Archer Jeffrey
Bunting seine Post durch. Sie hatte die Briefe und Rechnungen auf seinem Schreibtisch ausgebreitet. Sie steckten in verschiedenen Ordnern mit unterschiedlichen Reitern, deren Zweck darin bestand, wie Bunty ihm erklärte, dafür zu sorgen, daß Keith sich zumindest das wirklich Wichtige vornahm, falls seine Zeit knapp wurde.
Zwei Stunden später war ihm klar, weshalb sein Vater so große Stücke auf Bunty gehalten hatte. Townsend stellte sich nicht mehr die Frage, wann er sie durch eine jüngere Kraft ersetzen würde, sondern wie lange sie wohl bereit war, weiter für ihn zu arbeiten.
»Das Wichtigste habe ich für zuletzt aufgehoben«, sagte Bunty. »Das neueste Angebot des Messenger. Sir Colin Grant hat heute morgen angerufen, um Sie willkommen zu heißen und sich zu vergewissern, daß Sie sein Schreiben bekommen haben.«
»Tatsächlich?« Townsend lächelte. Er öffnete den mit »Vertraulich« gekennzeichneten Ordner und überflog ein Schreiben des Anwaltsbüros Jervis, Smith & Thomas, das den Messenger vertrat, solange Townsend zurückdenken konnte. Als die Summe von 150.000 Pfund erwähnt wurde, hielt er stirnrunzelnd inne. Dann las er das Ergebnis der Tagesordnung der Messenger-Vorstandssitzung vom vergangenen Monat, das die selbstzufriedene Einschätzung des Vorstandsvorsitzenden erkennen ließ, was dieses Angebot betraf. Doch die Versammlung hatte stattgefunden, ehe Lady Townsend ihrem Sohn den neunzigtägigen Aufschub zugestanden hatte.
»Sehr geehrte Herren«, diktierte Townsend, und Buntys Bleistift huschte über ihren Stenoblock. »Hiermit bestätige ich den Erhalt Ihres Schreibens vom 12. diesen Monats. – Neuer Absatz. – Um Ihnen weitere Zeitvergeudung zu ersparen, teile ich Ihnen mit, daß die Gazette weder jetzt noch zu irgendeinem späteren Zeitpunkt zum Verkauf steht. Hochachtungsvoll…«
Townsend lehnte sich in seinem Sessel zurück und dachte daran, wie er den Vorstandsvorsitzenden des Messenger das erste Mal gesehen hatte. Wie viele erfolglose Politiker war Sir Colin arrogant und sehr von sich eingenommen, vor allem jungen Leuten gegenüber, »die man am besten übersieht und überhört«, wie er herablassend festzustellen pflegte. Townsend fragte sich, wann Sir Colin ihn wieder hören oder sehen würde. Zwei Tage später – Townsend studierte gerade Harris’ Bericht
– steckte Bunty den Kopf durch die Tür und meldete, daß Sir Colin Grant am Telefon sei. Townsend nickte und nahm den Hörer ab.
»Keith, mein Junge, willkommen zu Hause«, begann der alte Mann. »Ich habe gerade Ihren Brief gelesen, und nun frage ich mich, ob Ihnen eigentlich bekannt ist, daß ich das mündliche Einverständnis Ihrer Mutter hatte, was den Verkauf der Gazette betrifft.«
»Meine Mutter hat Ihnen zugesagt, Ihr Angebot sorgfältig zu erwägen. Sie hat jedoch keine mündliche Zusage gemacht, und jeder, der das Gegenteil behauptet, ist…«
»Nicht so hitzig junger Mann«, unterbrach ihn Sir Colin. »Ich handle nur in gutem Glauben. Wie Sie wissen, waren Ihr Vater und ich enge Freunde.«
»Aber mein Vater weilt nicht mehr unter uns, Sir Colin. In Zukunft werden Sie mit mir verhandeln müssen. Und wir sind keine engen Freunde.«
»Nun, wenn das Ihre Einstellung ist, hat es wohl keinen Sinn zu erwähnen, daß ich mein Angebot auf 170.000 Pfund erhöhen wollte.«
»Da haben Sie recht. Es wäre sinnlos, weil ich es gar nicht erst in Erwägung ziehen würde.«
»Das werden Sie aber noch«, polterte der alte Mann, »denn in den nächsten sechs Monaten habe ich Ihr Blatt von der Straße gefegt, und dann werden Sie heilfroh sein, wenn ich Ihnen noch 50.000 Pfund für die traurigen Überreste Ihres Verlages gebe.« Sir Colin machte eine Pause. »Rufen Sie mich ruhig an, falls Sie es sich doch noch anders überlegen.«
Townsend legte den Hörer auf und bat Bunty, sofort den Chefredakteur in sein Büro zu bestellen.
Miss Bunting zögerte.
»Gibt’s ein Problem, Bunty?«
»Naja, Ihr Vater ist immer hinuntergegangen und hat Mr. Bailey in seinem Büro besucht.«
»Ach, wirklich?« Townsend blieb sitzen.
»Ich werde ihn bitten, sofort heraufzukommen.«
Townsend wandte sich der letzten Seite zu und studierte die Wohnungsanzeigen, während er wartete. Jedes Wochenende nach Hause zu fliegen raubte ihm zu viel von seiner kostbaren Zeit. Er fragte sich, wie lange er noch warten sollte, ehe er es seiner Mutter schonend beibrachte.
Wenige Minuten später kam Frank Bailey ins Büro gestürmt. Townsend konnte Baileys Gesichtsausdruck
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