Archer Jeffrey
Begleiter wieder in den Ford sprangen und davonfuhren. Sie sah dem Wagen nach, bis seine Rücklichter in der Dunkelheit verschwunden waren.
Der »Colonel« bog von der Wigmore Street in die Baker Street ein und brachte den Wagen gegenüber Baker Street Station zum Stehen. Romanow hechtete heraus, lief zu einer leeren Telefonzelle und begann im Telefonbuch, Teil A-D, zu blättern. Er fand nur Robin Beresford, unter der selben Adresse, die der junge Agent ihm durchgegeben hatte. Er wählte die Nummer. Als nach zehnmaligem Klingeln niemand abhob, erschien ein Lächeln auf Romanows Gesicht. Jetzt wußte er, daß sie allein lebte. Es überraschte ihn nicht.
»Was nun?« fragte der »Colonel«, als Romanow wieder im
Wagen saß.
»Wo liegt Argyle Crescent, NW 3?«
»Muß irgendwo außerhalb sein, Richtung Hampstead«, antwortete der Colonel. »Aber ich sehe besser erst im Londoner Straßenverzeichnis nach. Was haben Sie vor?«
»Statt zu warten, bis Miss Beresford herauskommt, werden wir lieber auf sie warten, bis sie hereinkommt«, erwiderte Romanow.
Etwa dreißig Minuten später schlüpfte Robin aus der Hintertür des Gebäudes. Sie ging rund um Portman Square, dann marschierte sie, so rasch sie konnte, bis hinunter an die Ecke. Sie sagte sich immer wieder, daß Romanow bestimmt nicht zurückkommen würde; dennoch zitterte sie am ganzen Leib. Sie hielt nach einem Taxi Ausschau. Ihr fiel ein Stein vom Herzen, als fast augenblicklich ein Mann neben ihr stehenblieb. Wie Adam ihr geraten hatte, kontrollierte sie Fahrer und Rücksitz, dann kletterte sie hinein.
Wenige Augenblicke, nachdem Robin das Taxi angehalten hatte, traf Romanow vor ihrem Haustor ein. Der Tafel mit den Namensschildern neben dem Tor entnahm er, daß Miss Beresford in der vierten Etage wohnte.
Das Haustor hätte selbst für einen kleinen Moskauer Gelegenheitsdieb, der auch nur etwas auf sich hielt, keinerlei Problem dargestellt. Romanow verschaffte sich innerhalb weniger Sekunden Einlaß. Der »Colonel« folgte. Leise stiegen sie durch das dunkle Treppenhaus in den vierten Stock.
Romanow knackte das Yale-Schloß schneller, als Robin es mit ihrem Schlüssel hätte öffnen können. Er überprüfte die Anordnung der Räume und vergewisserte sich, daß sonst niemand in der Wohnung war.
Der »Colonel« stand angespannt und zappelig herum.
»Beruhigen Sie sich, Colonel! Die Dame wird uns bestimmt nicht lange warten lassen.«
Ein nervöses Lachen war die Antwort.
Das Taxi hielt vor dem Haus, auf das Robin zeigte. Sie sprang aus dem Wagen und gab dem Taxifahrer ein reichliches Trinkgeld; nicht nur, weil die Geisterstunde lange vorbei war, sondern weil sie sich endlich in Sicherheit fühlte. Es kam ihr vor, als wäre sie seit Ewigkeiten nicht mehr zu Hause gewesen. Sie freute sich auf ein heißes Bad und auf einen langen, ungestörten Schlaf.
Adam stieg kurz nach Mitternacht in Waterloo East aus dem Zug. Er stellte erfreut fest, daß die Underground noch verkehrte. Er hatte es für besser gehalten, nicht bis Charing Cross weiterzufahren, zumal er nicht wußte, welche seiner Verfolger ihn dort empfangen würden. An der Sperre wies er eine Zeitkarte vor und wartete, bis schließlich ein Zug einfuhr.
Zwischen Waterloo East und seinem Zielort lagen mehrere Stationen, und selbst zu dieser Nachtzeit schien der Zug jeden Halt besonders lange auszudehnen. Am Embankment stiegen ein paar Nachtschwärmer zu; mehr noch am Leicester Square. In jeder Station saß Adam wie auf Nadeln – offensichtlich hatte er den letzten Zug gerade noch erreicht. Er hoffte nur, daß Robin seine Anweisungen getreulich befolgte. Adam sah sich um. Die Bänke waren vollbesetzt mit Nachtmenschen – Kellnern, Krankenschwestern, Partyheimkehrern, Betrunkenen. Zwanzig Minuten vor ein Uhr fuhr der Zug endlich in der Station ein, wo Adam aussteigen wollte.
Der Schaffner gab Adam die benötigte Auskunft. Er war froh, seinen Zielort doch noch so rasch erreicht zu haben. Um diese Zeit war niemand mehr auf der Straße, den er um Auskunft hätte bitten können. Langsam ging er auf Nummer dreiundzwanzig zu. Nirgends im Haus brannte Licht. Er öffnete das Gartentor und schritt den Weg hinauf. Er zog den Schlüsselbund aus der Tasche und steckte den Chubb-Schlüssel ins Schloß. Vorsichtig drückte Adam die Tür auf und schloß sie geräuschlos hinter sich.
Kurz nach zwölf fuhr der letzte Zug aus Dover in Charing Cross Station ein. Da Adam nirgends zu sehen war, wies Lawrence seinen Chauffeur an,
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