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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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ihr Sohn nur noch eine Woche zu leben hatte.
Man gestattete ihr, ihn sofort zu besuchen, und ein Polizeibeamter brachte sie in den Isolationsflügel. Sie stand an seinem Bett und blickte ungläubig auf ein Gesicht, das sie kaum wiedererkannte. Die Furchen, die es durchzogen, waren so tief und Guys Haare so gelichtet und grau, daß Mrs. Trentham das Gefühl hatte, sie könnte am Sterbebett ihres Gemahls stehen.
Der Arzt sagte, daß ein derartiger Zustand bei Verurteilten nicht ungewöhnlich sei, sobald ihnen klargeworden war, daß sie mit einer Begnadigung nicht rechnen konnten. Nachdem sie fast eine Stunde am Bett gestanden hatte, ging sie, ohne ein Wort aus ihrem Sohn herausgebracht zu haben. Zu keiner Zeit ließ sie irgend jemanden vom Krankenhauspersonal ihre wahren Gefühle erkennen.
An diesem Abend nahm Mrs. Trentham ein Zimmer in dem ruhigen Country Club am Stadtrand von Melbourne. Sie stellte Mr. Sinclair-Smith, dem jungen englischen Wirt, nur eine Frage, bevor sie sich für die Nacht zurückzog.
Am nächsten Morgen begab sie sich zu Asgarth, Jenkins & Co., der ältesten und angesehensten Anwaltsfirma in Melbourne. Ein junger Mann, den sie viel zu anbiedernd fand, fragte sie nach ihrem Problem.
»Ich möchte mit Ihrem Seniorsozius sprechen«, antwortete sie kühl.
»Dann müssen Sie einstweilen im Wartezimmer Platz nehmen, Madam.«
Mrs. Trentham saß eine Zeitlang allein, bis Mr. Asgarth zu sprechen war.
Der Seniorsozius, ein ältlicher Herr, der seinem Äußeren nach seine Kanzlei ebenso gut in Lincoln’s Inn Fields wie in Melbourne hätte betreiben können, hörte ihr schweigend zu und erklärte sich schließlich bereit, sich aller Probleme anzunehmen, die sich durch Guy Trenthams Nachlaß ergeben mochten. Er versicherte Mrs. Trentham, daß er sofort um die Genehmigung einreichen würde, die Leiche nach England zu überführen.
Mrs. Trentham besuchte ihren Sohn jeden Tag dieser Woche, bis zu seinem Tod. Obwohl sie kaum ein paar Worte wechselten, erfuhr sie doch von einem Problem, dessen sie sich würde annehmen müssen, ehe sie nach England zurückkehren konnte.
Am Mittwoch nachmittag suchte Mrs. Trentham wieder die Anwaltspraxis Asgarth, Jenkins & Co. auf, um ihren Anwalt in der Angelegenheit zu konsultieren, die sie selbst eben erst erfahren hatte. Der ältere Herr hörte ihren Ausführungen aufmerksam zu und machte sich einige Notizen. Als Mrs. Trentham geendet hatte, schwieg er eine geraume Weile, während er sich alles durch den Kopf gehen ließ.
»Der Name wird geändert werden müssen«, sagte er schließlich, »wenn sonst niemand erfahren soll, was Sie beabsichtigen.«
»Und wir müssen sichergehen, daß auch später einmal niemand im Stande sein wird herauszufinden, wer ihr Vater war«, sagte Mrs. Trentham.
Der alte Anwalt runzelte die Stirn. »Das bedeutet, daß Sie sich weitgehend auf…« Er blickte auf seine Notizen. »… Miss Bensons Stillschweigen verlassen müssen.«
»Bezahlen Sie Miss Benson, was immer dafür nötig ist«, wies ihn Mrs. Trentham an. »Coutts in London wird sich um die finanzielle Abwicklung kümmern.«
Der Seniorsozius nickte. Indem er die nächsten vier Tage seinen Schreibtisch nie vor Mitternacht verließ, gelang es ihm, alles nach Wunsch seiner Mandantin zu ordnen und sämtliche Papiere zusammenzubekommen und fertigzumachen, ehe Mrs. Trenthams Schiff ablegte.
Guy Trenthams Totenschein wurde von dem anwesenden Arzt drei Minuten nach sechs Uhr früh am 23. April 1927 ausgestellt, und am nächsten Tag trat Mrs. Trentham mit dem Sarg die Rückreise nach England an. Sie war erleichtert, daß auf dem ganzen Kontinent nur zwei Personen soviel wußten wie sie: ein älterer Herr, der in Kürze in den Ruhestand gehen würde, und eine Frau, die nun für den Rest ihrer Tage ein Leben führen konnte, wie sie es sich noch vor wenigen Tagen nicht hätte vorstellen können.
Mrs. Trentham teilte ihrem Gatten telegrafisch das Wenige mit, was sie für notwendig hielt, bevor sie so unauffällig nach Southampton zurücksegelte, wie sie gekommen war. Sobald sie ihren Fuß auf englischen Boden gesetzt hatte, ließ sie sich direkt nach Hause zum Chester Square fahren. Sie informierte ihren Gemahl über die Einzelheiten der Tragödie, und er erklärte sich widerstrebend einverstanden, eine Todesanzeige in der Times aufzugeben. Sie erschien am nächsten Tag mit folgendem Wortlaut:
    Captain Guy Trentham, Militärverdienstkreuzträger, starb nach langem Leiden an Tuberkulose. Die Trauerfeier

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