Archer Jeffrey
Zollbeamten sich nicht für einen holzgeschnitzten südafrikanischen Springbock interessieren, der unverkennbar mit »Made in RSA« gekennzeichnet war.
Kaum hatte er die Ankunftshalle betreten, entdeckte er sofort seine Frau und seine Tochter in der wartenden Menge. Er schritt schneller aus und lächelte jene Frau an, die er abgöttisch liebte. Wieso hatte sie ihm je einen zweiten Blick gegönnt, ja, sich sogar einverstanden erklärt, ihn zu heiraten? Sein Lächeln wurde noch strahlender, als er sie in die Arme nahm.
»Wie geht es dir, mein Liebling?« erkundigte er sich. »Ich werde immer erst ein ganzer Mensch, wenn du sicher von einem Auftrag zurück bist«, wisperte sie. Connor versuchte das Wort »sicher« zu ignorieren, als Maggie sich von ihm löste und Connor sich der anderen Frau in seinem Leben zuwandte. Sie war eine etwas größere Version des Originals, besaß die gleichen langen roten Haare und die blitzenden grünen Augen, aber ein etwas ausgeglicheneres Temperament. Connors einziges Kind druckte ihm einen stürmischen Kuß auf die Wange, daß er sich um Jahre jünger fühlte.
Bei Taras Taufe hatte Father Graham zum Allmächtigen gebetet, dem Kind die Schönheit Maggies zu schenken und die Intelligenz
– Maggies. Als Tara groß geworden war, bewiesen ihre Noten an der High School und die Art und Weise, wie junge Männer sich den Kopf nach ihr verrenkten, daß Father Graham nicht nur ein Priester war, sondern obendrein ein Prophet. Connor hatte es bald aufgegeben, gegen den Strom von Verehrern anzukämpfen, die an die Tür ihres kleinen Hauses in Georgetown klopften, oder sich noch die Mühe zu machen, den Hörer des Telefons abzunehmen: Der Anrufer war fast immer ein schüchterner junger Mann, der hoffte, Tara auf diese Weise zu einem Rendezvous überreden zu können.
»Wie war Südafrika?« erkundigte sich Maggie, während sie sich im Arm ihres Mannes einhakte.
»Seit Mandelas Tod ist die Lage dort noch prekärer geworden.« Connor hatte sich bei ihrem langen Lunch von Carl Koeter ausführlich über Südafrikas Probleme informieren lassen; außerdem hatte er auf dem Flug nach Sydney den Stoß Zeitungen von einer ganzen Woche gelesen, die Carl ihm besorgt hatte. »Die Verbrechensrate ist in den meisten größeren Städten so hoch, daß es gar nicht mehr geahndet wird, wenn man die Ampel bei Rot überfährt. Mbeki tut sein Bestes, aber ich fürchte, ich werde empfehlen müssen, daß die Firma ihre finanziellen Interessen in diesem Teil der Welt drastisch reduziert – wenigstens so lange, bis wir davon ausgehen können, daß die bewaffneten Unruhen unter Kontrolle sind.«
»›Alles fällt auseinander, das Zentrum hält nicht Stand, Anarchie befällt die Welt‹«, zitierte Maggie.
»Ich glaube nicht, daß Yeats je in Südafrika war«, entgegnete Connor.
Wie oft er hatte Maggie die ganze Wahrheit gestehen wollen! Wie oft hatte er ihr erklären wollen, weshalb er so viele Jahre ein erlogenes Leben hatte führen müssen! Aber so einfach war das nicht. Maggie war zwar die Herrin seines Herzens, aber die anderen waren seine Herrscher – sie befahlen, und er gehorchte. So schwer es Connor manchmal auch fiel, stets hatte er den Kodex des völligen Schweigens eingehalten. Im Lauf der Jahre hatte er sich einzureden versucht, daß es besser für Maggie sei, nicht die ganze Wahrheit zu kennen. Doch wenn sie, ohne zu überlegen, Worte benutzte wie »Auftrag« und »sicher«, ahnte Connor, daß sie mehr wußte, als sie zugab. Redete er im Schlaf? Na ja, bald würde er sie sowieso nicht mehr täuschen müssen. Maggie wußte es noch nicht, doch Bogota war Connors letzte Mission gewesen. Während des Urlaubs würde er Andeutungen über eine mögliche Beförderung machen, die ihm einen ruhigeren und auch besser bezahlten Job einbrachte, der keine ständigen Reisen mehr erforderte.
»Und die Geschäfte?« fragte Maggie. »Hattest du Erfolg?«
»O ja. Alles ist mehr oder weniger nach Plan verlaufen«, antwortete Connor. Damit kam er der Wahrheit so nahe, wie er es Maggie gegenüber verantworten konnte.
Connor dachte daran, sich die nächsten zwei Wochen in der Sonne zu aalen. Als sie an einem Zeitungsstand vorüberkamen, fiel ihm die kleine Überschrift einer Spalte rechts auf der Titelseite des Sydney Morning Herald auf.
AMERIKANISCHER VIZEPRÄSIDENT NIMMT AN BEISETZUNG IN KOLUMBIEN TEIL
Als sie aus der Ankunftshalle hinaus in die warme Sommerluft traten, ließ Maggie den Arm ihres Mannes los.
»Wo warst du, als
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