Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
schon erschreckend gefunden, dass seine Großmutter sich dem horizontalen Gewerbe verschrieben hatte, so fehlten ihm alle Worte, als dann der rüde Seebär auftauchte.
Das kann nicht wahr sein und witzig ist das auch nicht . „Seid Ihr sicher, Meister Raiden? Es ist nicht bewiesen, dass dieser Mann mein Großvater ist.“
„Unzutreffende Bemerkungen für später aufsparen oder am besten ganz für sich behalten. Seht euch das lieber genau an. Ich möchte es schließlich nicht endlos wiederholen müssen. Es ist auch für meinen Geschmack ziemlich unästhetisch.“
Natürlich fand Meister Raiden nichts dabei, dass Ravenor sich die Geschichte auch gleich mit ansah, im Gegensatz zu Eryn. Der hätte sich die Bilder aus seiner Vergangenheit gerne zuerst alleine angesehen. Aber diese Sensibilität gegenüber Eryns Gefühlen war dem Herr von Naganor absolut fremd.
Dann waren die entscheidenden Szenen auch schon vorüber und die Illusion verschwand.
„Meister Raiden, der Mann dementiert doch, dass das Kind von ihm sei...“, protestierte Eryn vehement, was ihm sogar etwas Mitleid, gewürzt mit einer Prise Zynismus einbrachte.
„Sieh nicht das, was du dir wünschst, sondern das, was ist. Um ehrlich zu sein, verstehe ich den Geschmack der jungen Dame auch nicht. Andererseits ist sie eine ziemlich naive Frau. Eine Lügnerin dürfte sie aber nicht gewesen sein. Wahrscheinlich ist sie fasziniert von seiner animalischen Stärke. Schwache Menschen fühlen sich manchmal von solchen Abbildern primitiver Stärke und Rohheit angezogen.“
Die Ausführungen fand Eryn keineswegs erbaulich und Rotbart war einfach grässlich.
Es ist ein schlechter Albtraum, von diesem brutalen Mann abzustammen. Ich glaube das nicht.
„Aber Meister Raiden...“
Der Herr von Naganor unterbrach ihn: „Hör auf, dich von deinen Emotionen leiten zu lassen und gebrauche deinen Verstand. Dass Rotbart es abstreitet der Vater zu sein, macht es nur noch glaubhafter... und er benutzt Magie. Hast du bemerkt, wie das Bild plötzlich an Schärfe verlor? Da hat er sie verzaubert und am Ende benutzte er einen Paralysezauber, um sie in den Schlaf zu schicken. Er glaubt, er könne nicht der Vater sein, weil er ein Magier ist. Ein Magier und Pirat mit dem treffenden Namen Rotbart. Ich habe es dir doch schon einmal erklärt.“
Schnell stimmte Eryn dem zu. Meister Raiden braucht das jetzt vor Ravenor nicht alles noch mal lang und breit zu erklären .
„Also, dein Großvater Rotbart, der Pirat, hat vor über fünfzig Jahren die Küste von Goren unsicher gemacht. Wenn ihr aufgepasst habt, dann dürfte euch nicht entgangen sein, wie Rotbart die blonde Frau einmal als Gorenschlampe bezeichnete. Das ist unser einziger Hinweis auf den Ort. Außerdem muss die See in der Nähe gewesen sein, denn er erwähnt die Küste und war ohne Zweifel selber ein Seemann. Die einzige weitere Ortsbezeichnung ist ‚Drecksnest‘ und das trifft so ziemlich auf alle Ort dort zu.“
Ravenor meldete sich zu Wort. „Mein Prinz, und wir sollen nun wohl mehr über Eryns Großvater in Erfahrung bringen?“
„Ja, durchaus richtig erkannt.“
Derweil brütete Eryn in Gedanken vor sich hin . Ich sehe das nicht ein. Dieser Rotbart soll mein Großvater sein. Das ist absurd. Und weder Mutter noch ich sehen ihm auch nur im Entferntesten ähnlich...
„Eryn, jetzt hör schon damit auf herumzunörgeln und ein langes Gesicht zu ziehen. Zuerst liegst du mir tagelang in den Ohren, dass du die Wahrheit über deine Vergangenheit erfahren willst und nun gefällt es dir nicht, was dabei herausgekommen ist. Man kann sich seine Abstammung nicht aussuchen...“
Zum Glück kümmerte sich gerade keiner darum, was Ravenor bei diesem Satz dachte.
„...der Mann ist grob und ungehobelt, von kräftiger Statur und magisch versiert. Er scheint einflussreich und gefürchtet zu sein. Geh und finde mehr über ihn heraus. Vielleicht täuscht der erste Eindruck nur.“
Ein unterdrücktes Lachen kam aus Ravenors Ecke.
„Hör auf damit!“, herrschte Eryn ihn an und Meister Raiden verteilte an beide Kopfnüsse.
„Können wir ernst bleiben, meine Herren. Ravenor, kümmert Euch um die Reisevorbereitungen und vergesst nicht, Lord Boron für heute Abend Bescheid zu geben.“
Hiermit war Ravenor vorerst entlassen, während Eryn beleidigt in Gedanken vor sich hin wetterte: Warum musste Ravenor das alles mitbekommen? Es hätte ja gelangt, wenn ich ihn später eingeweiht hätte. Nein, die nackte, hässliche Wahrheit
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