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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Imperium
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kann ich für Sie tun?«
»Ich habe Ihnen aus Oxford geschrieben«, antwortete Keith und hoffte, sich etwas älter anzuhören, als er war. »Ich bin Journalist bei der Oxford Mail und habe den Auftrag, eine Artikelserie über die Zustände in Berlin zu schreiben. Ich habe einen Termin bei…« Er drehte den Brief um. »… Captain Armstrong.«
»Oja, ich erinnere mich«, sagte Miss Carr. »Aber Captain Armstrong hält sich heute vormittag im russischen Sektor auf. Vor heute nachmittag erwarte ich ihn nicht im Büro. Wenn Sie morgen vormittag noch einmal vorbeikommen könnten, wird er sich bestimmt gern Zeit für Sie nehmen.« Keith war bemüht, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen, und versicherte Miss Carr, er würde morgen um neun Uhr wieder erscheinen. Vielleicht hätte er seinen Plan, mit Armstrong zu sprechen, ganz aufgegeben, hätte man ihn nicht darauf aufmerksam gemacht, daß gerade dieser Captain besser darüber Bescheid wußte, was sich in Berlin tat, als alle Stabsoffziere zusammen.
Den Rest des Tages schaute Keith sich im britischen Sektor um. Oft blieb er stehen, um sich Notizen über alles zu machen, was er für seinen Artikel gebrauchen konnte: Die Art und Weise, wie die Briten sich gegenüber den Deutschen verhielten; die Läden mit den fast leeren Regalen, in denen viel zu viele Kunden etwas zu kaufen versuchten; die langen Schlangen vor sämtlichen Lebensmittelgeschäften; die gesenkten Köpfe der vom Krieg demoralisierten Menschen. Als irgendwo eine Uhr zwölf schlug, betrat er eine Kneipe voller Soldaten, in der es ziemlich laut zuging, und setzte sich ans Ende der Theke. Als ihn schließlich ein Kellner fragte, was er wünsche, bestellte er ein großes Glas Bier und ein Käsebrot
– jedenfalls vermeinte er Käse zu bestellen, doch sein Deutsch war nicht so gut, daß er sicher sein konnte. Auf der Theke machte er sich ein paar weitere Notizen. Ihm fiel auf, daß die Kellner erst alle Gäste – aber wirklich alle – in Uniform bedienten und sich bei den Zivilisten Zeit ließen.
Keith konnte selbst hier, in diesem Lokal erkennen, daß das Klassensystem sogar dann fortbestand, wenn die Briten jemand anderes Stadt besetzt hielten. Einige Soldaten schimpften darüber – in einem Englisch, das Miss Steadman gar nicht gefallen hätte –, wie lange es dauerte, bis ihre Papiere bearbeitet seien, so daß sie endlich nach Hause durften. Andere schienen sich mit einem Leben in Uniform abgefunden zu haben; sie redeten nur vom nächsten Krieg und wo er wohl stattfinden würde. Keith runzelte die Stirn, als er einen Soldaten sagen hörte: »Kratz irgendeinen Kraut, und du wirst sehen, daß unter der Pelle ein verdammter Nazi steckt.« Doch nach dem Essen, als Keith die Erforschung des britischen Sektors wieder aufnahm, konnte er beobachten, daß die Soldaten diszipliniert waren und die Besiegten mit reservierter Höflichkeit behandelten – jedenfalls hatte es den Anschein.
Als die Jalousien der Geschäfte heruntergelassen und die Türen geschlossen wurden, kehrte Keith zu seinem kleinen MG zurück. Der Wagen war von Bewunderern umgeben, deren Neid sich rasch in Zorn verwandelte, als sie sahen, daß der Besitzer des Flitzers Zivil trug. Langsam fuhr Keith zu seinem Vorstadthotel zurück. Nachdem er in der Küche einen Teller Kartoffeln und Sauerkraut gegessen hatte, ging er auf sein Zimmer und schrieb in den nächsten zwei Stunden alles nieder, woran er sich vom heutigen Tag erinnerte. Schließlich ging er ins Bett und las Orwells Farm der Tiere, bis die Kerze heruntergebrannt war.
In dieser Nacht schlief Keith tief und fest. Nachdem er sich am Morgen wieder mit fast eiskaltem Wasser gewaschen hatte, machte er einen halbherzigen Versuch, sich zu rasieren, ehe er hinunter zur Küche ging. Mehrere Scheiben Brot, wieder mit einem Hauch Schweineschmalz beschmiert, erwarteten ihn bereits. Nach dem Frühstück packte Keith seine Papiere zusammen und machte sich wieder auf den Weg zur PRISC. Hätte er sich mehr auf die Straße konzentriert und weniger auf die Fragen, die er Captain Armstrong stellen wollte, hätte er sich vielleicht an das Umleitungsschild gehalten. Der Panzer, der geradewegs auf ihn zukam, war nicht in der Lage, schnell genug zu halten. Wenngleich Keith auf die Bremse stieg und nur die Ketten streifte, schleuderte der Koloß den MG in einem vollständigen Kreis herum und auf den Bürgersteig, wo er gegen einen Laternenpfahl aus Beton krachte. Am ganzen Leib zitternd, blieb Keith erst

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