Archer Jeffrey
Beispiel, die er am Vormittag dem Ausschuß vorgeschlagen hatte, oder wie ein seniler Trottel am Nachmittag die Zeit des Oberhauses mit endlosen Ergänzungs- und Änderungsvorschlägen für den Gesetzesentwurf zur Hasenjagd vergeudet hatte.
Als Großbritannien 1970 erneut mit der Aufnahme in die EWG rechnete, erzählte Charlie seiner Frau, daß ihn der Oberbonze angegangen habe, einen Unterausschuß über Nahrungsmittelverteilung in Europa zu leiten, und er es als seine Pflicht angesehen habe anzunehmen. Von diesem Tag an fand Becky jeden Morgen, wenn sie zum Frühstück hinunterkam, zahllose Seiten Sitzungsprogramme oder den Hansard, das Tageblatt der Lords, von Charlies Arbeitszimmer bis zur Küche verstreut, wo sie die übliche Nachricht vorfand, daß er wieder an einer frühen Sitzung des Unterausschusses teilnehmen mußte oder an einer Besprechung mit irgendeinem Befürworter der Aufnahme Großbritanniens in die EWG vom Kontinent, der sich gerade in London aufhielt. Bis dahin hatte Becky keine Ahnung gehabt, wieviel Arbeit von einem Oberhausmitglied erwartet wurde.
Becky hielt sich durch einen regelmäßigen Montagvormittagbesuch über Trumper auf dem laufenden. Sie wählte stets einen Zeitpunkt, wenn das Geschäft verhältnismäßig ruhig lief, und zu ihrer eigenen Überraschung wurde sie Charlies Hauptinformationsquelle über das, was sich im Kaufhaus tat.
Sie genoß es jedesmal, ein paar Stunden durch die verschiedenen Abteilungen zu bummeln, und ihr entging dabei nicht, wie rasch die Mode sich änderte und daß es Cathy immer gelang, ihren Konkurrenten einen Schritt voraus zu sein, ohne jedoch Stammkunden Grund zu geben, sich über unnötige Änderungen zu beklagen.
Beckys letzter Besuch galt zwangsläufig dem Auktionshaus, um sich die Gemälde anzusehen, die bei der nächsten Versteigerung unter den Hammer kommen sollten. Es war schon eine ganze Weile her, daß sie ihre Verantwortung auf Richard Cartwright, den früheren Chefauktionator, übertragen hatte, aber er war immer für sie da, führte sie herum und zeigte ihr die Bilder, die für die nächste Auktion ausgestellt waren. »Diesmal kleinere Impressionisten«, sagte er.
»Aber jetzt zu größeren Preisen«, entgegnete Becky, während sie Werke von Pissaro, Bonnard, Vuillard und Dufy betrachtete. »Wir müssen aufpassen, daß Charlie nicht von diesen Bildern hört.«
»Hat er bereits«, warnte Richard sie. »Am vergangenen Donnerstag schaute er auf dem Weg zum Oberhaus herein. Er hat sich gleich drei reservieren lassen und sich sogar die Zeit genommen, sich über die Preise zu beschweren. Er hat behauptet, er hat erst vor ein paar Jahren ein großes Ölgemälde von Renoir, L’homme a la peche, für den Preis bekommen, den wir jetzt für ein kleines Pastell von Pissaro von ihm verlangen, das nichts weiter als ein Entwurf für ein größeres Werk war.«
»Ich vermute, da könnte er recht haben«, sagte Becky, während sie durch den Katalog blätterte, um sich die verschiedenen Schätzungen anzusehen. »Und der Himmel helfe Ihrer Bilanz, wenn er herausfindet, daß Sie den Mindestpreis für irgendwelche Bilder, an denen er interessiert ist, nicht erreicht haben. Als ich die Galerie führte, nannten wir ihn unseren ›Verlustführer‹.«
Während sie sich noch unterhielten, kam eine Verkäuferin auf sie zu, grüßte Lady Trumper höflich und händigte Richard einen Zettel aus. Er las die Nachricht, dann wandte er sich an Becky. »Die Vorsitzende läßt fragen, ob Sie so freundlich wären und zu ihr kommen, ehe Sie gehen. Sie möchte etwas Dringendes mit Ihnen besprechen.«
Richard begleitete sie zum Aufzug im Erdgeschoß, wo Becky sich bedankte, daß er sich soviel Zeit für eine alte Dame genommen hatte.
Während der Fahrstuhl schwerfällig hinauffuhr – auch hier würde es nach dem Renovierungsplan Änderungen geben –, überlegte Becky, was Cathy so Wichtiges von ihr wollte, und sie hoffte nur, daß sich nicht etwas Unerwartetes ergeben hatte und sie nicht zum Dinner kommen konnte, denn heute abend würden David und Barbara Field ihre Gäste sein.
Obwohl Cathy vor anderthalb Jahren vom Eaton Square in eine eigene, geräumige Wohnung in Chelsea Cloisters umgezogen war, aßen sie doch mindestens einmal im Monat zusammen zu Abend, und Cathy wurde immer eingeladen, wenn die Fields oder Bloomingdales in der Stadt waren. Becky wußte, daß David Field, der nach wie vor im Vorstand des großen Chicagoer Kaufhauses saß, enttäuscht wäre, wenn er
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