Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
verhelfen. Im Kopf ging Eryn die gefährlichsten Konkurrenten Ravenors durch. Und dann begann der Kampf der Fliegen. Fliege gegen Auge war am erfolgversprechendsten. Gefolgt von Fliege in der Nase und Fliege auf die Lippen. Zu gerne hätte Eryn seine Kämpfer in einen offenen Mund geschickt, doch die Bogenschützen hielten allesamt die Lippen geschlossen. Eryn musste vorsichtig sein und das war er auch. Seine Zauberblasen krochen durch das handbreithohe Gras. Wie kleine Schlangen bahnten sie sich ihren Weg, um dann im richtigen Moment emporzusteigen und sich auf ihr Opfer zu stürzen. Es klappte nicht immer, doch so mancher Pfeil wurde dadurch abgelenkt. Immer wieder warf Eryn auch nervös Blicke in Richtung Tribüne, wo Prinz Raiden mit seinem Gast saß. Doch der Herr von Naganor schien sich zu unterhalten und es sah nicht so aus, als ob dieser Eryns Treiben bemerkt hätte. Ha, er ist doch nicht so gut wie alle sagen. Ich zaubere vor seiner Nase und er merkt es nicht, sonst hätte er mich sicherlich sofort verwarnt. So zogen die Fliegen munter weiter ins Gefecht. Doch trotz Eryns gewagtem Einsatz stand es nicht so gut für Ravenor.
Mensch, streng dich mehr an! Ich kann nicht auch noch die Pfeile für dich ins Ziel schießen. Zwar hatte Eryn Sir Askir weit ins Hintertreffen gebracht, doch Sir Cerdik und Sir Wylfir lagen noch vor Ravenor und zwei weitere Männer hatten dieselbe Trefferzahl wie der Prinzenbastard.
Scheiße! Askir rausgekickt und es langt trotzdem nicht. Wenn nun einer der anderen gewinnt, dann liegen Askir und Ravenor gleichauf und werden beide ausgezeichnet. Aber das war unwahrscheinlich und darum zog Eryn die zweite Variante in Betracht: Oder es gibt einen Entscheidungswettbewerb und der wird sicherlich nicht mit der Klinge geführt. Eryn gab nicht auf und schaffte es in der nächsten Runde, zwei weitere Konkurrenten auszuschalten. Glücklicherweise traf Ravenor nun doch einmal ins Schwarze und zog somit mit Sir Cerdik gleich, doch Sir Wylfir hatte immer noch einen Punkt Vorsprung. Verdammt, die letzte Runde. Nun fällt die Entscheidung.
„Komm sofort rüber zur Tribüne!“ Die befehlsgewohnte Stimme in seinem Kopf erschreckte Eryn fast zu Tode. „Jawohl, mein Prinz!“, brachte er mechanisch hervor, wobei ihn die schlimmsten Vermutungen plagten. Scheiße, jetzt bin ich dran. Ich hätte es nicht tun sollen. Die bringen mich um. Nein, tun sie nicht, weil Meister Elderon mich braucht. Doch bestrafen werden sie mich.
Jeder Schritt brachte Eryn der verhängnisvollen Tribüne näher und dann sah er einen kleinen Hoffungsschimmer: Aber nicht, solange Lord Orten dort sitzt. Nein, der Prinz macht jetzt keine Szene daraus. Später vielleicht, aber jetzt nicht. Und ich tue am besten so, als wäre nichts gewesen. War ja auch nichts, oder. Was ist schon falsch daran, ein paar Fliegen zu fangen?
Und dann zwang er sich zur Gedankenkontrolle: Ein toller Wettbewerb und spannend bis zuletzt. Wer wohl gewinnen wird? Hoffentlich muss ich für den Prinzen jetzt keinen Botengang erledigen. Ich möchte das Ende auch noch mitbekommen.
Dann stand er mit weichen Knien vor der Tribüne und Prinz Raiden hatte ihn bereits bemerkt. Eryn salutierte und füllte sein Denken weiterhin mit Belanglosigkeiten.
Als das Bogenschießen begann, herrschte auf der Tribüne eine fühlbare Anspannung. Dieser Wettbewerb würde die Entscheidung bringen. Lord Orten trank schon sein drittes Glas Wein, während Prinz Raiden gerade mal an einem Pokal genippt hatte. Der erste Bogenschütze trat an den Schießstand und machte sich bereit.
Es ist die Natur eines Magiers, zu scannen. Das tut er schon so nebenbei – vorsichtshalber. Und so schwirrte auch ein kleines, schwarzes und sehr verborgenes Auge des Prinzen über das Feld.
Ah, da sind sie, die anderen Wächteraugen. Die gelbliche Aura mäßiger Stärke von Meister Oxlin und das noch schmächtigere Auge des Magieranwärters. Emsig beobachten sie die Unmagischen, umkreisen sie auf der Suche nach magischen Hilfsmitteln. Da ist nichts, das sieht doch jeder Blinde. Dilettanten! Unfähige Gelegenheitsmagier! Man muss wissen, wo man suchen muss. Was macht denn der Nurin, der vorhin schon getrickst hat? Meister Oxlin ist die kleine Illusion neben dem Ring anscheinend entgangen – mir aber nicht! Schnell wie eine Libelle schwirrte das Raidensauge hinüber zu Eryn und verharrte dann verdeckt auf der Stelle, um sich seelenruhig anzusehen, wie Eryn die erste Fliege in die Blase
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