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Archer, Jeffrey

Archer, Jeffrey

Titel: Archer, Jeffrey Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abels Tochter
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Tredgold, um keine ungenaue Antwort zu geben, heimlich in ihrem Zimmer die Encyclopaedia Britannica zu Rate ziehen.
    Mit fünf Jahren kam Florentyna in die Vorschulklasse Latin School von Chicago, wo sie nach einer Woche um eine Stufe vorrückte, weil sie ihren Altersgenossen weit überlegen war. Ihre Welt schien heil. Sie hatte eine Mama und einen Papa, sie hatte Miss Tredgold und Franklin D.
    Roosevelt. Und soweit sie es beurteilen konnte, schien nichts unerreichbar.
    Nur die »besten Familien«, wie Abel es nannte, schickten ihre Kinder in die Latin School. Als Miss Tredgold ein paar Freundinnen Florentynas zum Tee einlud, wurden die Einladungen höflich zurückgewiesen.
    Miss Tredgold war schockiert. Florentynas engste Freundinnen, Mary Gill und Susie Jacobson, kamen regelmäßig; andere Eltern aber erfanden durchsichtige Ausreden, um abzulehnen, und Miss Tredgold wurde allmählich klar, daß der Chicago-Baron zwar die Ketten der Armut abgestreift, aber noch keinen Zutritt in die Salons von Chicago hatte. Zaphia gab sich keinerlei Mühe, andere Eltern kennenzulernen, geschweige denn, einem der Wohltätigkeitskomitees oder Clubs beizutreten, denen so viele anderen Eltern angehörten.
    Miss Tredgold tat ihr möglichstes, aber da sie in den Augen der meisten Eltern nur eine Angestellte war, fiel es ihr nicht leicht. Sie betete, Florentyna möge diese Vorurteile nie zu spüren bekommen. Leider betete sie vergeblich.
    Florentyna absolvierte spielend und als eine der Besten die erste Klasse; nur ihre Größe erinnerte daran, daß sie ein Jahr jünger war als die anderen.
    Abel war viel zu beschäftigt mit dem Aufbau seines Imperiums, als daß er sich um seinen sozialen Status oder Miss Tredgolds Probleme kümmern konnte. Die Hotelgruppe florierte, und 1938 war Abel imstande, seinem Geldgeber den Kredit zurückzuzahlen. Trotz des großen Bauprogrammes prophezeite Abel für dieses Jahr einen Profit von zweihundertfünfzigtausend Dollar.
    Seine wirklichen Sorgen betrafen weder seine Tochter noch die Hotels; sie betrafen die achttausend Kilometer entfernte Heimat. Seine schlimmsten Befürchtungen bewahrheiteten sich am 1. September 1939, als Hitler in Polen einmarschierte und England zwei Tage später Deutschland den Krieg erklärte. Abel dachte ernstlich daran, seinem Freund George die Leitung der Hotels zu überlassen – George erwies sich als vertrauenswürdiger Vertreter – und nach London zu fahren, um in die polnische Exilarmee einzutreten. Nur mit Mühe konnten Zaphia und George ihm die Idee ausreden, und sofort konzentrierte sich Abel darauf, dem Britischen Roten Kreuz soviel Bargeld wie möglich zu schicken und gleichzeitig die demokratischen Politiker zu bestürmen, in den Krieg einzutreten.
    »F.D.R. braucht jetzt alle seine Freunde«, hörte Florentyna ihren Vater sagen.

    Ende 1939 wurde Abel mit Hilfe eines kleinen Kredits der First City Bank von Chicago der alleinige Eigentümer der Baron-Gruppe. In seinem jährlichen Bericht sagte er für das Jahr 1940 einen Gewinn von mehr als einer halben Million Dollar voraus.
    Franklin D. Roosevelt – der mit den roten Augen und dem flaumigen braunen Pelz – wich kaum je von Florentynas Seite, als sie die zweite Klasse besuchte. Miss Tredgold fand, daß die Zeit gekommen war, F.D.R. zu Hause zu lassen, und unter normalen Umständen hätte sie auch darauf bestanden; nach ein paar Tränen wäre die Angelegenheit vergessen gewesen. Doch sie ließ dem Kind gegen ihr besseres Wissen seinen Willen; es war ein Entschluß, der sich als einer von Miss Tredgolds wenigen Fehlern erweisen sollte.
    Jeden Montag hatten die Jungen und Mädchen der Latin School gemeinsam Französischunterricht bei Mademoiselle Mettinet. Für alle, mit Ausnahme von Florentyna, war es die erste mühsame Einführung in eine fremde Sprache.
    Als die Klasse boucher, boulanger und êpicier deklamier-te, begann Florentyna mehr aus Langeweile als aus Ungehorsam ein französisches Gespräch mit F.D.R. Ihr Nachbar, ein großer, eher fauler Junge namens Edward Winchester, der offenbar nicht imstande war, den Unterschied zwischen le und la zu begreifen, zischte ihr zu, sie solle aufhören, sich so aufzuspielen. Florentyna wurde rot.
    »Ich hab nur versucht, F.D.R. den Unterschied zwischen weiblich und männlich zu erklären.«
    »Wirklich?« fragte Edward. »Nun, ich will dir den Unterschied einmal zeigen, Mademoiselle Besserwisser.«
    Wütend packte er den Teddybären und riß ihm einen Arm aus. Wie gelähmt

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