Archer Jeffrey
nicht bezahlen müssen.«
»Sie bilden sich doch nicht etwa ein, daß Sie damit durchkommen!« brüllte Keith. »Ich werde Sie Captain Armstrong melden, meinem guten Freund vom Kontrollrat! Dann werden Sie schon sehen, wie weit Sie mit Ihren unverschämten Forderungen kommen!«
»Vielleicht ist es besser, wir rufen die Polizei und überlassen ihr diese Entscheidung.«
Das brachte Keith zum Schweigen. Er ging eine Zeitlang auf dem Hof hin und her, ehe er gestand: »Ich hab’ keine zwanzig Pfund.«
»Dann werden Sie den Wagen wohl verkaufen müssen.«
»Niemals!« rief Keith.
»Tja, in diesem Fall müssen wir ihn als Sicherheit hier behalten – für die übliche Unterstellgebühr –, bis Sie die Rechnung bezahlen können.«
Keith’ Gesicht wurde immer röter, während der Mechaniker und ein Kollege bei seinem MG stehenblieben. Sie wirkten erstaunlich gelassen. »Wieviel würden Sie mir denn für den Wagen geben?« fragte Keith schließlich.
»In Berlin besteht zur Zeit keine große Nachfrage nach Sportwagen aus zweiter Hand mit rechtsseitiger Lenkung. Aber ich würde sagen… hunderttausend Reichsmark könnte ich möglicherweise dafür aufbringen.«
»Aber Sie sagten doch, daß Sie keine Reichsmark nehmen!«
»Nur nicht von Durchreisenden. Unsere Geschäfte betreiben wir durchaus in Mark.«
»Sind die Hunderttausend abzüglich der Reparaturrechnung?«
»Nein«, erwiderte der Mechaniker. Er lächelte und fügte nach einer kurzen Pause hinzu: »Aber wir werden uns um einen guten Wechselkurs bemühen.«
»Verdammte Krauts«, murmelte Keith.
Zu Beginn seines zweiten Jahres in Oxford wurde Keith von seinen Freunden im Labour Club bedrängt, sich zur Wahl für den Vorstand zu stellen. Keith hatte längst erkannt, daß es nur der Vorstand war, der hohen Politikern vorgestellt wurde, wenn sie die Universität besuchten, obwohl der Labour Club mehr als sechshundert Mitglieder zählte. Und nur der Vorstand hatte die Macht, wichtige Beschlüsse zu verabschieden. Überdies wurden aus dem Vorstand jene Mitglieder gewählt, die zu Parteiversammlungen geschickt wurden und daher die Möglichkeit hatten, die Parteipolitik zu beeinflussen.
Als das Ergebnis der Vorstandswahl verkündet wurde, staunte Keith, mit welch hohem Prozentsatz man für ihn gestimmt hatte. Am darauffolgenden Montag nahm er an seiner ersten Vorstandssitzung im Bricklayer’s Arms teil. Er setzte sich in die hintere Reihe und hörte stumm zu. Er konnte nur staunen, was sich vor seinen Augen abspielte. Von diesem Vorstand wurde allem gehuldigt, das Keith an Britannien verachtete. Die Vorstandsmitglieder waren reaktionär, voreingenommen und ultrakonservativ, wann immer es zu einer echten Entscheidung kam. Brachte jemand eine originelle Idee vor, wurde sie lang und breit erörtert und dann rasch vergessen, sobald man eine Pause im Parterre des Pubs einlegte. Keith war nunmehr überzeugt, daß es nicht genügte, nur Vorstandsmitglied des Labour Club zu sein, wenn er einige seiner radikaleren Ideen verwirklicht sehen wollte. Um dieses Ziel zu erreichen, mußte er in seinem letzten Jahr Vorsitzender des Labour Club werden. Als er dieses Vorhaben in einem Brief an seinen Vater erwähnte, schrieb Sir Graham zurück, er sei weit mehr daran interessiert, daß Keith seinen akademischen Grad bekomme als daß er Vorsitzender des Labour Club werde; letzteres sei für jemanden, der sein Nachfolger als Chef eines großen Zeitschriftenkonzerns werden wollte, nicht von besonderer Wichtigkeit.
Keith’ einziger Rivale für den Posten war der zweite Vorsitzende, Gareth Williams, der mit einem Stipendium der Neath Grammar School studierte und als Sohn eines Bergmanns über die nötigen Voraussetzungen verfügte.
Die Vorstandswahl sollte in der zweiten Woche des Herbsttrimesters stattfinden. Keith war klar, daß jede Stunde der ersten Woche von Bedeutung war, wollte er zum Vorsitzenden gewählt werden. Da Gareth Williams beim Vorstand besser bekannt war als beim Fußvolk des Labour Club, wußte Keith genau, wo er den Hebel ansetzen mußte. Während der ersten zehn Tage des Trimesters lud er jeweils mehrere Mitglieder, die ihren Beitrag bezahlt hatten – darunter einige neue Studenten –, auf einen Drink zu sich in sein Zimmer ein. Nacht um Nacht konsumierten die Genossen Unmengen von Collegebier, Salzgebäck und billigem Wein, alles auf Keith’ Kosten.
Vierundzwanzig Stunden vor der Wahl glaubte Keith es geschafft zu haben. Er ging die Mitgliederliste durch und hakte jene
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