Archer Jeffrey
kräftig gebauter, mindestens eins neunzig großer Begleiter den Wäschekorb mit einem Schwung liftete, als handelte es sich um eine Biskuittorte. Romanow zahlte das Taxi und folgte Herrn Bischoff zum Lift am anderen Ende des Vestibüls.
»Nach Ihrem Anruf haben wir gleich alles für Ihr Depot vorbereitet«, erklärte Herr Bischoff. »Zu seinem größten Bedauern kann mein Vater leider selbst nicht anwesend sein. Er hat eine vor langem getroffene Verabredung mit einem anderen Kunden und bittet Sie um Verständnis.« Romanow winkte beschwichtigend ab.
Der Aufzug fuhr direkt ins Kellergeschoß, wo der Wächter den großen Stahlkäfig aufschloß, sobald er den jungen Herrn Bischoff erblickte. Romanow ging ruhigen Schrittes mit den beiden Bankleuten den Korridor entlang; der Riese mit dem Korb folgte ihnen auf dem Fuße.
Einer der Teilhaber – Romanow erkannte ihn vom Vortag wieder – stand mit verschränkten Armen vor der Tür des Tresorraums. Herr Bischoff nickte, woraufhin sein Partner einen Schlüssel schweigend ins obere Schloß der Tresortüre steckte, Herr Bischoff das zweite Schloß aufsperrte und beide gemeinsam die schwere Tür aufdrückten. Sie gingen Romanow in den Tresorraum voraus und öffneten das äußere Schloß zu seinen fünf Safes. Der Träger stellte den Wäschekorb neben Romanow auf den Boden.
»Werden Sie Hilfe brauchen?« fragte Herr Bischoff und überreichte seinem russischen Kunden ein versiegeltes Kuvert.
»Nein, danke«, versicherte Romanow, entspannte sich jedoch erst, als sich die große Tür von außen schloß und seine vier Schweizer Helfer nicht mehr zu sehen waren.
Erst als er ganz sicher war, daß er wirklich allein gelassen war, schaute er auf den Safe, der, wie er wußte, leer war.
Er hatte ihn größer in Erinnerung gehabt. Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, während er ihn aufsperrte, den Behälter herauszog und den luftdichten Deckel abhob. Es würde knapp sein. Romanow schnallte den Wäschekorb auf und nahm bis auf die Leiche alles heraus. Er sah das verzerrte Gesicht; die tiefen Würgespuren am Hals hatten sich dunkelbraun verfärbt. Er beugte sich vor und hob Anna Petrowas Leiche an der Taille empor. Da sich außer den gebrochenen Beinen kein Körperteil bewegen ließ, mußte er die Leiche mit dem Kopf voran in den Behälter fallen lassen und ihre Gliedmaßen selbst dann noch zurechtrücken, um das Fach überhaupt wieder schließen zu können; wäre Anna auch nur zwei Zentimeter größer gewesen, hätte sich nichts machen lassen. Romanow stopfte die Habseligkeiten des Mädchens zwischen Körper und Wand; nur das mit Chanel besprühte Handtuch ließ er im Wäschekorb zurück.
Romanow setzte den Deckel wieder auf, schob den luftdicht abgeschlossenen Behälter an seinen Platz zurück, schloß ihn ein; zweimal überprüfte er, ob der Safe wirklich nicht ohne seinen persönlichen Schlüssel geöffnet werden konnte. Zu seiner Erleichterung ließ er sich nicht vom Fleck bewegen. Einen Moment blieb sein Blick auf dem anderen großen Safe ruhen, aber es schien ihm nicht der richtige Zeitpunkt, um sich an seinen Reichtümern zu berauschen; das mußte warten. Er warf den Deckel des Wäschekorbs zu und rollte den zugeschnallten Korb zum Eingang des Tresorraums, wo er auf den kleinen roten Knopf drückte.
»Sie haben hoffentlich alles in bester Ordnung vorgefunden?« erkundigte sich der junge Herr Bischoff, nachdem er die Tür zu den Safes im Tresorraum abgeschlossen hatte.
»Ja, vielen Dank«, sagte Romanow. »Wäre es Ihnen möglich, den Wäschekorb zum Hotel St. Gothard zurückzubringen?«
»Selbstverständlich.« Der Bankier gab dem hünenhaften Träger einen Wink.
»Und ich kann mich absolut darauf verlassen, daß die Safes in meiner Abwesenheit von niemand angerührt werden?« erkundigte sich Romanow im Korridor.
»Absolut, Eure Exzellenz«, bestätigte Herr Bischoff bereits fast gekränkt. »Wenn Sie wiederkommen, werden Sie alles genauso vorfinden, wie Sie es verlassen haben.«
Nun ja, nicht ganz, dachte Romanow.
Beim Verlassen des Lifts erspähte er im Erdgeschoß Herrn Bischoff senior mit einem anderen Kunden.
In einem eskortierten Rolls-Royce entschwand eben der Schah von Persien. Der Bankchef winkte ihm diskret nach.
Am Haupteingang des Bankhauses verneigte sich Herr Bischoff junior. »Wir würden uns freuen, Sie bei Ihrem nächsten Besuch in Zürich wieder bei uns begrüßen zu dürfen, Eure Exzellenz«, sagte er.
»Danke«, entgegnete Romanow, schüttelte dem jungen
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