Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
das Glück hold gewesen war und der auch unheimlich hartnäckig in den letzten zwei Wochen trainiert hatte. Im Stechen zahlte sich die Übung dann erneut aus und es war spannend bis zum Schluss. Ein Ring letztendlich brachte die Entscheidung und für Ravenor den Sieg. Der ließ es sich nicht nehmen, zu Pferd eine Ehrenrunde zu drehen und dabei reckte er die Lanze mit dem aufgespießten Ring in Siegerpose in die Luft.
Eitler Geck. „Lord Boron, ich dachte Ihr achtet auch bei den Offizieren auf ein diszipliniertes Benehmen.“
Eine Rüge, obwohl der treue Sohn gerade für seinen Vater gewinnt. Allerdings ist Sir Ravenor etwas zu überschwänglich unbeherrscht und schreit regelrecht danach, zurechtgestutzt zu werden. Aber das kann noch warten, jetzt will ich mir erst einmal den Wettkampf zu Ende ansehen.
Das Bogenschießen zum Schluss wird die Entscheidung bringen. Und dann wird es richtig spannend. Drei Punkte gegen drei, denn mit dem Schwert ist Ravenor nicht zu schlagen. Und dann heißt es: Orten gegen Ardeen. – Prinz Raiden wartet immer noch auf eine Antwort: „Mein Prinz, ich werde den jungen Mann zurechtweisen, wenn der Wettkampf vorbei ist. Oder erwartet Ihr, dass ich sofort Maßnahmen ergreife?“
„Nein, danach ist noch früh genug, doch dann haltet Euch nicht zurück, die Werte mit der nötigen Strenge zu vermitteln. Ihr wisst selbst, dass Sir Ravenor gerne über Stränge schlägt. Fast das gleiche Wort ist die Kur für das andere.“
So sehe ich das auch.
Lord Orten trank derweil vergrämt schweren Wein, den ihm Prinz Raiden hatte einschenken lassen. Schließlich brauchte der gute Orten etwas Trost, um die unerwartete und sehr deutliche Niederlage seines Sohnes, in dessen angeblicher Paradedisziplin, zu überwinden.
Nun kam Sir Ravenors Paradedisziplin und der war von seinem vorhergehenden Sieg noch beflügelter als sonst. In einem glatten Durchmarsch fegte der Prinzenbastard seine Konkurrenten vom Platz. Danach grüßte Ravenor mit erhobenem Schwert zur Tribüne hinüber und selbst der Schatten seines Helmes konnte sein breites Grinsen nicht verbergen.
Selbst wenn man gewinnt, ist das kein Grund, sich so übertrieben zu freuen. Der grinst wie ein Hofnarr. Von Myrne kann er das nicht haben, die war warmherzig und bescheiden... und von mir sowieso nicht. Vielleicht ist er geistig etwas einfältig, schließlich denkt er ausgesprochen oft an Mauersteine, wenn ich seine Gedanken lese. Was kann einen an Mauersteinen überhaupt so faszinieren, dass man sie ständig zählen muss? Selbst wenn man Wache halten muss, ist das doch eine sehr banale Beschäftigung. Man könnte sich ja während dieser Zeit mit intellektuelleren Themen auseinandersetzen. Prinz Raiden kehrte gedanklich wieder zum aktiven Geschehen zurück.
Das einzig Gute an Ravenors Erfolg ist, dass er jetzt mit Sir Askir gleichauf liegt und ich nun doch eine Fünfzig-fünfzig-Chance habe, die Wette zu gewinnen.
Eryn stand etwas abseits am Rande und schwitzte Blut und Wasser. Seit er wusste, dass Prinz Raiden zugegen sein würde, hatte er ein ausgesprochen mulmiges Gefühl. Der merkt es doch sofort, wenn ich zaubere. Aber Eryn hatte Ravenor sein Wort gegeben und in der Hinsicht war er eigen. Die Frotzeleien über seinen Namen Bluthand, der angeblich ‚Eidbrecher‘ bedeutete, wurmten ihn hierbei sehr und er war bestrebt, das Gegenteil unter Beweis zu stellen. Es beruhigte ihn etwas, dass, nach seiner Spontanaktion beim Lanzenstechen, niemand mit dem Finger auf ihn gezeigt hatte. Eine Illusion im richtigen Moment hatte Sir Askirs Lanze am Ziel vorbeigeführt. Eryn hätte auch noch beim fünften Durchgang interveniert, doch da Sir Askir die Nerven verlor und Nummer vier schon verpatzt hatte, atmete Eryn entspannt wieder aus und ließ Ravenor den Rest selbst erledigen. Was der zum Glück auch hinbekam.
Nun zum Meisterstück. Entweder es klappt und Ravenor ist der Sieger, oder sie erwischen mich und wir alle beide sind am Arsch. Seine Hand schloss sich um das kleine Glasgefäß in seiner Tasche und er zog es unauffällig hervor. Darin schwirrten lauter Fliegen. Die letzten Tage hatte er dazu genutzt, seine Technik weiter zu perfektionieren. Dieser Vorrat an Insekten bewahrte ihn davor, zeitraubend entsprechende Exemplare suchen zu müssen. Nun öffnete er den Verschluss einen Spalt weit und die erste Fliege, die herauskroch, verschloss er sogleich in einer Blase.
Wahrscheinlich muss ich nicht nur Askir behindern, um Ravenor zum Sieg zu
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