Archer Jeffrey
Douski war er sehr weit gekommen, und wie er so am Kamin in der Bequemlichkeit der Offiziersmesse des King’s Own Regiment saß, sah er keinen Grund, weshalb er es nicht noch viel weiter bringen sollte.
Jeder Offizier des King’s Own wußte bald von Lieutenant Armstrongs Heldentaten in Frankreich, und je näher das Regiment deutschem Territorium kam, desto mehr konnte Armstrong auch die skeptischsten Kameraden davon überzeugen, daß er nicht nur geprahlt hatte. Doch selbst sein eigener Trupp war von dem Mut schier überwältigt, den der Lieutenant bereits drei Wochen, nachdem er zum Regiment gekommen war, in den Ardennen bewies. Der Stoßtrupp unter Armstrongs Kommando drang vorsichtig in ein kleines Städtchen ein – in der Annahme, die Deutschen hätten sich bereits zur Befestigung ihrer Stellung in die umliegenden Berge zurückgezogen. Doch Armstrongs Zug war nur etwa hundert Meter weit die Hauptstraße vorgestoßen, als er mit Sperrfeuer eingedeckt wurde. Lieutenant Armstrong, nur mit einem Revolver und einer Handgranate bewaffnet, orientierte sich am Mündungsfeuer der Deutschen und stürmte »unter Einsatz seines Lebens«, wie später im Bericht zu lesen stand, auf die deutschen Schützengräben los.
Er hatte bereits die drei deutschen Soldaten im ersten Schützengraben kampfunfähig gemacht, ehe sein Sergeant zu ihm aufschließen konnte. Darauf ging Armstrong allein auf den zweiten Schützengraben los, aus dem heftig auf ihn geschossen wurde, so daß er keine Wahl hatte, als seine Handgranate hineinzuwerfen. Die Wirkung war verheerend. Nun erhoben sich provisorische weiße Fahnen aus dem dritten Schützengraben, und drei junge Soldaten kletterten heraus. Sie hielten die Hände erhoben. Einer machte einen Schritt nach vorn und lächelte. Armstrong blieb stehen und senkte die Waffe. Wenn sie sich ergaben, stellten sie keine Gefahr mehr dar. Sollten doch die Offiziere im Hauptquartier entscheiden, wie man mit den Kriegsgefangenen verfuhr.
Der Sergeant kam atemlos an Armstrongs Seite gerannt. Der junge Lieutenant fuhr zu ihm herum und machte kehrt. In seinem Lächeln war eine Spur von Verzweiflung zu erkennen. »Der Krieg ist eine schreckliche Sache«, sagte Armstrong. »Man braucht ihn nicht noch schrecklicher zu machen.«
»Stimmt, Sir«, entgegnete der Sergeant leise.
Nachdem sie in jener Nacht ihr Lager aufgeschlagen hatten, requirierte Armstrong ein deutsches Motorrad und raste mit einem Urlaubsschein für achtundvierzig Stunden nach Paris zurück. Um sieben Uhr am nächsten Morgen stand er vor dem Haus, in dem Charlotte wohnte.
Als die Concierge Charlotte informierte, daß ein Lieutenant Armstrong zu ihr wolle, erwiderte Charlotte, sie kenne niemanden mit diesem Namen. Sie vermutete, daß es sich um irgendeinen Offizier handelte, der sich von ihr die Stadt zeigen lassen wollte. Doch als sie sah, um wen es sich handelte, warf sie ihm die Arme um den Hals, und sie verließen Charlottes kleines Apartment den ganzen Tag und die folgende Nacht nicht. Obwohl sie Französin war, schockierte es die Concierge. »Ich weiß ja, daß Krieg ist«, sagte sie zu ihrem Mann, »aber die beiden haben sich nie zuvor gesehen!«
Am Sonntagabend mußte Dick Charlotte verlassen, um an die Front zurückzukehren. Er versprach ihr, wiederzukommen, sobald die Alliierten Berlin eingenommen hätten – und dann würden sie heiraten. Er schwang sich aufs Motorrad und brauste davon. Charlotte stand im Nachthemd am Fenster ihres kleinen Apartments und blickte ihm nach, bis sie ihn nicht mehr sehen konnte. »Es sei denn, du fällst, bevor Berlin fällt, Liebling«, flüsterte sie.
Das King’s Own Regiment wurde für die Einnahme Hamburgs ausersehen, und Armstrong wollte der erste Offizier sein, der die Stadt betrat. Nach drei Tagen heftigsten Widerstands fiel Hamburg.
Am nächsten Morgen betrat Field Marshal Sir Bernard Montgomery die Stadt. In seinem Jeep stehend, hielt er eine Rede an die alliierten Truppen. Er bezeichnete die Schlacht um Hamburg als entscheidend und versicherte seinen Männern, daß der Krieg nun rasch zu Ende sein würde, so daß sie bald nach Hause zurückkehren dürften. Nachdem die Soldaten ihrem Oberbefehlshaber zugejubelt hatten, stieg er vom Jeep und verlieh Tapferkeitsmedaillen. Zu jenen, die das Military Cross erhielten, gehörte Captain Richard Armstrong.
Zwei Wochen später wurde die bedingungslose Kapitulation Deutschlands von General Jodl unterzeichnet und von Eisenhower angenommen. Am
Weitere Kostenlose Bücher