Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
und morgen sieht die Welt schon wieder besser aus.“
Der aber hörte Eryn gar nicht zu. „Er weiß es. Er weiß es“, murmelte er entgeistert vor sich hin, während Eryn amüsiert an jenen Tag zurückdachte:
Zu schade, dass ich dir die Geschichte nicht so erzählen kann, wie sie sich wirklich zugetragen hat, mit den Ratespielen und Prinzenpapi. Das war echt komisch . „Lass mich schlafen und hör auf, dich weiter zu grämen. Es bringt ja doch nichts.“
Ravenor war viel zu aufgewühlt: „Ich nehme die erste Wache, mir ist gerade überhaupt nicht mehr nach Schlafen zumute. Mein letzter Funke ‚Glauben an das Gute‘ ist gerade erloschen.“
Wenn er unbedingt will, sage ich nicht nein. Ich zumindest bin hundemüde. Eryn rollte sich in seine Decke und murmelte: „Er hat es dir durchgehen lassen.“
Doch Ravenor fand diesen Umstand keineswegs beruhigend: „Er weiß es“, hauchte er leise in die Dunkelheit der Nacht.
Der nächste Tag brachte Regen. Kein heftiger Niederschlag, sondern ein stetiges Nieseln. Sie redeten nicht viel miteinander. Ravenor war mit seinen Gedanken noch bei der gestrigen Enthüllung und Eryns Gedanken kreisten um den Ort, den sie bald erreichen würden.
Endlich hörte der Regen auf, der Himmel aber war weiterhin von Wolken bedeckt. In seiner Erinnerung sah Eryn immer noch das Haus, wie es früher gewesen war. Doch als er den letzten Hügel erklomm, der noch die Sicht versperrt hatte, da schwand das Bild seiner Erinnerung und sein Blick streifte nur über wilde Natur. Nicht viel erinnerte noch daran, dass hier einst ein Haus gestanden hatte. Eryn glitt aus dem Sattel. Es gab eine Feuerstelle, die vor noch nicht allzu langer Zeit in Gebrauch gewesen war und darauf hindeutete, dass der Ort als Lagerplatz genutzt worden war. Eryn ging daran vorbei und blieb vor einem kleinen Hügel stehen.
Erst auf den zweiten Blick fiel auf, dass es keine natürliche Geländeform war, sondern die Reste von Mauern und Balken. Schweigend starrte er auf die Trümmer, als Ravenor neben ihn trat.
„Ist es das?“
Eryn nickte stumm: „Es ist seltsam, wieder hier zu sein.“
Dabei kämpfte er mit seinen Gefühlen. Da war Freude in Erinnerung an die glücklichen Tage, die er hier erlebt hatte, aber auch Trauer darüber, wie es geendet hatte. Aus und vorbei.
Er zwang sich loszulassen und richtete seinen Fokus auf die Gegenwart.
„Fangen wir an. Wir müssen die Trümmer nach alten Sachen durchsuchen. Grabwerkzeug wäre jetzt gut.“ Ravenor runzelte die Stirn: „Haben wir aber nicht mitgenommen.“
Daran hätte ich denken sollen. „Es gibt noch andere Häuser weiter oben. Sehen wir nach, ob wir was finden können.“
Auf ihrer Suche mussten sie feststellen, dass auch die anderen Häuser zum größten Teil Opfer der Flammen geworden waren. Letztendlich fanden sie doch, was sie suchten. Das Blatt einer Schaufel, die Ravenor dann mit einem neuen Stiel versah und weiteres Werkzeug, welches ihnen nützlich sein konnte. Sie rissen das Gras aus, dessen Wurzeln im Ascheboden wenig Halt gefunden hatten. Dann gruben sie den Boden um und zogen die Reste verkohlter Balken beiseite.
Ihre Bemühungen dauerten über eine Woche und in Anbetracht dessen war die Ausbeute ziemlich mager. Eine Gürtelschnalle, die Bron, Eryns Vater, gehört hatte, Scherben einer Schüssel, Reste eines Bestecks und im ehemaligen Keller, den sie erst mühsam freilegen mussten, Werkzeug und ein Messer. Ravenor hatte schon am zweiten Tag angefangen zu murren und war erst wieder guter Dinge, als Eryn endlich von Aufbruch sprach. Doch es ging nicht zurück in Ravenors geliebte Zivilisation, sondern zur Hütte der Finngul, der alten weisen Frau der Fenn. Auch diese Behausung war verfallen und dem Anschein nach geplündert worden. Was Eryn nicht daran hinderte den restlichen Kram, den er noch fand, mitzunehmen.
„Hoffentlich sieht keiner, was wir hier mit uns schleppen“, bemerkte Ravenor. „Die Leute müssen uns ja für bekloppt halten. Bei dem Zeug, das wir hier zusammengetragen haben. Lauter Müll! Die werden sagen: „Seht ihr, dass passiert mit Männern, die zu lange in diesen Bergen bleiben. Sie verlieren den Verstand.“
Eryn ging gar nicht darauf ein. Wenn er auf alles eingegangen wäre, was Ravenor so von sich gab... Aber Ravenor dachte nicht daran, seinen Monolog zu beenden:
„Wie lange braucht es, bis man hier oben verrückt wird? Da gibt’s ja gar nichts, abgesehen von ein paar wilden Tieren. Und kalt ist es
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