eins‹ bezeichnet. Wir können es Ihnen natürlich ersparen, wenn Sie mir nur sagen würden, wo ich die Zaren-Ikone finden kann.«
Adam blieb teilnahmslos.
»Sie haben meinem kleinen Vortrag offenbar keinerlei Aufmerksamkeit geschenkt! Es wird mir zu meinem größten Bedauern also nichts anderes übrigbleiben, als wirklich von der Theorie zur Praxis überzugehen.«
Adam begann im stillen, alle siebenunddreißig Theaterstücke von William Shakespeare aufzuzählen. Sein alter Englischlehrer wäre bestimmt begeistert gewesen, hätte er gewußt, daß sein unwilliger Schüler nach all den Jahren noch imstande war, sich die Dramen des Meisters ins Gedächtnis zurückzurufen.
Heinrich VI., Erster Teil, Heinrich VI., Zweiter Teil, Heinrich VI, Dritter Teil, Richard II ….
Stawinsky hob die Tube mit dem Kollodiumkleber vom Boden auf, nahm den Verschluß ab und verrieb zwei Klumpen Klebstoff auf Adams Brust.
… Komödie der Irrungen, Titus Andronicus, Der Widerspenstigen Zähmung …
Der Russe drückte die beiden Elektroden an den Klebstoff, nahm die Drähte und schraubte sie an der Sechs-Volt-Batterie fest, die wiederum an den winzigen Generator angeschlossen war.
… Die beiden Veroneser, Verlorene Liebesmüh, Romeo und Julia …
Ohne Vorwarnung drückte Stawinsky den Hebel des Generators zwei Sekunden lang hinunter. Zweihundert Volt fuhren durch Adams Körper. In diesen zwei Sekunden unerträglicher Schmerzen schrie er auf; aber die Qual war sofort wieder vorbei.
»Legen Sie sich keinen Zwang auf. Teilen Sie uns bitte mit, in allen Einzelheiten, wie es Ihnen geht! Wir befinden uns in einem schalldichten Raum, werden also niemand stören …«
Adam ignorierte Stawinskys Bemerkung. Er klammerte sich an den Kanten des Stuhls fest.
» … Richard III., Ein Sommernachtstraum, König Johann … « , murmelte er.
Wieder drückte Stawinsky den Hebel zwei Sekunden lang hinunter, und wieder durchfuhr Adam ein peinigender Schmerz. Er verspürte anschließend heftige Übelkeit, doch gelang es ihm, bei Bewußtsein zu bleiben.
Stawinsky wartete einen Augenblick. »Höchst eindrucksvoll«, meinte er schließlich. »Sie haben sich zweifelsohne für Stadium Zwei qualifiziert. Dazu muß es aber nicht kommen, wenn Sie mir folgende Frage beantworten: Wo ist die ZarenIkone?«
Adams Mund war so ausgetrocknet, daß er nicht sprechen konnte – von spucken ganz zu schweigen.
»Ich möchte Sie warnen, Captain Scott!« Stawinsky wandte sich zur Tür. »Bringen Sie dem Captain doch bitte ein wenig Wasser, Colonel!«
… Der Kaufmann von Venedig, Heinrich IV., Erster Teil, Heinrich IV., Zweiter Teil …
Einen Augenblick später war Pollard zurück. Eine Flasche wurde in Adams Mund geschoben. Er schluckte hastig die Hälfte des Inhalts hinunter, dann wurde sie wieder weggezogen.
»Nur nicht übertreiben! Vielleicht brauchen Sie später noch etwas Flüssigkeit. Aber Sie könnten sich das alles ersparen, wenn Sie mir mitteilten, wo sich die Ikone befindet.«
Adam spuckte den Rest des Wassers dorthin, wo sein Gegner stand.
Stawinsky machte einen Satz und schlug Adam mit dem Handrücken ins Gesicht. Adams Kopf sank nach vorn.
»Sie lassen mir keine andere Wahl, als zu Stadium Zwei überzugehen«, sagte Stawinsky. Er blickte zu Romanow hinüber, der nickte. Stawinskys dünne Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Sie werden sich vielleicht

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