Archer Jeffrey
Hand in die meine nahm. Ich stellte zu meiner großen Freude fest, daß ein bißchen Farbe in ihre Wangen zurückgekehrt war. Sie lächelte und fragte mich zum erstenmal, wie der »große Karren« dahinrumpelte.
»Wir machen Rekordgewinne«, versicherte ich ihr. »Aber viel wichtiger ist, daß in Nummer 1 alle auf dich warten.«
Sie dachte einen Augenblick darüber nach. Dann sagte sie nur: »Ich wünschte, du wärst mein Vater.«
Im Februar 1951 wurde Nigel Trentham in den Vorstand von Trumper berufen. Er bekam einen Platz neben Paul Merrick zugewiesen, dem er flüchtig zulächelte. Ich brachte es nicht fertig, ihn direkt anzusehen. Er war einige Jahre jünger als ich, hatte jedoch sichtlich größere Gewichtsprobleme, wie ich nicht ohne Schadenfreude feststellte.
Der Vorstand genehmigte die Aufwendung einer weiteren halben Million Pfund, »um die Lücke zu füllen«, wie Becky die zweitausend Quadratmeter nannte, die seit zwölf Jahren mitten in der Chelsea Terrace leergestanden hatten. »Dann wird Trumper also endlich unter einem Dach sein«, bemerkte ich. Trentham schwieg. Meine Vorstandskollegen erklärten sich außerdem mit einer Zuwendung von hunderttausend Pfund zum Wiederaufbau des Boys’ Clubs in Whitechapel einverstanden, der in »Dan Salmon Center« umbenannt werden sollte. Trentham flüsterte Merrick etwas ins Ohr.
Durch Inflation, Streiks und steigende Baukosten kam die Endabrechnung für das Trumper-Gebäude auf fast siebenhundertdreißigtausend Pfund, statt der geschätzten halben Million. Eine Folge war, daß die Gesellschaft weitere Aktien anbieten mußte, um die zusätzlichen Kosten zu decken. Eine weitere, daß der Wiederaufbau des Boys’ Club zunächst aufgeschoben werden mußte.
Die Emission war auch diesmal hoch überzeichnet, was für mich persönlich recht schmeichelhaft war, wenngleich ich befürchtete, Mrs. Trentham würde wieder ein großes Aktienpaket erstehen, beweisen konnte ich es allerdings nicht. Das verringerte natürlich meine Anteile an der Gesellschaft, und ich mußte in Kauf nehmen, daß sie zum erstenmal unter vierzig Prozent fielen.
Es war ein langer Sommer. Cathy wurde allmählich wieder kräftiger und Becky ein wenig ansprechbarer. Der Arzt erlaubte schließlich, daß Cathy ihre Arbeit in Nummer 1 wiederaufnehmen durfte. Sie kehrte am nächsten Tag ins Auktionshaus zurück, und Becky sagte, es schien fast so, als wäre sie nie weggewesen – nur daß niemand in ihrer Anwesenheit Daniel erwähnte.
Eines Abends – es muß etwa einen Monat später gewesen sein – kam ich vom Büro nach Hause und stellte fest, daß Cathy in der Halle hin und her stiefelte.
»Deine Personalpolitik ist völlig falsch«, sagte sie ohne Übergang, nachdem ich die Haustür hinter mir geschlossen hatte.
»Wie bitte, junge Dame?« fragte ich verwirrt. Sie hatte mir nicht einmal Zeit gelassen, aus meinem Mantel zu schlüpfen.
»Sie ist völlig falsch«, wiederholte sie. »Die Amerikaner sparen durch ihre Zeitstudien Tausende von Dollars in ihren Kaufhäusern, während das Personal von Trumper sich noch wie auf der Arche Noah benimmt.«
»Da gab es auch kein Woandershin«, erinnerte ich sie.
»Bis es zu regnen aufhörte«, entgegnete sie. »Charlie, du mußt dir klarwerden, daß das Unternehmen allein bei den Löhnen jährlich mindestens achtzigtausend sparen könnte. Ich bin in den letzten Wochen nicht untätig gewesen. Um es zu beweisen, habe ich alles schriftlich aufgeführt.« Sie schob mir einen Karton in die Hände und marschierte davon.
Nach dem Dinner kramte ich über eine Stunde in diesem Karton und las Cathys vorläufige Feststellungen. Ihr war eine Überbesetzung von Arbeitsstellen aufgefallen, die uns allen entgangen war. Sie beschrieb auf ihre charakteristische Weise in allen Einzelheiten, was getan werden konnte, ohne Schwierigkeiten mit den Gewerkschaften zu bekommen.
Beim Frühstück am nächsten Tag erläuterte mir Cathy ihre Vorstellungen weiter, als wäre überhaupt keine Nacht vergangen. »Hörst du mir überhaupt noch zu, Herr Vorsitzender?« fragte sie. Sie nannte mich immer »Herr Vorsitzender«, wenn sie mir etwas klarmachen wollte. Ich war sicher, daß sie das von Daphne abgeschaut hatte.
»Du redest eine Menge daher«, antwortete ich, was sogar Becky über den Rand ihrer Zeitung blicken ließ.
»Soll ich dir beweisen, daß ich recht habe?« fragte Cathy.
»Nur zu.«
Von diesem Tag an stieß ich bei meinen vormittäglichen Runden hin und wieder auf Cathy, jedesmal in
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