Archer Jeffrey
General Hospital von Chicago das Licht der Welt. Noch ehe er alt genug war, die örtliche katholische Schule zu besuchen, war offensichtlich, daß er ein großartiger Football-Spieler werden würde. Connors Vater war begeistert, als sein Sohn es sogar zum Mannschaftskapitän an der Mount Carmel High School brachte. Trotzdem duldete seine Mutter nicht, daß Connor seine Hausaufgaben vernachlässigte, auch wenn dies bedeutete, daß er bis spät in die Nacht darübersaß. »Du kannst nicht den Rest deines Lebens Football spielen«, erinnerte sie ihn immer wieder.
Connors Erziehung durch einen Vater, der sich stets erhob, wenn eine Frau das Zimmer betrat, und eine Mutter, die beinahe einer Heiligen das Wasser reichen konnte, führte schließlich dazu, daß Connor trotz seiner sportlichen Leistungen in Anwesenheit des anderen Geschlechts schüchtern blieb. Mehrere Mädchen an der Mount Carmel High machten kein Hehl daraus, was sie für ihn empfanden, doch erst im letzten Schuljahr verlor Connor seine Unschuld an Nancy. Sie hatte ihn eines Nachmittags im Herbst, nach einem weiteren grandiosen Sieg über eine gegnerische Mannschaft, hinter die Tribüne gezerrt und verführt. Beinahe hätte Connor bei dieser Gelegenheit zum erstenmal im Leben eine nackte Frau gesehen, wäre es Nancy nicht zu umständlich gewesen, sich auszuziehen.
Etwa einen Monat später fragte ihn Nancy, ob er nicht Lust habe, es mit zwei Mädchen gleichzeitig zu treiben.
»Ich hatte noch keine zwei Madchen, geschweige denn zur selben Zeit«, entgegnete er. Von da an fand Nancy ihn uninteressant.
Als Connor ein Stipendium für die Universität Notre Dame in Indiana bekam, entzog er sich den zahlreichen Annäherungsversuchen, von denen keiner seiner Mannschaftskameraden verschont blieb. Im Gegensatz zu Connor kritzelten sie mit großer Begeisterung die Namen der Mädchen, die sie vernascht hatten, innen an die Tür ihrer Spinde. Brett Coleman, einer der Place-Kicker, hatte am Ende des ersten Semesters bereits siebzehn Namen aufzuweisen. Er zeigte Connor die Liste und erklärte, daß es jedesmal richtiger Sex gewesen sei und nicht nur Petting; hätte er das auch noch mitgerechnet, brauchte er drei Spindtüren. Am Ende des ersten Jahres war Nancy immer noch der einzige Name an Connors Tür. Eines Abends, nach dem Training, schaute er sich die Spinde seiner Mannschaftskameraden an und fand Nancys Namen an fast jeder Tür, hin und wieder verbunden mit dem eines zweiten Mädchens. Connors Mitspieler hätten sich seiner Zurückhaltung wegen zweifellos über ihn lustig gemacht, wäre er nicht der beste Erstsemester-Quarterback gewesen, den Notre Dame seit mehr als einem Jahrzehnt gehabt hatte.
Anfang seines zweiten Studienjahres änderte sich mit einem Schlag alles für Connor.
Als er zur wöchentlichen Versammlung des Irish Dance Club erschien, schlüpfte sie gerade in ihre Schuhe. Ihr Gesicht konnte er nicht sehen, aber das spielte keine Rolle, denn er vermochte den Blick nicht von diesen langen schlanken Beinen zu nehmen. Als Football-Star war er es gewöhnt, von Mädchen angehimmelt zu werden, aber für dieses eine Mädchen, auf das er so gern Eindruck gemacht hätte, schien er Luft zu sein. Und es kam noch schlimmer. Connor mußte feststellen, daß der Tanzpartner des Mädchens Declan O’Casey war, der beste Tänzer weit und breit. Beide hielten den Rücken vollkommen gerade, und ihre Füße bewegten sich mit einer Anmut, wie Connor – davon war er überzeugt – sie nie zustande bringen würde.
Der Tanz endete, ohne daß Connor den Namen des Madchens erfahren hatte. Schlimmer noch, sie und Declan waren gegangen, ehe er eine Möglichkeit gefunden hatte, sich dem Mädchen vorstellen zu lassen. In seiner Verzweiflung beschloß er, den beiden zu den Women’s Dorms, dem Studentinnenwohnheim, zu folgen. Er blieb ungefähr fünfzig Meter hinter ihnen und hielt sich in den Schatten verborgen, genau wie sein Vater es ihn gelehrt hatte. Er verzog das Gesicht, weil die beiden sich an der Hand hielten und vergnügt plauderten. Als sie Le Mans Hall erreichten, hauchte das Mädchen Declan einen Kuß auf die Wange und verschwand im Haus. Warum, fragte sich Connor, habe ich mich nicht eingehender mit Tanzen und dafür weniger mit Football beschäftigt?
Kaum hatte Declan sich in Richtung der Men’s Dorms entfernt, schlenderte Connor auf dem Bürgersteig vor dem Studentinnenheim auf und ab, unter den Fenstern des Schlafsaals, und überlegte, ob es nicht irgend etwas
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