Archer Jeffrey
und war mir natürlich bewußt, daß mir die Augen des halben Bataillons folgten –, verbeugte mich vor der jungen Dame und bat sie um die Ehre eines Tanzes.
Sie war, wie ich erfuhr, eine Miss Salmon, und sie tanzte wie eine Offiziersgattin. Gescheit war sie auch und putzmunter. Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, weshalb Trumper sie so vernachlässigte, und wenn es mich etwas angegangen wäre, hätte ich ihm meine Meinung gesagt.
Nach dem Tanz nahm ich Miss Salmon mit an unseren Tisch, um sie mit Elizabeth bekannt zu machen, die sie offenbar ebenso bezaubernd fand. Später erzählte die Memsahib mir, sie habe erfahren, das Mädchen sei mit einem Captain Trentham vom Regiment verlobt, der jetzt in Indien stationiert war. Trentham, Trentham … Ich erinnerte mich, daß es einen jungen Offizier dieses Namens im Bataillon gab – hatte an der Marne das Militärverdienstkreuz bekommen –, aber da war noch etwas mit ihm, was mir momentan nicht einfiel. Armes Mädchen, dachte ich, denn ich hatte Elizabeth so was Ähnliches zugemutet, als sie mich 1882 nach Afghanistan versetzt hatten. Hat mich ein Auge gekostet durch die verdammten Afghanen und fast auch die einzige Frau, die ich je geliebt habe. Es wird nun mal nicht gern gesehen, wenn man heiratet, ehe man Captain ist – und nachdem man Major ist, auch nicht.
Auf dem Heimweg eröffnete mir Elizabeth, daß sie Miss Salmon und Trumper am folgenden Morgen in die Tregunter Road eingeladen habe.
»Warum?« fragte ich.
»Es sieht aus, als hätten sie dir einen Vorschlag zu machen.« Sie kamen in unserem Häuschen in der Tregunter Road an,
während meine Standuhr noch dabei war, zehn Uhr zu schlagen. Ich bot ihnen Platz im Wohnzimmer an, dann fragte ich Trumper: »Nun, worum geht es, Sergeant?« Er machte keine Anstalten zu antworten, denn wie sich herausstellte, war Miss Salmon die Sprecherin für sie beide. Ohne ein überflüssiges Wort lud sie mich auf sehr überzeugende Weise ein, in ihrem kleinen Unternehmen einzusteigen, als stiller Teilhaber sozusagen, gegen eine Vergütung von hundert Pfund pro Jahr. Obwohl das Ganze nicht gerade meine Kragenweite war, rührte mich ihr Vertrauen und ich versprach, ich würde mir ihr Angebot durch den Kopf gehen lassen. Tatsächlich versprach ich, ich würde ihnen schreiben und sie meine Entscheidung in Kürze wissen lassen.
Elizabeth pflichtete meiner Meinung in dieser Sache voll bei, riet mir jedoch, erst einmal selbst ein bißchen die Lage auszukundschaften, ehe ich das Ansinnen ausschlug.
Die nächsten paar Tage hielt ich mich häufiger in der Nähe von Chelsea Terrace 147 auf. Ich saß meist auf der Bank gegenüber dem Laden, von wo aus ich, ohne selbst gesehen zu werden, beobachten konnte, wie sie ihrem Geschäft nachgingen. Aus verständlichen Gründen wählte ich verschiedene Tageszeiten für meine Beobachtungen. Manchmal erschien ich gleich in der Früh, an anderen Tagen während der Stoßzeit, dann wieder am Spätnachmittag. Einmal wartete ich sogar, bis sie den Laden schlossen; dabei wurde mir klar, daß Sergeant Trumper nicht zu denen gehörte, die es nicht erwarten konnten, bis Feierabend war. Nummer 147 erwies sich in dieser Straße als das Geschäft, das am längsten für seine Kundschaft offenhielt. Ich will nicht verhehlen, daß ich sowohl von Trumper wie von Miss Salmon einen sehr guten Eindruck gewann. Ein fleißiges Paar, versicherte ich Elizabeth nach meinem letzten Beobachtungstag.
Vor einigen Wochen hatte der Kurator des Imperial War Museum vorsichtig bei mir angeklopft, ob ich nicht dem Museumsausschuß beitreten wolle, und um ehrlich zu sein, waren Salmon-Trumper die einzigen anderen, die an mich herangetreten waren, seit ich im vergangenen Jahr meine Sporen an den Nagel gehängt hatte. Da der Kurator keine Bezahlung erwähnt hatte, nahm ich an, daß keine vorgesehen war, und aus den Aufzeichnungen der letzten Ausschußsitzung zu schließen, die man mir zum Durchblättern geschickt hatte, würde mich dieser Ehrenposten kaum mehr als eine Stunde meiner Zeit die Woche kosten.
Nach eingehendster Überlegung, einem Plausch mit Miss Daphne Harcourt-Browne und so manchen ermutigenden Tönen von Elizabeth – die gar nicht so erfreut war, wenn ich den ganzen Tag nur im Haus herumhockte –, schrieb ich Miss Salmon ein paar Zeilen auf Clubbriefpapier, um sie wissen zu lassen, daß ich einverstanden war.
Am folgenden Morgen wurde mir klar, worauf ich mich eingelassen hatte, denn die junge Dame erschien
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