Archer Jeffrey
Schritt zurück, und plötzlich brandete Jubel von
hunderttausend Stimmen auf, der die Polizeisirenen übertönte. Jackson blickte zur Pressetribüne. Die Journalisten interessierten
sich sichtlich mehr für den davonrasenden Streifenwagen als für
Zerimskijs schon sattsam bekannte Worte.
»Mafya-Killer«, informierte die türkische Journalistin einen Kollegen – eine »Tatsache«, die sie von jemandem aus der Menge
aufgeschnappt hatte, den sie später als »zuverlässige Quelle« zitieren würde.
Mitchell blickte zu der Reihe von Fernsehkameramännern hinauf, die den mit Blaulicht verschwindenden Streifenwagen filmten.
Sein Blick blieb auf dem einen Mann haften, mit dem er sich nun unterhalten mußte. Geduldig wartete er, bis Clifford Symonds in seine Richtung schaute; dann winkte er mit beiden Armen, um ihm zu verstehen zu geben, daß er dringend mit ihm sprechen müsse. Der CNN-Berichterstatter bahnte sich rasch einen Weg durch die
jubelnde Menge zu dem amerikanischen Kulturattache. Zerimskij blieb auf der Bühne stehen und genoß den Beifallssturm. Er hatte nicht die Absicht, seinen Abgang zu machen, solange die Menge ihm so begeistert huldigte.
Symonds hörte sich aufmerksam an, was Mitchell ihm sagte.
Seine Live-Übertragung war in zwölf Minuten fällig. Von Sekunde
zu Sekunde wurde sein Lächeln breiter.
»Sind Sie absolut sicher?« fragte er, als Mitchell geendet hatte. »Habe ich Ihnen je einen Bären aufgebunden?« Mitchell bemühte sich um einen gekränkten Tonfall.
»Nein«, entschuldigte sich Symonds verlegen. »Nie.« »Aber diese Information darf auf gar keinen Fall mit der Botschaft in Verbindung gebracht werden.«
»Das ist doch selbstverständlich. Nur, wen soll ich als meine
Quelle nennen?«
»Die findigen und gewissenhaften Polizeikräfte. Das wird der
Polizeichef bestimmt nicht in Abrede stellen.«
Symonds lachte. »Ich sehe besser zu, daß ich mich mit meinem
Produktionsleiter in Verbindung setze, wenn ich das als Aufmacher für die Vormittagsnachrichten verwenden will.«
»Okay.« Mitchell nickte. »Nur achten Sie darauf, daß es auf gar
keinen Fall zu mir zurückverfolgt werden kann.«
»Habe ich Sie jemals in Verlegenheit gebracht?« entgegnete
Symonds, der sich nun seinerseits um einen gekränkten Tonfall
bemühte. Er machte kehrt und stürmte zur Pressetribüne zurück. Mitchell eilte in die entgegengesetzte Richtung. Es gab noch ein
empfängliches Ohr, dem er die Story eintrichtern mußte, bevor
Zerimskij die Bühne verließ.
Eine Reihe von Leibwächtern verhinderte, daß allzu enthusiastische Anhänger zu nahe an den Kandidaten herankamen. Mitchell sah, daß Zerimskijs Pressesprecher sich nur wenige Meter entfernt
in dem tosenden Beifall sonnte, der seinem Chef galt.
Mitchell erklärte einem der Leibwächter in perfektem Russisch,
mit wem er sprechen wollte. Der Bursche drehte sich um und
brüllte dem Pressesprecher etwas zu. Falls Zerimskij gewählt wird,
ging es Mitchell durch den Kopf, wird es in Rußland eine Regierung geben, die sich nicht gerade subtiler Methoden bedient. Der
Pressesprecher erteilte umgehend die Anweisung, den Amerikaner
durchzulassen, und Mitchell begab sich rasch zu einem weiteren
seiner Schachpartner. Er setzte ihn sofort ins Bild und erklärte
ihm, daß de Villiers als alter Mann verkleidet gewesen war und
aus welchem Hotel man ihn hatte kommen sehen, bevor er das
Restaurant betrat.
Bei Tagesende war sowohl Fitzgerald als auch Jackson klargeworden, daß sie beide es mit keinem Anfänger zu tun gehabt hatten, sondern mit einem sehr cleveren Profi.
17
Der Präsident und sein Stabschef saßen allein im Oval Office und schauten sich die Frühnachrichten an. Beide schwiegen, während Clifford Symonds das Neueste aus Rußland berichtete.
»Ein internationaler Terrorist wurde heute nachmittag am Platz der Freiheit wahrend einer Rede des Kommunistenführers Viktor Zerimskij festgenommen. Der Mann, dessen Name noch nicht bekannt ist, wird vorläufig im berüchtigten Kruzifixgefängnis in St. Petersburg in Haft gehalten. Die zuständige Kriminalpolizei schließt die Möglichkeit nicht aus, daß es sich bei dem Verhafteten um denselben Mann handelt, der vor kurzem mit dem Anschlag auf Ricardo Guzman, einem Präsidentschaftskandidaten in Kolumbien, in Verbindung gebracht wurde. Man geht davon aus, daß der Verhaftete dem russischen Präsidentschaftskandidaten mehrere Tage lang gefolgt ist, als dieser im Rahmen seines Wahlkampfs durchs Land reiste. Erst vergangene Woche
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