Archer Jeffrey
vollständige Liste der Videos, die bis zum Beginn des nächsten Semesters ausgeliehen wurden.«
»Also hat die Fitzgerald offenbar gefolgert, daß es unbedenklich sein würde, ihr Video in einer leeren Schachtel aufzubewahren, die während der nächsten Wochen aller Wahrscheinlichkeit nach nicht geöffnet würde.«
»Richtig«, bestätigte Gutenburg.
»Und wie viele Videos sind bis Semesterbeginn ausgeliehen?«
»Vierhundertzweiundsiebzig.«
»Und Sie haben die Kassetten sofort allesamt angefordert.«
»Ich habe es zunächst in Erwägung gezogen, aber wenn irgendein neugieriger Student oder jemand von der Verwaltung auf dem Campus einen CIA-Agenten sieht, ist der Teufel los.«
»Das haben Sie gut überdacht«, lobte Dexter erstaunlicherweise schon wieder. »Also, wie wollen Sie vorgehen, um dieses Video zu finden?«
»Ich habe zwölf Agenten ausgewählt, die alle erst vor kurzem graduiert haben. Sie werden die Schachteln jedes einzelnen Titels auf der Liste überprüfen, bis sie auf eine volle Schachtel mit einem privaten Video stoßen. Das Problem ist nur, daß ich keinen dieser Agenten länger als zwanzig Minuten und öfter als zweimal am Tag in der Bibliothek herumstöbern lassen kann. Sie sind zwar wie Studenten gekleidet, würden aber auffallen, gerade so kurz vor Weihnachten, wenn alle anderen Wichtigeres zu tun haben, als laufend die Bibliothek aufzusuchen.«
»Was glauben Sie, wie lange es dauern wird, bis Sie das Video finden?«
»Mit ein bißchen Glück entdecken wir es vielleicht gleich zu Anfang der Suche. Aber ich rechne mit ein bis zwei Tagen, im schlimmsten Fall drei.«
»Vergessen Sie nicht, daß Sie sich in den nächsten – jetzt sind es wohl nur noch siebenundvierzig – Stunden mit Mrs. Fitzgerald in Verbindung setzen müssen.«
»Das habe ich nicht vergessen. Aber wenn wir das Video vorher finden, wird es nicht nötig sein.«
»Es sei denn, Mrs. Fitzgerald hat das Telefongespräch mit Ihnen ebenfalls mitgeschnitten.«
Gutenburg lächelte. »Das hat sie. Aber schon wenige Sekunden, nachdem sie den Hörer auflegte, war die Aufzeichnung gelöscht. Sie hätten Professor Zieglers Begeisterung sehen sollen, als er sein neuestes Spielzeug vorführen durfte.«
»Ausgezeichnet. Geben Sie mir Bescheid, sobald Sie das Video haben. Dann wird uns nichts mehr davon abhalten, die eine Person zu eliminieren, die noch…« Das rote Telefon auf Dexters Schreibtisch läutete, und sie griff nach dem Hörer, ohne den Satz zu beenden. »Direktorin«, meldete sie sich und drückte auf einen Knopf ihrer Stoppuhr. »Wann war das?… Sind Sie ganz sicher?… Und Jackson? Wo ist er?« Als sie die Antwort gehört hatte, legte sie sofort auf. Gutenburg sah, daß ihre Stoppuhr dreiundvierzig Sekunden anzeigte.
»Ich kann nur hoffen, daß Sie das Video auch wirklich innerhalb der nächsten siebenundvierzig Stunden finden.« Die Direktorin blickte ihren Stellvertreter über den Schreibtisch hinweg finster an.
»Wieso?« fragte Gutenburg mit besorgter Miene.
»Weil Mitchell gerade gemeldet hat, daß Fitzgerald heute um acht Uhr St. Petersburger Zeit hingerichtet wurde und daß Jackson soeben in Frankfurt einen Flug der United Airways nach Washington, D. C. genommen hat.«
DRITTES BUCH
Der Profikiller
24
»Flugsteig elf, Mr. Jackson. Sie können in zwanzig Minuten an Bord gehen.«
»Danke.« Connor nahm die Bordkarte und schlenderte zur Abflughalle. Er hoffte, der Beamte würde seinen Reisepaß nicht zu genau in Augenschein nehmen. Zwar hatten sie Jacksons Foto gegen seines ausgetauscht, doch Chris war drei Jahre älter als er, fünf Zentimeter kleiner und kahlköpfig. Falls man ihn aufforderte, seinen Hut abzunehmen, würde er erklären müssen, weshalb sein Schädel derart mit Narben übersät war. In Kalifornien würde man einfach annehmen, er gehöre irgendeiner obskuren Sekte an.
Er wies seinen Reisepaß mit der Rechten vor – hätte er die Linke benutzt, wäre sein Ärmel zurückgerutscht, und die aufsein Handgelenk tätowierte Nummer wäre zum Vorschein gekommen. Wenn er wieder in Amerika war, beschloß Connor, würde er sich ein breites Band für seine Armbanduhr kaufen.
Der Beamte warf nur einen flüchtigen Blick in den Paß, bevor er Connor durchwinkte. Der neu erstandene Koffer, der nichts we iter enthielt als einmal Wäsche zum Wechseln und einen Kulturbeutel, kam ohne jegliche Schwierigkeiten durch die Sicherheitskontrolle. Connor hob ihn auf und begab sich damit zu Flugsteig 11, wo er in der hinteren Ecke
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