Archer Jeffrey
er sie für so leichtgläubig hielt.
Plötzlich fiel Daphne ein, bei wem sie Rat suchen konnte. Sie griff nach dem Telefon, und nachdem sie das Amt um eine Nummer in Chelsea gebeten hatte, stellte sie erfreut fest, daß der Colonel noch zu Hause war.
»Ich wollte gerade zum Mittagessen in meinen Club, Daphne. Aber sagen Sie es ruhig, wenn ich irgendwas für Sie tun kann.«
»Ich muß dringend mit Ihnen sprechen, doch es geht um etwas, das ich nicht dem Telefon anvertrauen möchte«, erklärte sie ihm.
»Ich verstehe«, sagte der Colonel und machte eine kleine Pause, bevor er fortfuhr: »Wenn Sie nichts anderes vorhaben, dann essen Sie doch mit mir im In and Out zu Mittag. Ich werde meine Reservierung auf das Damenzimmer umändern.«
Daphne nahm die Einladung dankbar an, und nachdem sie ihr Make-up überprüft hatte, fuhr Hoskins sie zum Piccadilly, so daß sie nur wenige Minuten nach ein Uhr im Naval and Military ankam.
Der Colonel stand in der Eingangshalle und wartete auf sie. »Das ist eine angenehme Überraschung«, sagte Sir Danvers. »Es kommt nicht jeden Tag vor, daß ich mit einer schönen jungen Dame speise. Das wird mein Ansehen im Club heben. Ich werde jedem Admiral und General zuwinken.«
Als er sah, daß Daphne nicht über seinen kleinen Witz lachte, wurde seine Miene unvermittelt ernst. Er nahm sanft ihren Arm und führte sie zum Damenspeisezimmer. Kaum hatte er ihre Bestellung der Bedienung schriftlich aufgegeben, holte Daphne Guys Brief aus der Tasche und reichte ihn wortlos dem Colonel.
Sir Danvers klemmte sein Monokel in das gute Auge und las. Hin und wieder blickte er zu Daphne hinüber und bemerkte, daß sie die inzwischen servierte Suppe nicht anrührte.
»Unangenehme Sache«, sagte er, als er den Brief in den
Umschlag zurücksteckte und ihn Daphne wiedergab. »Was soll ich tun?«
»Nun, eines ganz bestimmt nicht: mit Charlie oder Becky
darüber reden. Ich wüßte auch nicht, wie es sich vermeiden ließe, daß Sie Trentham mitteilen, Sie würden sich gezwungen sehen, die Wahrheit zu sagen, falls man Ihnen die direkte Frage stellte, wer das Kind gezeugt hat.« Er machte eine Pause und hob die Suppentasse an die Lippen. »Ich schwöre, ich werde nie wieder mit Mrs. Trentham reden«, fügte er ohne Erklärung hinzu.
Die Bemerkung verblüffte Daphne; sie hatte bisher nicht einmal gewußt, daß der Colonel der Frau je begegnet war.
»Vielleicht bringen wir mit vereinten Kräften eine passende Antwort zustande.« Der Colonel unterbrach sich, als die Bedienung den Hauptgang servierte.
»Wenn Sie mir helfen könnten, wäre ich Ihnen unendlich dankbar«, sagte Daphne nervös. »Doch zuerst sollte ich Ihnen wohl alles erzählen, was ich weiß.«
Der Colonel nickte.
»Wie Sie sich bestimmt denken können, ist es meine
Schuld, daß die beiden sich überhaupt kennenlernten …« Als Daphne mit ihrer Geschichte zu Ende war, war der
Teller des Colonels leer.
»Ich wußte das meiste davon bereits.« Der Colonel betupfte
mit einer Serviette die Lippen. »Aber Sie haben die eine oder
andere Lücke gefüllt. Ich muß gestehen, ich hatte keine
Ahnung, daß Trentham ein solcher Schuft ist. Wenn ich es jetzt
bedenke, hätte ich mich genauer über ihn informieren müssen,
ehe ich zustimmte, daß er für das Militärverdienstkreuz
vorgeschlagen wurde.« Er erhob sich. »Wären Sie so lieb und
entschuldigen mich ein paar Minuten – vielleicht blättern Sie in
einer Zeitschrift im Kaffeezimmer –, dann bemühe ich mich
um einen ersten Entwurf.«
»Tut mir leid, daß ich Sie so belästige«, entschuldigte sich
Daphne.
»Im Gegenteil, ich fühle mich geschmeichelt, daß Sie mich
Ihres Vertrauens würdig erachten.« Er ging hinüber ins
Schreibzimmer. Es dauerte fast eine Stunde, ehe er wiederkam.
Daphne las inzwischen schon zum zweitenmal die
Stellenangebote für Kindermädchen in der Lady .
Hastig legte sie die Zeitschrift auf den Tisch zurück und
straffte die Schultern. Der Colonel reichte ihr das Ergebnis
seiner Mühe, und Daphne studierte es mehrere Minuten, ehe
sie etwas sagte.
»Gott weiß, was Guy tun würde, wenn ich ihm einen
solchen Brief schickte«, murmelte sie schließlich.
»Er wird sein Offizierspatent abgeben, meine Liebe, so
einfach ist das. Und alles andere als zu früh, würde ich
meinen.« Der Colonel runzelte die Stirn. »Es ist höchste Zeit,
daß man Trentham die Konsequenzen seines schuftigen
Benehmens klarmacht, und nicht nur wegen der
Verpflichtungen, die er immer noch
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