Archer Jeffrey
so wie früher.«
Sie lächelte. »Wo möchten Sie gern anfangen?«
»Ich werde den Rest des Tages die Akten durchblättern. Gleich morgen geht es dann richtig los.«
Bunty sah aus, als wollte sie etwas sagen, biß sich dann jedoch auf die Lippe. »Bedeutet ›früh‹ für Sie das gleiche wie für Ihren Vater?«
»Ich fürchte, ja.« Townsend grinste.
Am nächsten Morgen war Townsend um sieben Uhr wieder im Verlagsgebäude. Er nahm den Fahrstuhl zum ersten Stock und schritt zwischen den leeren Schreibtischen der Anzeigenabteilung umher. Auch wenn noch niemand hier war, erkannte er, daß diese Abteilung schlampig geleitet wurde. Papiere lagen wirr auf den Schreibtischen herum. Ordner waren aufgeschlagen geblieben, und mehrere Lampen hatten offenbar die ganze Nacht hindurch gebrannt. Townsend wurde bewußt, wie lange sein Vater dem Verlagshaus schon ferngeblieben sein mußte.
Die erste Angestellte spazierte um zehn nach neun herein. »Wer sind Sie?« fragte Townsend, als die Frau durch den
Raum schritt.
»Ruth«, antwortete sie. »Und wer sind Sie?«
»Ich bin Keith Townsend.«
»Achja, Sir Grahams Sohn«, sagte sie ohne sonderliche
Regung und trat an ihren Schreibtisch.
»Wer ist hier der Abteilungsleiter?« fragte Townsend. »Mr. Harris.« Sie setzte sich und holte eine Puderdose aus
ihrer Handtasche.
»Und wann ist mit ihm zu rechnen?«
»Oh, für gewöhnlich kommt er zwischen halb zehn und
zehn.«
»Ach, wirklich?« sagte Townsend. »Wo ist sein Büro?« Die junge Frau deutete zur hinteren Ecke des Raumes. Mr. Harris geruhte, sich um neun Uhr siebenundvierzig in
seinem Büro sehen zu lassen, wo Townsend inzwischen bereits den größten Teil seiner Akten durchgegangen war. »Was tun Sie hier, zum Teufel?« brauste Harris auf, als er Townsend hinter seinem Schreibtisch sitzen und einige Papiere studieren sah.
»Auf Sie warten«, entgegnete Townsend. »Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, daß mein Anzeigenleiter erst kurz vor zehn Uhr an seinem Arbeitsplatz erscheint.«
»Bei einem Zeitungsverlag fängt kaum jemand vor zehn Uhr an. Das weiß sogar der Teejunge.«
»Als ich Teejunge beim Daily Express war, verging kein Tag, an dem Lord Beaverbrook nicht spätestens um acht Uhr an seinem Schreibtisch saß.«
»Aber ich komme fast nie vor achtzehn Uhr aus dem Verlag«, protestierte Harris.
»Ein wahrer Journalist kommt selten vor zwanzig Uhr nach Hause, und die Arbeiter in der Druckerei sollten froh sein, wenn sie vor Mitternacht Feierabend bekommen. Ab morgen erscheinen Sie jeden Tag um acht Uhr dreißig zu einer Besprechung bei mir im Büro, und das übrige Personal der Anzeigenabteilung wird spätestens um neun Uhr an den Schreibtischen sitzen. Falls irgend jemand nicht dazu imstande ist, kann er gleich die freien Stellen auf der letzten Seite unserer Zeitung studieren. Habe ich mich deutlich genug ausgedrückt?«
Harris schürzte die Lippen und nickte.
»Gut. Als erstes will ich von Ihnen eine Kostenaufstellung für die nächsten drei Monate, mit einem genauen Vergleich unserer Preise mit denen des Messenger. Morgen früh liegt die Aufstellung auf meinem Schreibtisch.« Er erhob sich von Harris’ Stuhl.
»Aber … ich schaffe es vielleicht nicht, alle diese Zahlen bis morgen zusammenzubekommen«, gab Harris zu bedenken.
»In diesem Fall sollten auch Sie die Stellenanzeigen lesen – aber nicht während der Zeit, für die ich Sie bezahle«, warnte Townsend.
Er ließ einen am ganzen Leib zitternden Harris zurück, als er mit dem Fahrstuhl ein Stockwerk höher fuhr, um sich in der Vertriebsabteilung umzusehen. Es wunderte ihn nicht, hier die gleiche Nachlässigkeit vorzufinden wie einen Stock tiefer. Als er die Abteilung eine Stunde später verließ, blieb mehr als nur ein Mitarbeiter zurück, der am ganzen Leib zitterte. Townsend mußte sich allerdings eingestehen, daß Mel Carter ihn beeindruckt hatte – ein junger Mann aus Brisbane, der erst kürzlich als stellvertretender Vertriebsleiter bei der Gazette angefangen hatte.
Frank Bailey war erstaunt, den »jungen Keith« so rasch wieder in seinem Büro zu sehen – und noch mehr, als der junge Keith sich auch an diesem Morgen aufs Fensterbrett setzte und als Beobachter an der Redaktionssitzung teilnahm. Zwar stellte Frank Bailey erleichtert fest, daß Townsend sich nicht einmischte, doch es entging ihm nicht, daß der junge Mann sich ständig Notizen machte.
Als Townsend endlich sein eigenes Büro betrat, war es elf Uhr. Sofort ging er mit Miss
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