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Archer Jeffrey

Archer Jeffrey

Titel: Archer Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Aufstieg
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Chor: »Bastard, Bastard, Bastard!«
Mein Kindermädchen – ich nannte sie nur Nanny, ich glaube, ihren Namen kannte ich gar nicht – holte mich von der Schule ab, und kaum war ich sicher, daß keiner meiner Klassenkameraden mich mehr hören konnte, fragte ich sie, was ›Bastard‹ bedeutete. Sie sagte nur: »So ein abscheuliches Wort, Daniel! Ich kann bloß hoffen, daß sie euch so was nicht im Unterricht lehren. Bitte nimm dieses Wort nie wieder in den Mund!«
Beim Tee in der Küche, nachdem Nanny gegangen war, um mein Badewasser einzulassen, fragte ich die Köchin, was ›Bastard‹ bedeutete. Sie sagte: »So was weiß ich nicht, Master Daniel, und ich tät’ dir auch nicht raten, daß du jemand anderes fragst.«
Ich wagte es nicht, meine Eltern zu fragen, denn was wäre, wenn es tatsächlich stimmte? Aber ich lag die halbe Nacht wach und überlegte, wie ich es herausfinden könnte.
Am nächsten Tag mußte Mutter ins Krankenhaus und kam schrecklich lange nicht zurück. Ich erwähne das, weil Dad so gedankenabwesend wurde, daß er vergaß, mir die nächsten drei Wochen mein Taschengeld zu geben, und inzwischen war mein Interesse erloschen, die Bedeutung des Wortes herauszufinden. Sorgen machte es mir jedoch, weil ich Angst hatte, es könnte damit zusammenhängen, daß man mich Bastard geschimpft hatte und daß Mutter am nächsten Tag ins Krankenhaus mußte und nicht mit dem Brüderchen oder Schwesterchen zurückkam, das sie mir versprochen hatte.
Etwa eine Woche später nahm mich Nanny zu Mami ins Guy Hospital mit, aber ich kann mich nicht recht daran erinnern, nur daß Mutter sehr blaß aussah und daß ich ihr versprach, noch fleißiger in der Schule zu sein. Wohl aber besinne ich mich, wie glücklich ich war, als sie endlich wieder nach Haus kam.
Die nächste Episode in meinem Leben, an die ich mich sehr gut erinnere, ist die, als ich mit elf in die St.-Paul’s-Schule kam. Dort mußte ich mich zum erstenmal in meinem Leben wirklich anstrengen. In der Volksschule hatte ich in fast allen Fächern immer die besten Noten, ohne daß ich fleißiger war als die anderen Kinder, und es störte mich auch nicht, daß man mir den Spitznamen »Swotty« gab, was soviel wie ›Streber‹ bedeutete. In St. Paul’s dagegen waren eine ganze Menge gescheite Schüler, doch in Mathematik kam keiner an mich heran. Nicht nur, daß mir dieses Fach, das so viele meiner Klassenkameraden scheuten, viel Spaß machte und Mami und Dad sich immer sehr über meine Zeugnisnoten freuten. Ich konnte es nie erwarten, bis wir die nächsten Aufgaben in Algebra und Geometrie bekamen, und sah es als Herausforderung, Rechenexempel im Kopf zu lösen, während meine Klassenkameraden noch an ihren Bleistiften kauten und über ganzen Seiten voll Zahlen brüteten.
Auch in anderen Fächern kam ich gut voran, bei Ballspielen hob ich mich dagegen nicht hervor, dafür lernte ich Cello und durfte später im Schulorchester mitspielen. Mein Klassenlehrer meinte jedoch, daß nichts davon wichtig war, weil ich ganz offensichtlich den Rest meines Lebens Mathematiker sein würde. Ich verstand damals nicht, was er meinte, da mein Dad mit vierzehn von der Schule abgegangen war, um den Obstund Gemüsekarren meines Urgroßvaters in Whitechapel zu übernehmen, und obwohl Mami auf die Universität gegangen war, mußte sie doch in der Chelsea Terrace 1 arbeiten, damit Dad »in dem Stil, an den er sich gewöhnt hat« leben konnte. Das zumindest oder Ähnliches hörte ich sie hin und wieder beim Frühstück zu ihm sagen.
Ungefähr um diese Zeit muß es gewesen sein, daß ich entdeckte, was das Wort »Bastard« tatsächlich bedeutet. Wir lasen in der Klasse laut über König Johann I., deshalb konnte ich Mr. Quilter, meinen Englischlehrer, danach fragen, ohne daß sich irgendwer übermäßig darüber gewundert hätte; zwei Mitschüler drehten sich zwar um und kicherten, aber diesmal richtete niemand einen Finger auf mich oder tuschelte. Und als ich die Bedeutung erfahren hatte, dachte ich mir noch, daß Neil Watsons Antwort gar nicht so falsch gewesen sei. Aber natürlich traf eine solche Beschuldigung nicht auf mich zu, weil meine Eltern, solange ich mich zurückerinnern kann, immer beisammen, immer Mr. und Mrs. Trumper gewesen waren.
Wahrscheinlich hätte ich mich nie wieder an diesen Vorfall erinnert, wäre ich nicht eines Nachts in die Küche geschlichen, um mir ein Glas Milch zu holen; denn da hörte ich, wie Joan Moore sich mit Harold, dem Butler, unterhielt.
»Der

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