Archer Jeffrey
abzulösen. Selwyn erwies sich als der ideale Nachfolger. Er war schlau und gründlich und gleichzeitig das ideale Gegenstück zum Vorsitzenden, da er dazu neigte, die Dinge diplomatisch anzugehen.
Tim Newman von der Handelsbank war gesellig und freundlich und unterstützte Charlie fast immer, ohne sich zu scheuen, eine gegenteilige Meinung zu äußern, wenn er befürchten mußte, daß die Finanzen der Gesellschaft in Mitleidenschaft gezogen würden. Paul Merrick, der Finanzdirektor, war dagegen weder gesellig noch freundlich und machte es nur zu oft und wortreich klar, daß er in erster Linie die Interessen der Child’s Bank und ihrer Gelder wahrte. Und Daphne stimmte selten so ab, wie man von ihr erwarten mochte, und ganz sicher war sie kein Jasager für Charlie – oder überhaupt jemanden. Mr. Baverstock, ein ruhiger, älterer Anwalt, der zehn Prozent der Gesellschaftsanteile für Hambros vertrat, sagte selten etwas, doch wenn, hörte ihm jeder aufmerksam zu, auch Daphne.
Ned Denning und Bob Makins, die inzwischen fast dreißig Jahre für Charlie arbeiteten, stellten sich so gut wie nie gegen die Wünsche des Vorsitzenden, während Simon Matthews häufig eigene Ansichten hatte, die Beckys von Anfang an hohe Meinung von ihm noch verstärkten.
»Das letzte, was wir im Moment brauchen können, ist ein Streik«, sagte Merrick. »Nicht jetzt, da es so aussieht, als wären wir aus dem Schneider.«
»Aber die Forderungen der Gewerkschaft sind unverschämt!« rief Tim Newman. »Eine Lohnerhöhung von zehn Shilling, eine Vierundvierzigstundenwoche, und alles darüber wird automatisch als Überstunden gerechnet – ich kann nur wiederholen, das ist unverschämt!«
»Die meisten anderen größeren Kaufhäuser und Geschäfte haben sich bereits damit einverstanden erklärt«, warf Merrick ein, der einen Artikel aus der Financial Times vor sich liegen hatte.
»Das Handtuch geworfen träfe es wohl genauer«, entgegnete Newman. »Ich muß den Vorstand daraufhinweisen, daß das unsere Lohn- und Gehaltsausgaben für dieses Jahr um etwa zwanzigtausend Pfund erhöhen würde – und das, noch ehe wir Überstunden in Betracht ziehen. Darunter leiden werden auf die Dauer nur unsere Aktionäre.«
»Wieviel genau verdient ein Verkäufer jetzt?« fragte Mr.
Baverstock ruhig.
»Zweihundertfünfzig Pfund im Jahr«, antwortete Arthur Selwyn, ohne nachsehen zu müssen. »Mit automatischen Lohnerhöhungen. Ein Verkäufer, der etwa fünfzehn Jahre bei Trumper ist, kommt auf etwa vierhundert Pfund.«
»Wir sind die Zahlen schon so oft durchgegangen«, sagte Charlie scharf. »Jetzt müssen wir die Entscheidung treffen – bleiben wir fest, oder geben wir den Forderungen der Gewerkschaft nach?«
»Vielleicht reagieren wir übertrieben, Herr Vorsitzender«, sagte Daphne, die bisher geschwiegen hatte. »Es könnte sich vielleicht als gar nicht so schwarz oder weiß herausstellen, wie Sie es sehen.«
Charlie bemühte sich gar nicht, seine Skepsis zu verhehlen. »Sie haben eine alternative Lösung?« Bei den Sitzungen siezte auch er sie.
»Vielleicht, Herr Vorsitzender. Überlegen wir als erstes, was auf dem Spiel steht, wenn wir unserem Personal die geforderte Lohnerhöhung geben. Zweifellos würde es an unseren Mitteln zehren, ganz zu schweigen davon, daß wir, wie die Japaner es nennen, das Gesicht verlieren würden. Andererseits, wenn wir auf die Forderungen nicht eingehen, verlieren wir möglicherweise einige der besseren ebenso wie einige der schwächeren Leute an einen unserer Hauptkonkurrenten.«
»Also, was schlagen Sie vor, Lady Wiltshire?« Charlie nannte sie immer bei ihrem Titel, wenn er zeigen wollte, daß er nicht ihrer Meinung war.
»Einen Kompromiß vielleicht«, antwortete Daphne. »Falls Mr. Selwyn das überhaupt noch für möglich hält. Wären die Gewerkschaften beispielsweise bereit, über einen Alternativvorschlag über Lohn und Arbeitszeit nachzudenken, den unser geschäftsführender Direktor mit ihnen aushandelt?«
»Ich könnte mich jederzeit mit Don Short unterhalten, dem Führer der USDAW, wenn der Vorstand es wünscht«, sagte Arthur Selwyn. »Solange ich ihn kenne, hat er sich immer als anständig und fair erwiesen und Trumper gegenüber ausnahmslos loyal in all den Jahren.«
»Der geschäftsführende Direktor in direkter Verhandlung mit dem Gewerkschaftsführer?« blaffte Charlie. »Als nächstes wollen Sie ihn auch noch im Vorstand haben!«
»Dann sollte Mr. Selwyn vielleicht einen inoffiziellen
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