Archer Jeffrey
ließen die tiefen Stirnfalten und der sich lichtende Haaransatz ihn älter aussehen. Sein Anzug war gut geschneidert, doch ein wenig aus der Mode, und sein zwar sauberes und gut gebügeltes Hemd war am Kragen und an den Manschetten beinahe durchgescheuert. Armstrong vermutete, daß Kirby sich als Freiberufler durchs Leben schlug, seit er den Express verlassen hatte, und daß ihm sein Spesenkonto fehlte. Welche Informationen Kirby auch zu verkaufen hatte – Dick könnte ihm wahrscheinlich die Hälfte bieten und nur ein Viertel bezahlen und trotzdem ins Geschäft kommen.
»Guten Morgen, Mr. Armstrong«, grüßte Kirby, ehe er sich setzte.
»Tut mir leid, daß ich Sie warten lassen mußte«, sagte Armstrong, »aber ich mußte eine unerwartete, dringende Sache erledigen.«
»Ich verstehe«, entgegnete Kirby.
»Tja, was kann ich für Sie tun?«
»Es geht darum, was ich für Sie tun kann«, erwiderte Kirby.
In Armstrongs Ohren klang das ziemlich einstudiert. Er nickte. »Ich höre.«
»Ich habe eine vertrauliche Information, die Ihnen den Kauf einer überregionalen Zeitung ermöglichen könnte.«
»Der Express kann es nicht sein«, überlegte Armstrong laut und blickte durchs Fenster, »denn solange Beaverbrooke lebt…«
»Nein, die Zeitung ist wesentlich bedeutender als der Express.«
Armstrong schwieg kurz; dann fragte er: »Darf ich Ihnen Kaffee anbieten, Mr. Kirby?«
»Tee wäre mir lieber.«
Armstrong hob den Hörer von einem der Telefone auf seinem Schreibtisch. »Sind Sie so nett und bringen uns Tee, Sally?« Diese Frage gehörte zu den geheimen Zeichen zwischen den beiden und besagte, daß es sich um ein längeres Gespräch handelte, und daß Dick nicht gestört werden wollte.
»Sie waren Chefredakteur beim Express, wenn ich mich recht entsinne«, sagte Armstrong.
»Ja, einer von sieben in den letzten acht Jahren.«
»Ich konnte nie verstehen, weshalb man Ihnen den Stuhl vor die Tür gesetzt hat.«
Sally kam mit einem Tablett ins Zimmer. Eine Tasse Tee stellte sie vor Kirby hin, eine vor Armstrong.
»Ihr Nachfolger war ein Schwachkopf. Bei Ihnen hat man den Fehler gemacht, daß man Ihnen nicht genug Zeit gab, sich zu bewähren.«
Ein flüchtiges Lächeln huschte über Kirbys Gesicht, als er Milch in seinen Tee goß, zwei Würfel Zucker dazugab und sich im Stuhl zurücklehnte. Er hielt den Augenblick nicht für geeignet, Armstrong darauf aufmerksam zu machen, daß er diesen »Schwachkopf« vor kurzem als Redakteur eingestellt hatte.
»Nun, wenn es nicht der Express ist, um welche Zeitung handelt es sich dann?«
»Ehe ich mehr darüber verlauten lasse, muß ich mir erst Gewißheit über meine persönliche Situation verschaffen«, entgegnete Kirby.
»Ich fürchte, ich verstehe nicht.« Armstrong stützte den Ellbogen auf die Schreibtischplatte und blickte Kirby an.
»Nach meinen Erfahrungen beim Express möchte ich mich absichern.«
Armstrong schwieg. Kirby öffnete seine Aktentasche und nahm ein Dokument heraus. »Meine Anwälte haben diesen Vertrag entworfen, um…«
»Sagen Sie mir einfach, was Sie möchten, Derek. Ich bin dafür bekannt, meine Versprechen einzuhalten.«
»Dieser Vertrag besagt, daß Sie mich zum Chefredakteur machen, falls Sie die in Frage kommende Zeitung übernehmen. Anderenfalls zahlen Sie mir eine Abfindung von hunderttausend Pfund.« Er reichte Armstrong den Vertrag.
Dick las das einseitig beschriebene Blatt rasch durch. Nachdem er festgestellt hatte, daß von einem Gehalt nicht die Rede war, nur von einer Anstellung als Chefredakteur, unterschrieb er den Vertrag. Er ging kein Risiko ein: Einmal war er einen Mitarbeiter in Bradford losgeworden, indem er sich einverstanden erklärt hatte, ihn zum Chefredakteur zu machen; dann hatte er dem Mann ein Jahresgehalt von einem Pfund gezahlt. Er wollte Kirby schon darauf aufmerksam machen, daß zweitklassige Anwälte für gewöhnlich auch nur zweitklassige Ergebnisse zustande brachten, gab sich jedoch damit zufrieden, den unterschriebenen Vertrag über den Schreibtisch zu schieben.
»Danke«, murmelte Kirby und wirkte ein wenig zuversichtlicher.
»Tja, bei welcher Zeitung möchten Sie denn nun gern Chefredakteur werden?«
»Beim Globe.«
Das war die zweite Überraschung, die Armstrong an diesem Vormittag erlebte. The Globe war eines der Aushängeschilder der Fleet Street. Armstrong hatte nicht die leiseste Ahnung gehabt, daß diese Zeitung zum Verkauf stand.
»Aber die Anteile sind allesamt im Besitz einer Familie«, sagte er.
»Das stimmt«,
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