Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
obendrein. Du willst nicht etwa noch auf einen dieser schneebedeckten Berggipfel? Ich meine, nur zu deiner Sicherheit, wäre es nicht besser, wieder aus dem Unhaer herauszukommen? Und was ist, wenn die Ringe ihre Kraft verlieren? Das ist doch hier alles Unhaer, oder? Ich merk da nämlich keinen Unterschied.“
Genervt zügelte Eryn sein Pony: „Ravenor halt doch endlich die Klappe. Ich habe Erinnerungen an diesen Ort und …ich möchte kurz in Ruhe in mich gehen und daran denken können.“
Sie waren an einem kleinen Teich angekommen, der für Ravenor sehr gewöhnlich aussah.
Also tat er, trotz Eryns ‚Bitte‘ von vorhin, seine Meinung kund: „So geht das schon die ganzen letzten Tage. Du findest überall Orte, an denen du dann gedankenverloren stehen bleibst. Was ist hier so besonderes passiert?“
„Ach nichts, komm lass uns weiterreiten.“
Und Ravenor wurde hellhörig. Wenn Eryn das so sagt, dann steckt da mit Sicherheit mehr dahinter: „Vertraust du mir nicht? Ich dachte wir wären Freunde. Ich behalt’s auch für mich. Wem sollte ich es hier oben schon erzählen? Den Hasen?“
Ravenor kann eine echte Nervensäge sein : „Also gut. Aber ich warne dich, behalt deine Kommentare für dich. Hier habe ich Aileen beim Baden zugesehen.“ Wenn Eryn gehofft hatte, Ravenor würde jetzt schweigen, dann lag er falsch.
„War das die, mit der du nie was hattest?“
„Aileen war wunderschön und ich habe sie geliebt. Wusstest du, dass ich wegen ihr meine damalige Weltanschauung verraten habe?“
Vielleicht war es ein Fehler mit Ravenor darüber zu reden, aber Eryn wollte diese Bürde seiner Seele einfach loswerden. Und Reden half ihm dabei.
Zum Glück zog Ravenor ihn nicht weiter auf, sondern blieb ernst: „Ich dachte der Bann hätte das bewirkt.“
„Nein, das war später. Ich war schon geraume Zeit ‚Gast‘ im Keller der Zitadelle und hatte sehr unschöne Begegnungen mit Meister Raiden. Viel schlimmer als das, was er uns jetzt gelegentlich antut. Nennen wir es getrost: Folter. Er wollte, dass ich meinen alten Werten abschwöre und ich kann dir sagen, ich war so nahe daran gewesen, aufzugeben. Jeden Tag dachte ich: Tu es einfach, gib nach und erspar dir weiteres Leid. Ich konnte es kaum mehr ertragen und doch war da immer noch dieser kleine Rest von Willenskraft, der mich aushalten ließ. Wahrscheinlich hätte ich auch so irgendwann nachgegeben, aber dann brachte so ein verdammter Hurensohn Aileen zur Zitadelle. Zuvor wusste ich nicht, ob sie überhaupt noch lebte. Dachte, sie wäre in den Bergen umgekommen, wie alle anderen auch. Aber dann erfuhr ich, dass dieses Schwein sie vergewaltigt hatte und sie gefangen hielt.
Um sie zu retten habe ich meinen Werten abgeschworen, obwohl sie mich davon abhalten wollte. Sie hat bis zuletzt an unsere alten Werte geglaubt und daran festgehalten.“
Eryn schwieg und als die Stille drückend wurde, fragte Ravenor: „Und, hast du sie retten können?“
Auf der spiegelglatten Fläche des kleinen Teiches reflektierte sich die Sonne und Eryn verlor sich in dem Bild: „Ja, ich habe das erste Mal meinen Stolz hinuntergeschluckt und habe Prinz Raiden um ihre Freiheit gebeten, als Gegenleistung für meine Unterwerfung. Er hat daraus ein Spiel gemacht. Aileen bekam Ausrüstung und einen guten Vorsprung. Danach konnte dieser Bastard ihr nachsetzen und versuchen, sie wieder einzufangen.“
Ravenor scherzte: „Beleidige die Bastarde nicht. Da bin ich empfindlich. Und hat er sie wieder eingefangen? Das scheint mir ein schlechter Handel gewesen zu sein. Schließlich ist sie ja nur eine Frau.“
„Pha, du würdest dich wundern. Sie ist besser mit dem Bogen als du und dieser Branden Hold hatte nicht den Hauch einer Chance sie einzuholen. Ich hoffe sogar inständig, dass sie ihm seine Verbrechen heimgezahlt hat. Wenn dir jemals Branden Hold über den Weg läuft, dann stoße ihm dein Schwert direkt ins Herz, mit einem Gruß von mir.“
Ravenor legte seine Hand auf den Schwertknauf: „Werd’s mir merken. Tu ich gern für einen Freund. Und diese Aileen ist wirklich so gut mit dem Bogen?“, fragte er nochmals ungläubig nach.
Mit einem Schenkeldruck setzte Eryn sein Pony wieder in Bewegung: „Ist sie. Andererseits ist es auch nicht sehr schwer, gegen dich im Bogenschießen zu gewinnen.“
„Mag sein, aber sie ist ja nur eine Frau.“
Für Ravenor waren Frauen liebliche Wesen, die für sein Vergnügen da waren, aber nicht zum Kämpfen taugten und schon gar nicht einem
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