Archer Jeffrey
konnte. Dem jungen Russen war bereits klar, daß jetzt nicht die richtige Zeit war, Fragen zu stellen. Das Wort »Mafya« war auf den Lippen eines jeden, an dem sie vorüberkamen. Sergej atmete erleichtert auf, als Jackson ein Taxi anhielt.
Widerwillig bewunderte Jackson, wie gut Mitchell – zweifellos von Dexter und Gutenburg geführt – die ganze Operation organisiert hatte. Sie war ein typischer CIA-Schachzug, nur mit einem Unterschied: Diesmal war es einer der ihren, den sie in einem ausländischen Gefängnis verrotten lassen wollten.
Jackson versuchte nicht daran zu denken, was sie Connor antun würden. Statt dessen konzentrierte er sich auf den Bericht, den er umgehend Andy Lloyd erstatten wollte. Wenn es ihm vergangene Nacht gelungen wäre, den Stabschef zu erreichen, hätte er vielleicht grünes Licht bekommen, Connor von seinem Auftrag abzuziehen. Sein Handy funktionierte immer noch nicht; deshalb würde er wohl oder übel das Risiko eingehen müssen, den Apparat in seinem Hotelzimmer zu benutzen. Nach neunundzwanzig Jahren hatte er endlich die Chance bekommen, sich zu revanchieren. Und er hatte es verpatzt!
Das Taxi hielt vor Jacksons Hotel. Er bezahlte den Fahrer und rannte ins Gebäude, wartete gar nicht erst auf den Fahrstuhl, sondern stürmte die Treppe hinauf zum ersten Stock und über den Korridor zu Zimmer 132. Sergej hatte Jackson gerade erst eingeholt, als dieser die Tür bereits aufgeschlossen und geöffnet hatte.
Der junge Russe setzte sich in einer Zimmerecke auf den Boden und lauschte dem Gespräch, das er nur zur Hälfte verstand. Jackson sprach mit jemandem, den er Lloyd nannte. Als er schließlich den Hörer auflegte, war Jackson kreidebleich und zitterte vor Wut.
Seit sie den Platz der Freiheit verlassen hatten, öffnete Sergej zum erstenmal den Mund: »Vielleicht ist Zeit, daß ich anrufen ein Kunde von mein Mutter.«
»Gut gemacht«, lobte Dexter, als Gutenburg ihr Büro betrat. Der Stellvertretende Direktor setzte sich lächelnd seiner Chefin gegenüber und legte einen Ordner auf ihren Schreibtisch.
»Ich habe mir gerade die Kurznachrichten von ABC und CBS
angeschaut«, sagte Dexter. »Sie unterscheiden sich nicht von Symonds’ Version des Vorfalls auf dem Platz der Freiheit. Haben Sie eine Ahnung, ob die Presse die Story morgen groß herausbringen wird?«
»Nein. Die Medien verlieren jetzt schon das Interesse. Schließlich ist ja kaum etwas geschehen. Es wurde kein Schuß abgefeuert, es kam nicht mal zu einer Schlägerei, und der Verdächtige erwies sich als unbewaffnet. Und niemand hat auch nur angedeutet, daß der Verhaftete ein Amerikaner sein könnte. Morgen um diese Zeit wird die Story allenfalls noch für die Titelseiten russischer Zeitungen interessant sein.«
»Wie reagieren wir auf allzu neugierige Fragen der Presse?« »Wir sagen, daß es ein internes Problem der Russen ist und daß angeheuerte Killer in St. Petersburg billiger kommen als eine funktionierende Uhr. Ich werde den Pressevertretern erklären, daß sie lediglich den Artikel in Time zu lesen brauchen, der vergangenen Monat über den russischen Paten erschienen ist, um die Probleme der Russen zu verstehen. Wenn sie mich weiter bedrängen, gebe ich ihnen einen Hinweis auf Kolumbien. Und falls sie dann immer noch nicht aufgeben, verweise ich sie auf Südafrika. Das verschafft ihnen mehrere Spalten, mit denen sie ihre hungrigen Herausgeber füttern können.«
»Haben irgendwelche Sender Fitzgerald nach seiner Verhaftung gezeigt?«
»Nur seinen Hinterkopf, und selbst der verschwand fast zwischen Polizisten. Hätten die Fernsehleute mehr vorzuweisen, würden sie es längst immer wieder zeigen.«
»Besteht die Möglichkeit, daß man ihn der Öffentlichkeit präsentiert? Daß er eine Aussage macht, die uns kompromittieren könnte und der die Presse möglicherweise nachgeht?«
»In dieser Richtung dürfte nichts zu befürchten sein. Sollte es je zu einem Prozeß kommen, werden die Russen die ausländische Presse bestimmt nicht zulassen. Und falls Zerimskij die Wahl gewinnt, wird Fitzgerald nie mehr einen Fuß aus dem Kruzifixgefängnis setzen.«
»Haben Sie schon einen Bericht für Lawrence vorbereitet?« fragte Dexter. »Sie können Gift darauf nehmen, daß er zwei und zwei zusammenzählen und sechs daraus machen wird.«
Gutenburg beugte sich vor und tippte auf den Ordner, den er auf den Schreibtisch der Direktorin gelegt hatte.
Sie schlug ihn auf und las. Kein Hauch von Gefühl zeigte sich auf ihren Zügen,
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