Archer Jeffrey
stockte.
»Ich weiß«, entgegnete Tara schluchzend. »Sobald ich wieder in Stanford bin, werde ich mich erkundigen, ob ich meine Dissertation an der Universität von Sydney abschließen darf.« Connor sah, daß seine Frau sich am Flugsteig mit einer Stewardeß unterhielt.
»Hat sie solche Angst vor dem Fliegen?« flüsterte die Flugbegleiterin Maggie zu, als sie die schluchzende junge Frau erblickte.
»Nein. Sie mußte nur etwas zurücklassen, das sie nicht durch den Zoll bringen durfte.«
Maggie schlief fast die gesamten vierzehn Stunden des Fluges von Sydney nach Los Angeles. Tara fragte sich jedesmal, wie ihre Mutter das fertigbrachte. Sie selbst schaffte es höchstens, ein bißchen zu dösen, trotz aller Pillen. Sie umklammerte die Hand ihres Vaters. Er lächelte, sagte jedoch nichts.
Tara erwiderte sein Lächeln Solange sie sich erinnern konnte, war er der Mittelpunkt ihrer Welt. Sie hatte sich nie Gedanken gemacht, daß sie einen Mann finden würde, der ihrem Vater den Platz in ihrem Herzen streitig machen könnte, vor allem da ihr Dad sich möglicherweise nicht damit abgefunden hätte. Und jetzt, da Tara diesen Mann gefunden hatte, war sie unendlich erleichtert, wie gut ihr Vater es aufnahm. Wenn überhaupt, erwies ihre Mutter sich nun als das Problem.
Tara wußte, wäre es nach ihrer Mutter gegangen, wäre sie immer noch Jungfrau und würde wahrscheinlich noch zu Hause wohnen. Erst in der elften Klasse hatte sie erfahren, daß man vom Kuß eines Jungen nicht schwanger wurde, nachdem eine Klassenkameradin ihr ein arg zerfleddertes Exemplar von Mehr Freude am Sex geliehen hatte. Jede Nacht hatte Tara sich mit diesem aufregenden Buch und einer Taschenlampe unter die Bettdecke gekuschelt.
Doch erst nach ihrem Abschluß in Stone Ridge verlor Tara ihre Jungfräulichkeit – und wenn ihre Klassenkameradinnen nicht gelogen hatten, war sie damit die letzte von ihnen. Tara hatte damals mit ihren Eltern eine seit langem geplante Reise zum Geburtsort ihres Urgroßvaters gemacht. Kaum waren sie in Dublin gelandet, als Tara sich auch schon in Irland und seine Menschen verliebte. Am ersten Abend beim Dinner im Hotel sagte sie zu ihrem Vater, sie könne nicht verstehen, weshalb so viele Iren in ihrer Heimat nicht glücklich seien und auswanderten.
Der junge Kellner, der die Fitzgeralds bediente, blickte zu Tara hinunter und zitierte:
»›Zufrieden zu sein ist noch keinem Iren geglückt. Glaubst du das nicht, so bist du verrückt. Ein Ire ist erst dann zufrieden, wenn jeder mit dem Schwert kämpft – und mit der Feder. ‹«
»Walter Savage Landor«, sagte Maggie. »Aber kennen Sie auch die nächste Zeile?«
Der Kellner verbeugte sich.
»›Und als Tara hold erblühte…‹«
Tara errötete, und Connor lachte laut. Der Kellner blickte verwirrt drein.
»Es ist mein Name«, erklärte Tara.
Wieder verbeugte sich der Kellner, bevor er das Geschirr abräumte. Wahrend der Vater bezahlte und die Mutter ihren Mantel holte, fragte der Kellner Tara, ob sie Lust hätte, mit ihm auf einen Drink ins Gallagher zu gehen, wenn er Feierabend hatte. Tara sagte erfreut zu.
Die nächsten zwei Stunden schaute sie sich in ihrem Zimmer einen alten Film an. Kurz nach Mitternacht schlich sie die Treppe hinunter. Das Pub, das Liam vorgeschlagen hatte, befand sich nur knapp hundert Meter entfernt in derselben Straße. Liam wartete an der Theke auf sie und vergeudete keine Zeit, sie mit dem Genuß von Guinness vertraut zu machen. Es wunderte Tara nicht, als sie erfuhr, daß Liam den Job als Kellner während der Semesterferien vor seinem letzten Jahr am Trinity College angenommen hatte, wo er Literatur studierte, vornehmlich irische Dichter. Liam dagegen war überrascht, wie gut sie Yeats, Joyce, Wilde und Synge zitieren konnte.
Als er Tara zwei Stunden später zu ihrem Zimmer zurückbegleitete, küßte er sie sanft auf die Lippen und fragte: »Wie lange bleibst du in Dublin?«
»Noch zwei Tage.«
»Dann sollten wir keine Sekunde vergeuden.«
Nach drei Nächten, in denen Tara kaum zum Schlafen gekommen war, ging die Reise weiter nach Kilkenny, Oscars Geburtsort. Tara fühlte sich nun durchaus qualifiziert, Mehr Freude am Sex eine oder auch mehrere Fußnoten hinzuzufügen.
Als Liam ihr Gepäck zum Mietwagen trug, gab Connor ihm ein reichliches Trinkgeld und flüsterte: »Danke.« Tara errötete.
Während ihres zweiten Jahres in Stanford hatte Tara eine Affäre mit einem Medizinstudenten. Doch erst als er ihr einen Heiratsantrag
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