Archer Jeffrey
Jedesmal, wenn er aufsprang, um weiterzustürmen, schlossen sich ihm weniger Kameraden an. Schließlich hielt Lieutenant Wakeham im Schutz der Klippen; Private Player war nur einen knappen Meter hinter ihm. Der junge Offizier zitterte so sehr, daß er sich erst wieder in die Gewalt bekommen mußte, ehe er einen Befehl hervorbrachte.
Als die Männer den Strand endlich hinter sich hatten, zählte Lieutenant Wakeham nur noch elf von den achtundzwanzig Mann, die im ersten Boot mit ihm gelandet waren. Der Funker erklärte ihnen, daß sie nicht anhalten dürften, sondern sofort weiter vorstoßen sollten. Offenbar war Player der einzige, der sich darüber freute. Die nächsten zwei Stunden bewegten die Männer sich langsam landeinwärts, auf die feindlichen Stellungen zu. Immer weiter stießen sie vor, wobei ihnen meist nur Hecken und Gräben als Schutz dienten. Fast jeder Meter, den sie vordrangen, wurde mit dem Blut von Kameraden getränkt. Erst als die Sonne unterging, durften sie Rast machen. Hastig wurde ein Lager errichtet, doch nur wenige fanden beim Donnern der feindlichen Geschütze Schlaf. Einige Männer beschlossen, Karten zu spielen; andere blickten vor sich hin oder starrten auf die endlosen Reihen der Gefallenen.
Doch Private Player wollte der erste sein, der den Deutschen Auge in Auge gegenübertrat. Als er sicher war, daß niemand auf ihn achtete, stahl er sich aus seinem Zelt und schlich auf die feindlichen Linien zu. Nach etwa vierzig Minuten Laufen und Kriechen hörte er deutsche Stimmen. Er machte einen engen Bogen um den feindlichen Vorposten, bis er einen deutschen Soldaten sah, der im Gebüsch seine Notdurft verrichtete. Von hinten schlich er sich an den Mann heran. Gerade als der Landser sich bückte, um seine Hose hochzuziehen, sprang Player ihn an und schlang einen Arm um den Hals des Mannes. Dabei drückte er offenbar etwas zu heftig zu; denn er hörte, wie dem Mann das Genick brach. Player ließ die Leiche ins Gebüsch sinken. Dann nahm er dem Deutschen die Erkennungsmarke und den Helm ab und kehrte zu seinem Lager zurück.
Er war etwa hundert Meter davon entfernt, als er ein »Wer da?« hörte.
Zum Glück erinnerte Player sich gerade noch rechtzeitig an die Parole. »Rotkäppchen«, antwortete er.
»Zeigen Sie sich!«
Player machte ein paar Schritte vorwärts. Plötzlich spürte er ein Bajonett im Nacken, und ein zweites an der Kehle. Ohne ein weiteres Wort wurde er zu Lieutenant Wakehams Zelt gebracht. Der junge Offizier hörte aufmerksam zu, was Player zu berichten hatte, und unterbrach ihn nur hin und wieder, um sich Einzelheiten erklären zu lassen.
»Gut gemacht, Player«, murmelte der Lieutenant, nachdem sein inoffizieller Kundschafter seinen Bericht beendet hatte. »Ich möchte, daß Sie eine Karte anfertigen, aus der die Stellung des feindlichen Lagers hervorgeht. Arbeiten Sie, so sorgfältig Sie nur können. Ich brauche Einzelheiten über die Beschaffenheit des Geländes, über die Entfernung, über alles, woran Sie sich erinnern können, und was uns bei unserem Vorstoß von Nutzen sein kann. Sobald Sie damit fertig sind, versuchen Sie ein wenig zu schlafen. Sie müssen uns führen, wenn wir beim ersten Tageslicht aufbrechen.«
»Soll ich ihm eine Verwarnung wegen unerlaubten Verlassens des Lagers erteilen?« fragte der Sergeant vom Dienst.
»Nein«, erwiderte Wakeham. »Hiermit befehle ich, daß Player mit sofortiger Wirkung zum Corporal befördert wird.« Corporal Player lächelte, salutierte und begab sich in sein Zelt. Doch bevor er sich schlafen legte, nähte er sich zwei Streifen an seine Kampfuniform.
Während das Regiment langsam Meile um Meile in Innere Frankreichs vorrückte, führte Corporal Player Spähtrupps hinter die feindlichen Linien und kehrte jedesmal mit wichtigen Informationen zurück. Einmal brachte er sogar einen deutschen Offizier mit, den er ebenfalls mit heruntergelassener Hose ertappt hatte.
Lieutenant Wakeham war beeindruckt, daß Player diesen Mann gefangengenommen hatte. Sein Erstaunen wurde noch größer, als er mit der Befragung des Gefangenen begonnen hatte und feststellte, daß der Corporal die Rolle des Dolmetschers übernehmen konnte.
Am nächsten Morgen stürmten sie die Ortschaft Orbec, die sie bei Anbruch der Nacht bereits wieder hinter sich ließen. Der Lieutenant ließ ans Hauptquartier funken, daß durch Corporal Players Einsatz die Kampfhandlungen verkürzt und dadurch viele Menschenleben gerettet werden konnten.
Drei Monate, nachdem
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