Archer Jeffrey
armen Teufel einzusetzen, den er für ein Opfer des Systems oder der Behördenwillkür hielt.
»Also, wie soll der morgige Leitartikel aussehen?« fragte er. Drei Hände schossen in die Höhe.
»Dave.« Der Chefredakteur deutete mit seinem Bleistift auf den leitenden Gerichtsreporter. »Ihre Meinung, bitte.«
»Es sieht ganz so aus, als käme es zum Urteil im SammyTaylor-Prozeß. Der Richter dürfte noch heute nachmittag seine Entscheidung fällen. Wenn man danach geht, wie er den Prozeß bislang geführt hat, sieht es für den armen Kerl düster aus. Der Richter würde Taylor an den Galgen bringen, hätte er auch nur die geringste Chance, mit einem solchen Urteil durchzukommen.«
»Ich weiß«, murmelte Dave. »Falls Taylor schuldig gesprochen wird, kommt es auf die Titelseite, und ich schreibe einen Leitartikel über die Art von Gerechtigkeit, mit der die Aborigines vor unseren Gerichten rechnen müssen. Sitzen die Abos eigentlich noch mit ihren Protestschildern herum?«
»Und ob. Die Sache hat sich zur 24-Stunden-Wache entwickelt. Sie schlafen auf dem Bürgersteig, seit wir die Fotos gebracht haben, auf denen zu sehen ist, wie ihre Anführer von der Polizei davongezerrt werden.«
»Also gut. Falls es heute zum Urteil kommt und Taylor schuldig gesprochen wird, bekommen Sie die Titelseite, Jane«, wandte der Chefredakteur sich an seine Nachrichtenredakteurin. »Ich brauche tausend Wörter über die Rechte der Abos und wie schändlich diese Verhandlung geführt wurde. Ein Schlag ins Gesicht der Gerechtigkeit, Rassenvorurteile … na, Sie wissen schon, was ich will.«
»Was ist, wenn die Geschworenen Taylor für nicht schuldig befinden?« fragte Dave.
»In diesem unwahrscheinlichen Fall bekommen Sie die rechte Spalte auf der Titelseite, und Jane kann fünfhundert Wörter für Seite sieben schreiben, daß sich Australien, dank seines Rechtssystems, endlich aus dem finsteren Mittelalter befreit hat, und so weiter und so fort.«
Bailey wandte sich der anderen Seite des Zimmers zu und deutete mit dem Bleistift auf eine Frau, deren Hand erhoben geblieben war. »Maureen?«
»Im Royal-Adelaide-Krankenhaus grassiert eine mysteriöse Krankheit. In den vergangenen zehn Tagen sind drei kleine Kinder gestorben, aber der Leiter des Krankenhauses, Gyles Dunn, verweigert jeden Kommentar, sosehr ich ihn auch bedränge.«
»Sind die Kinder von hier?«
»Ja«, antwortete Maureen. »Alle aus der Gegend um Port Adelaide.«
»Alter?« erkundigte sich Frank.
»Zwei waren vier, eines drei Jahre. Zwei Mädchen und ein Junge.«
»Setzen Sie sich mit den Eltern in Verbindung, vor allem mit den Müttern. Ich möchte Fotos, Informationen über den familiären Hintergrund – schlichtweg alles, was Sie herausfinden können. Stellen Sie fest, ob es zwischen den Familien irgendeine Verbindung gibt, und mag sie noch so entfernt sein. Sind sie miteinander verwandt? Kennen sie einander? Arbeiten sie im gleichen Betrieb? Haben sie irgendwelche gemeinsamen Interessen, welche die drei Fälle möglicherweise in Zusammenhang bringen könnten? Und ich möchte irgendeine Erklärung von Gyles Dunn, selbst wenn sie nur ›kein Kommentar‹ lautet.«
Maureen nickte Bailey bestätigend zu, bevor dieser sich an den Fotoredakteur wandte. »Besorgen Sie ein Foto von Dunn, auf dem er gestreßt aussieht und das gut genug für die Titelseite ist. – Falls das Urteil im Taylor-Fall auf nicht schuldig lautet, gehört der Leitartikel Ihnen, Maureen. Anderenfalls bekommen Sie die Seite vier mit möglicher Fortsetzung auf Seite fünf. Versuchen Sie, sich Fotos von allen drei Kindern zu beschaffen, am besten aus dem Familienalbum
– am liebsten wären mir Aufnahmen von fröhlichen, gesunden Kindern beim Spielen. Und ich möchte, daß Sie sich in diesem Krankenhaus umsehen. Falls Dunn sich weiterhin in Schweigen hüllt, sehen Sie zu, daß Sie in dem Laden irgend jemanden finden, der redet – einen Arzt, eine Schwester, notfalls auch einen Pförtner oder eine Putzfrau. Aber sorgen Sie dafür, daß Zeugen bei den Interviews dabei sind, oder nehmen Sie das Gesagte zumindest auf Band auf. Ich möchte nicht noch einmal so ein Fiasko wie vergangenen Monat mit Mrs. Kendal und ihrer Klage gegen die Feuerwehr erleben. – Und Dave«, der Chefredakteur wandte sich wieder an seinen Gerichtsreporter, »ich muß so schnell wie möglich erfahren, ob das Urteil im Taylor-Fall unter Umständen auf morgen verschoben wird, damit wir uns gleich ans Layout der Titelseite machen können. Hat
Weitere Kostenlose Bücher