Archer Jeffrey
zurück, suchte die Nummer heraus und stellte, nachdem sie verbunden war, zu Cathys Büro durch, wo Becky den Hörer abnahm.
»Haus der Lords?« fragte Becky. »Die Nachrichtenannahme bitte … Mr. Anson, sind Sie es? Oh – nun, ich möchte trotzdem eine dringende Nachricht für Lord Trumper hinterlassen … Ja, von Whitechapel … Ja, ich glaube, er ist an diesem Vormittag im Unterausschuß für Nahrungsmittelverteilung. … Sind Sie sicher? … Das ist doch nicht möglich. Kennen Sie denn meinen Mann? … Nun, da bin ich erleichtert. … Oh, wirklich? Wie interessant … Nein, danke … Nein, ich werde keine Nachricht hinterlassen, und bitte belästigen Sie Mr. Anson nicht. Auf Wiederhören.«
Becky legte auf und sah, daß Cathy und Jessica sie wie zwei Kinder anstarrten, die auf das Ende einer Gutenachtgeschichte warteten.
»Charlie wurde heute vormittag nicht im Haus der Lords gesehen. Es gibt überhaupt keinen Unterausschuß für Nahrungsmittelverteilung. Ja, er ist nicht einmal ein Mitglied des Landwirtschaftsausschusses, und mehr noch, man hat ihn seit drei Monaten nicht mehr im Oberhaus gesehen.«
»Das verstehe ich nicht«, sagte Cathy. »Wie hast du ihn dann bisher erreicht?«
»Über eine Nummer, die mir Charlie gegeben hat. Ich kenne sie leider nicht auswendig, aber sie liegt zu Haus neben dem Telefon. Mr. Anson, ein Bote der Lords, antwortet gewöhnlich, und er weiß immer genau, wo Charlie zu jeder Tages- oder Nachtstunde zu erreichen ist.«
»Und gibt es diesen Mr. Anson?« fragte Cathy.
»O ja«, antwortete Becky. »Aber er arbeitet in einem anderen Stockwerk im Oberhaus, und ich wurde mit der allgemeinen Nachrichtenannahme verbunden.«
»Und was geschieht normalerweise, wenn du mit Mr. Anson gesprochen hast?«
»Charlie ruft mich gewöhnlich innerhalb der nächsten Stunde zurück.«
»Es gibt also keinen Grund, weshalb du jetzt nicht Mr. Anson anrufen könntest?«
»Ich möchte eigentlich nicht«, gestand Becky. »Ich würde lieber herausfinden, was Charlie in den letzten beiden Jahren getan hat. Denn eins steht fest, Mr. Anson wird es mir bestimmt nicht verraten.«
»Aber Mr. Anson kann doch nicht der einzige sein, der Bescheid weiß«, meinte Cathy. »Schließlich lebt Charlie nicht in einem Vakuum.« Beide wandten sich Jessica zu.
»Sehen Sie nicht mich an«, sagte Jessica. »Er hat sich nicht mehr mit mir in Verbindung gesetzt, seit Sie ihn aus der Chelsea Terrace verbannt haben. Wenn nicht Stan hin und wieder zum Mittagessen in die Kantine käme, wüßte ich nicht einmal, daß es Charlie noch gibt.«
»Natürlich!« Becky schnippte mit den Fingern. »Stan muß wissen, was vorgeht. Schließlich holt er Charlie jeden Morgen ab und bringt ihn abends wieder heim. Charlie kann unmöglich irgendwas tun, ohne seinen Fahrer ins Vertrauen zu ziehen.«
»Stimmt.« Cathy schaute in ihren Terminkalender. »Jessica, bitte sagen Sie meine Verabredung zum Lunch mit dem Geschäftsführer von Moss Brothers ab. Dann geben Sie meiner Sekretärin Bescheid, daß ich keine Anrufe annehmen und nicht gestört werden will, jedenfalls nicht, bis ich herausgefunden habe, welches Spielchen unser Präsident treibt. Und lassen Sie doch bitte nachsehen, ob Stan in der Kantine ist, und wenn ja, dann geben Sie mir bitte gleich Bescheid.«
Jessica rannte fast aus dem Zimmer, und Cathy wandte sich wieder Becky zu.
»Glaubst du, er hat ein Verhältnis?« fragte Becky leise.
»Tag und Nacht seit fast zwei Jahren – und das mit Siebzig? Wenn ja, dann sollten wir ihn als den Bullen des Jahres in der Königlichen Landwirtschaftsausstellung anmelden.«
»Aber was macht er dann?«
»Also, ich könnte mir denken, daß er an seiner Dissertation an der Londoner Universität arbeitet«, meinte Cathy. »Es hat Charlie immer gewurmt, wenn du ihn aufgezogen hast, weil er sein Studium nicht wirklich zu Ende gebracht hat.«
»Aber dann hätte ich doch seine Lehrbücher und Aufzeichnungen im Haus herumliegen sehen.«
»Das hast du, nur waren es die Bücher und Papiere, die du sehen solltest. Nach allem, was du mir erzählt hast, brauchst du dich doch bloß zu erinnern, wie geschickt er es angestellt hat, als er sein Bakkalaureat gemacht hat. Er hat dich acht Jahre lang an der Nase herumgeführt.«
»Ich weiß nicht. Vielleicht hat er eine Stelle bei einem unserer Konkurrenten angenommen.«
»Das wäre nicht seine Art«, wehrte Cathy ab. »Dazu ist er viel zu loyal. Außerdem hätten wir dann innerhalb von wenigen Tagen erfahren, bei welchem
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