Aretha Franklin - Queen of Soul
sich die Eheleute getrennt. Tief deprimiert sagte sie etliche Konzerte ab. Außerdem legte sie zwischen Soul ’69 und ihrem achten Atlantic-Album This Girl’s in Love with You eine längere Aufnahmepause ein, die Atlantic glücklicherweise mit aus vergangenen Sessions übriggebliebenem Material überbrücken konnte, aus dem mehrere Singles zur Veröffentlichung ausgewählt wurden. Mit der Kompilation Aretha’s Gold verschaffte man sich zusätzlich eine Atempause, in der Aretha sich aus der Öffentlichkeit zurückziehen und ihre persönlichen Probleme bewältigen konnte.
Der Gitarrist Jimmy Johnson, Mitbegründer des Muscle-Shoals-Studios, erinnert sich an die Probleme, die Ted White im Studio verursachte, und an Arethas damaligen mentalen Zustand. »Als wir anfingen, mit ihr zu arbeiten, war natürlich Ted da. Ich hatte das Gefühl, dass er auf alle eifersüchtig war, die ihr nahekamen, mit Ausnahme der Familienmitglieder. Ich erinnere mich, dass sie sich mehrmals von ihm trennte. Nach der endgültigen Trennung war sie sehr depressiv. Wir waren extra nach New York gekommen, um aufzunehmen, und wussten nicht, ob sie auftauchen würde. Der Song ›Call Me‹ drückt wahrscheinlich perfekt aus, was sie damals durchmachte. Ich glaube, sie hat geweint, als sie das schrieb. Auf jeden Fall hat sie uns damit zum Weinen gebracht.«
Aretha verpasste in dieser für sie schwierigen Zeit nicht nur Aufnahmesessions, sondern sagte auch zahlreiche Liveauftritte ab, darunter ein Konzert im Caesar’s Palace in Las Vegas. Frank Sinatra musste kurzfristig für sie einspringen. Das Absagen von Konzerten in Stresszeiten sollte im Laufe von Arethas Karriere immer wieder vorkommen.
Ihre Sorgen führten zu einem unkontrollierten Essverhalten – auf dem Cover von This Girl’s In Love with You sieht sie aufgedunsen aus. Ihre Auseinandersetzungen mit White in diesem Jahr ließen sie ängstlicher und unsicherer werden als je zuvor. Sie nahm eine geduckte Körperhaltung an und sah auf der Bühne in engen Kleidern und fließenden Capes aus, als würde sie sich nicht wohlfühlen.
Als sie schließlich aus der Depression auftauchte, erklärte sie: »Ich weiß nicht, ob man das als echte Ängste bezeichnen kann. Vielleicht liegt es darin begründet, dass ich kein Selbstvertrauen hatte. Ich glaube, ich wollte glamouröser aussehen, was dann aber sehr steif wirkte. Schon seit Jahren wollte ich immer etwas kleiner sein, also versuchte ich, kleiner zu wirken, indem ich gebückt ging. Dadurch bekam ich eine sehr schlechte Haltung. Daran musste ich wirklich arbeiten.«
Warum sollte eine übergewichtige Frau, die nur 1,65 Meter groß war, kleiner erscheinen wollen? War sie so unsicher, dass sie sich durch Schrumpfen vor der Welt verstecken wollte? Wie ein Vogel Strauß hat Aretha oft den Kopf in den Sand gesteckt, anstatt ihre Probleme aktiv anzugehen. Und ihre Musik hat häufig gespiegelt, wie es privat um sie bestellt war. »Es ist schwer zu lachen, wenn man eigentlich weinen möchte«, sagt Aretha dazu.
Was genau letztendlich zur Scheidung von Aretha und Ted White führte, bleibt unklar, da Aretha darüber keine Auskunft gibt. Schlug er sie, wie Clyde Otis und so viele andere behaupten? Oder sind das nur unwahre Anschuldigungen, wie Ted White sagt? Zum Thema Scheidung direkt befragt, antwortet White: »Um diese Frage würde ich einen ganz weiten Bogen machen. Wir beschlossen einfach, getrennte Wege zu gehen.«
Arethas Privatleben in dieser Zeit ist fast nichts bekannt. Gesichert ist nur, dass sie in der Musik Trost suchte. Clyde Otis behauptet, dass es Aretha war, die Ted verließ, und dass sie von ihrem Vater dazu ermutigt wurde. Otis berichtet auch, dass White Aretha nicht gehen lassen wollte, was zu einigen hässlichen Szenen führte. Angeblich stand White eines Nachts vor dem Haus von Reverend Franklin, um seine Frau zurückzuholen. Der Reverend bedrohte ihn mit einem Gewehr und sagte ihm unmissverständlich, dass er seine Tochter in Ruhe lassen solle – sonst gäbe es Ärger. Schließlich verstand White die Botschaft und es war endgültig vorbei.
Ted White hatte Reportern einst gesagt: »Aretha projiziert das in ihre Songs, was sie wirklich fühlt.« Das war auch so, als sie ihn verließ. 1970 erschienen zwei ihrer persönlichsten Alben: Spirit in the Dark und This Girl’s in Love with You . Nach Jerry Wexlers Erinnerung litt Aretha in dieser Zeit ständig unter irgendeinem Trauma. »Manchmal rief sie mich um vier Uhr morgens an
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