Archer Jeffrey
Fusion der beiden Zeitungen beschlossen – doch erst, nachdem Townsend die einzigen beiden Zugeständnisse des Messenger durchgesetzt hatte, die ihm wirklich etwas bedeuteten: Die neue Zeitung würde in seinem Verlag gedruckt werden und den Namen Gazette Messenger tragen.
Als sich der neu zusammengesetzte Vorstand zum erstenmal traf, wurde Sir Colin zum Vorsitzenden und Townsend zum Geschäftsführer ernannt.
Innerhalb von sechs Monaten war der Name Messenger aus dem Impressum verschwunden, und alle wichtigen Entscheidungen wurden getroffen, ohne zuvor die Billigung des Vorstands oder seines Vorsitzenden einzuholen. Es schockierte kaum jemanden, als Sir Colin seinen Rücktritt bekanntgab, und niemand wunderte sich, daß Townsend ihn nicht daran hinderte.
Als Lady Townsend ihren Sohn fragte, was der tiefere Grund für Sir Colins Rücktritt gewesen war, antwortete Keith, der Schritt sei in gegenseitigem Einvernehmen erfolgt; der alte Mann sei der Meinung, daß es an der Zeit wäre, einem Jüngeren Platz zu machen. Lady Townsend war nicht ganz überzeugt von dieser Version.
MITTAGSAUSGABE
WO EIN WILLE IST …
DER TELEGRAF 31. August 1947
Zunehmende Lebensmittelknappheit in Berlin
»Wenn Lauber ein Testament gemacht hat, muß ich es unbedingt haben.«
»Warum ist das so wichtig?« fragte Sally.
»Weil ich wissen will, wer seine Anteile am Telegraf geerbt hat.«
»Ich würde sagen, seine Frau.«
»Nein, wohl eher Arno Schultz. Und in diesem Fall würde ich nur meine Zeit vergeuden – also, je schneller wir es herausfinden, desto besser.«
»Aber ich habe nicht die leiseste Ahnung, wie ich das bewerkstelligen könnte.«
»Das dürfte kein Problem sein. Nachdem man Laubers Leiche nach Deutschland überführt hatte, fiel sie in den Zuständigkeitsbereich des Innenministeriums. Versuchen Sie es dort.«
Sally blickte ihn zweifelnd an.
»Spannen Sie jeden ein, der uns einen Gefallen schuldet«, sagte Armstrong, »und den anderen versprechen Sie, was immer sie hören wollen. Aber besorgen Sie mir dieses Testament!« Er drehte sich um. »Ich gehe jetzt zu Hallet.«
Ohne ein weiteres Wort verließ Armstrong sein Büro und ließ sich von Benson zum britischen Offizierskasino fahren. Er setzte sich auf den Hocker am Ende der Bar, bestellte einen Whisky und blickte alle paar Minuten auf die Uhr.
Als die Standuhr in der Diele halb sieben schlug, schlenderte Stephen Hallet in die Messe, blickte sich kurz um und setzte sich mit einem breiten Lächeln zu Armstrong an die Bar.
»Dick. Ganz herzlichen Dank für die Kiste 38er Mouton Rothschild. Ein wirklich exzellenter Tropfen. Ich muß gestehen, ich versuche ihn so einzuteilen, daß ich damit auskomme, bis ich meine Entlassungspapiere kriege.«
Armstrong lächelte. »Dann werden wir wohl zusehen müssen, daß wir eine regelmäßige Lieferung einrichten. Essen Sie mit mir zu Abend. Vielleicht finden wir dann heraus, warum alle so vom Chateau Beychevelle, Jahrgang ›33‹ schwärmen.«
Bei einem angebrannten Steak kostete Captain Hallet zum erstenmal den Beychevelle, und Armstrong erfuhr alles, was er über das deutsche Erbrecht und Testamentseröffnungen wissen mußte, und daß Laubers Anteile von Rechts wegen an seine Frau – als nächste Angehörige – übergehen würden, falls man keinen anderslautenden Letzten Willen fand.
»Aber wenn Laubers Frau ebenfalls tot ist, was dann?« erkundigte sich Armstrong, während der Kellner eine zweite Flasche entkorkte.
»Falls sie tot ist oder nicht aufgespürt werden kann…«, Hallet nippte an seinem nachgefüllten Glas, und sein Lächeln kehrte zurück, »… müßte der ursprüngliche Besitzer fünf Jahre warten. Nach Ablauf dieser Frist könnte er einen Antrag auf Rückgabe seiner Anteile einreichen.«
Armstrong ertappte sich dabei, daß er manche Fragen mehrmals stellte, um ganz sicherzugehen, sich alles Wichtige eingeprägt zu haben, da er sich ja keine Notizen machen konnte. Hallet schien das nicht weiter zu stören, obwohl er – wie Armstrong vermutete – genau wußte, was sein Gegenüber beabsichtigte, aber nicht zu viele Fragen stellen wollte, solange sein Glas gefüllt blieb. Als Armstrong sicher war, die rechtliche Lage zu kennen, verabschiedete er sich mit der Ausrede von Hallett, er habe seiner Frau versprochen, nicht so spät heimzukommen, und verließ den Anwalt mit einer noch halbvollen Flasche auf dem Tisch.
Doch Armstrong hatte nicht die Absicht, sofort nach Hause zu fahren und einen weiteren Abend damit zu
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