Archer Jeffrey
sämtliche Banken und Geldinstitute zu besuchen, die über das Schicksal der Global Corporation entscheiden würden. Keith wußte, daß E. B. umgehend nach New York zurückkehren und seine Ordner in den dreizehnten Stock hinunterschicken würde, falls auch nur eine einzige Verhandlung fehlschlug. Das einzige Zugeständnis, auf das E. B. sich eingelassen hatte, bestand darin, Keith eine Stunde vorher zu benachrichtigen, bevor sie die Mitteilung an die Presse gab.
»Wenn Sie in Honolulu sind, werden Sie wenigstens nicht von der Weltpresse belagert«, hatte sie kurz vor ihrem Abflug nach Europa gesagt.
Townsend hatte sie schief angelächelt. »Wenn Sie die Mitteilung an die Presse geben, wird es keine Rolle spielen, wo ich bin. Die Zeitungsleute werden mich finden.«
Townsends Gulfstream landete bei Sonnenuntergang in Honolulu. Er wurde am Flughafen abgeholt und zum Hotel gebracht. Am Empfang wurde ihm eine Nachricht überreicht. »Alle drei Banken in London haben sich mit dem Sanierungsplan einverstanden erklärt. Fliege jetzt nach Paris. E. B.«
Townsend packte seine Reisetasche aus, nahm eine Dusche und gesellte sich zum Abendessen zu seinen Direktoren, die aus aller Welt zu einem Treffen angereist waren, das ursprünglich als Gedankenaustausch über die Weiterentwicklung des Unternehmens in den nächsten zehn Jahren geplant war. Jetzt sah es ganz so aus, als könnte es dazu kommen, daß die Direktoren über den Bankrott in den nächsten zehn Tagen sprechen müßten.
Jeder am Tisch tat sein Bestes, eine unbeschwerte Miene aufzusetzen, obwohl die meisten während der vergangenen Wochen zu E. B. zitiert worden waren. Und nachdem Mrs. Beresford die Herren entlassen hatte, gaben sie sofort jegliche Hoffnung auf eine Erweiterung des Unternehmens auf. Während dieses Kreuzverhörs war nur ein einziges optimistisches Wort über E. B.s Lippen gekommen: »Fusion«. Sie hatte den Verwaltungschef der Gesellschaft und den Finanzleiter des Konzerns gebeten, einen provisorischen Plan für die Aussetzung der Konzernaktien und einen Antrag auf Vergleich auszuarbeiten. Es fiel den Herrn ungemein schwer, gleichmütig zu tun.
Nach dem Abendessen begab Townsend sich sofort zu Bett und verbrachte eine weitere schlaflose Nacht, für die er nicht dem Jetlag die Schuld geben konnte. Er hörte, wie um drei Uhr morgens eine Nachricht unter der Tür hindurchgeschoben wurde. Sofort sprang er aus dem Bett und riß nervös den Umschlag auf. »Die Franzosen haben sich einverstanden erklärt, wenn auch nach langem Zögern. Fliege jetzt nach Frankfurt. E. B.«
Um sieben Uhr kam Bruce Kelly zum gemeinsamen Frühstück. Bruce war vor kurzem nach London zurückgekehrt, um geschäftsführender Direktor und Vorsitzender des Vorstandsgremiums von Global TV zu werden. Er begann sofort, Townsend sein Leid zu klagen, daß sein größtes Problem darin bestehe, die skeptischen Briten dazu zu bringen, die hunderttausend Satellitenschüsseln zu kaufen, die derzeit in einem Lagerhaus in Watford darauf warteten, vom Einzelhandel bestellt zu werden. Seine neueste Idee war, die Schüsseln an die Globe -Leser zu verschenken. Townsend nickte nur, während er seinen Tee trank. Keiner der beiden erwähnte das eine Thema, das ihnen auf der Seele brannte.
Nach dem Frühstück begaben sie sich gemeinsam zum Restaurant hinunter, und Townsend ging von Tisch zu Tisch und plauderte mit seinen Verwaltungsleitern aus aller Herren Länder. Als er seine Runde gemacht hatte, war er zu der Ansicht gelangt, daß die Herrn entweder sehr gute Schauspieler waren oder keine Ahnung hatten, wie prekär die Lage wirklich war. Er hoffte, daß letzteres der Fall sein möge.
Den Einführungsvortrag übernahm Henry Kissinger. Er sprach über Kommunikationstechnologien und die Macht der neuen Medien. Townsend saß in der vordersten Reihe. Er wünschte sich, sein Vater würde noch leben und hier sein, um hören zu können, wie der ehemalige US-Außenminister über Möglichkeiten redete, die noch vor zehn Jahren unvorstellbar gewesen wären. Jetzt aber begann die Zukunft, in der die Global eine entscheidende Rolle spielen sollte. Townsends Gedanken schweiften zu seiner Mutter, die inzwischen über neunzig war, und er dachte an ihre Worte, als er vor vierzig Jahren zum erstenmal aus England heim nach Australien gekommen war. »Für mich sind Schulden, gleich welcher Art, immer schon unerträglich gewesen.« Sogar an ihren Tonfall konnte Keith sich noch erinnern.
Im Laufe des Tages ließ er
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