Ardeen: Band 2: Neue Wege (German Edition)
dann gefällt, der darf ihre Dame sein. Das ist zurzeit der Wasserjunge und wenn ich nicht die Poxe hätte, dann...“
„Schon gut. Du willst Blut. Ich werde sehen, was ich bei Lord Orten für dich erreichen kann. Wenn sich nichts groß ändert, dann komme ich nicht mehr vorbei, bis der Bader da war. Also entweder, du bist so schon draußen, oder wir sehen uns in drei Tagen wieder.“
„Da hättest du ruhig mehr zu essen mitbringen können“, giftete Eryn, bevor sie auseinandergingen.
Eryn konnte wirklich nicht behaupten, dass die Zeit, bis der Bader wieder auftauchte, schnell verging. Eher sehr quälend langsam. Dann stand der Wagen stundenlang auf dem Platz und der Bader und seine Gesellen verrichteten ihre Arbeit. Bei den vielen Gefangenen war immer nur ein Teil zum Scheren fällig, sodass man alle zwei Monate mal an der Reihe war.
Trotzdem dauerte und dauerte es, bis der Wagen endlich Richtung Tor fuhr. Eryn prüfte, ob nicht wieder Karak in der Nähe war, dann folgte er dem Wagen. Schließlich wusste er, worauf er achten musste. Das Gefährt hielt am Tor und Sir Wevar kam heraus, gefolgt von Loren. Der Offizier erledigte den Papierkram und die Bezahlung des Baders, während Loren den Wagen kontrollierte. Die Gesellen machten Witze dabei, wie viele verlauste Gefangene sie hier herausschmuggeln würden. Loren ließ das alles unbeeindruckt und stoisch durchsuchte er erst die Kisten auf der Ladefläche und bückte sich dann, um unter den Wagen zu sehen. Eryn hing mit dem Zauberauge direkt vor dem Geheimfach, sonst hätte er es wahrscheinlich nicht bemerkt, wie der kleine Beutel mit seinem kostbaren Inhalt ganz unauffällig und schnell in dem Fach verschwand.
Der Mann ist wirklich gut, musste Eryn anerkennend zugeben.
Dann ratterte der Wagen durch das Tor und die Ware war unterwegs.
Eine weitere Nacht durfte Eryn den ‚Komfort‘ des harten Bodens genießen, bevor dann endlich die ersehnten Erlöser kamen. Genau genommen kam zuerst Tureg und ließ alle Leute aus Baracke 12 antreten.
„Heute ist ein Glückstag für euch, Abschaum! Der edle Lord Orten fordert Männer für den Straßenbau an und ihr habt das große Los gezogen. Also geht runter auf den Platz zu den zwei Wagen und ab geht es nach draußen. Aber keine Angst, wir kommen mit, damit nicht jemand auf dumme Gedanken kommt.“
Wie eine Herde Schafe trotteten die Gefangenen zu den Wagen. Dort gab es kurze Ketten für die Fußfesseln und sie saßen auf. Die Wagen setzten sich in Bewegung und am Tor stießen Sir Wevar und Loren mit vier weiteren Soldaten zu ihnen. Es war schon befreiend, als sie das Tor passierten. Karak saß zwar mit auf Eryns Wagen, hielt sich aber zurück, weil die Soldaten anwesend waren.
Die Luft hier draußen roch nach Wald und Wiese, nicht nach dem Staub, der wie eine Wolke über der Mine lag. Eryn hatte bereits am Tag zuvor begonnen, die Poxe auszuheilen. Und das widerliche Brennen und Jucken, das ihn nun tagelang begleitet hatte, war nahezu verschwunden. Bald hatte ihn die Freiheit wieder. Die anderen Gefangenen taten ihm wahrlich leid, denn sie würden in die Hölle zurückkehren müssen, um den Rest ihrer Strafen zu verbüßen oder vorher zu sterben, was wahrscheinlicher war.
Auf der Straße kam ihnen ein Zug Soldaten entgegen. Eryn erkannte Sir Volton Orten, den ältesten Sohn Egmonds.
Oh, das war ganz nah dran an der Chefsache.
Ob Sir Volton sich an ihn erinnern würde? Obwohl das nicht zu seinem Vorteil sein konnte. Sir Wevar beeilte sich, Sir Volton zu begrüßen.
Warum eigentlich dieser ganze Aufwand, nur um mich rauszubringen? Ginge sicherlich auch einfacher.
Sir Volton übernahm kurzerhand mit befehlsgewohnter Stimme das Kommando: „Sir Wevar, ich kümmere mich um alles Weitere. Es ist im Interesse von Lord Egmond Orten, dass Ihr in die Mine zurückkehrt. Es wird ausreichen, wenn die Aufseher und ein Soldat hier zurückbleiben. Nehmen wir den blonden Hünen dort. Diese Bewachung dürfte genügen, wenn wir die Männer wieder zurückschicken.“
Es schien, als wollte Sir Wevar noch etwas sagen, entschloss sich aber dann doch, den Befehl kommentarlos auszuführen.
„Jawohl, Sir Volton. Wie Lord Orten wünscht.“
Loren schöpfte keinen Verdacht. Zumindest zeigte er nichts als den üblichen dümmlichen Gesichtsausdruck. Dann wurden sie von dem Trupp flankiert und es ging noch ein Stück die Straße entlang bis sie ein großes Zelt erreichten, das am Wegesrand aufgebaut worden war. Sir Volton ließ
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