Argeneau Vampir 13 - Vampir zu verschenken
wissen, während er sie in das letzte Zimmer auf der linken Seite führte. »Ich möchte nach Möglichkeit vor ihr wieder zu Hause sein.«
Sie bedachte seine Bemerkung nur mit einem beiläufig gemurmelten Kommentar, da ihre Aufmerksamkeit vorrangig dem Raum galt, den sie soeben betreten hatte. Die Beleuchtung war ausgeschaltet, doch aus dem Flur fiel genug Licht hinein, um Eshe erkennen zu lassen, dass es sich um eine Küche im Landhausstil mit Holzfußboden handelte. Die Außenwand bestand aus unverputzten Ziegelsteinen, die anderen Wände waren in Sonnengelb gestrichen. In der Mitte des Raumes befand sich eine Kochinsel, seitlich davon der Kühlschrank sowie ein altmodischer Ofen, der ursprünglich mit Holz befeuert wurde. Der Schriftzug Elmira auf der Vorderseite verriet ihr, dass es sich wahrscheinlich um einen Gasofen handelte, dessen Äußeres so gestaltet war, dass er in einem viktorianischen Gebäude den Eindruck erweckte, noch aus der ursprünglichen Zeit zu stammen.
Ihr Blick kehrte zurück zu Lucian, der die Kühlbox auf der mit Steinplatten verkleideten Kochinsel abstellte. Als Eshe zu ihm trat, öffnete er die Box und reichte ihr einen Beutel mit Blut. Dann ging er zum Kühlschrank und öffnete ihn, um den Inhalt der Box dort einzuräumen. Kaum hatte er jedoch einen Blick in den Kühlschrank geworfen, als ein Schnauben über seine Lippen kam. Eshe drehte sich um, warf einen Blick über seine Schulter und stellte erstaunt fest, dass sich nicht ein einziger Blutbeutel im Kühlschrank befand. Entweder waren sie unmittelbar vor einer anstehenden Lieferung eingetroffen, oder aber Armand bewahrte seinen Blutvorrat an einem anderen Ort auf.
Kopfschüttelnd leerte Lucian die Box und legte die Beutel in den Kühlschrank, während Eshe zur Seite trat, damit er genug Platz hatte, um sich zu bewegen. Der Beutel, den sie an ihren Mund gedrückt hatte, war fast leer. Gerade eben hatte sich Lucian zu ihr umgedreht und zwei weitere Beutel an sich genommen, als er diese plötzlich fallen ließ und blitzschnell zu Eshe herumwirbelte, wobei seine Hand dicht an ihrem Kopf vorbei über ihre Schulter hinwegschoss.
Direkt hinter ihrem Rücken hörte Eshe ein lautes Klatschen von Haut auf Haut, und gleich darauf vernahm sie ein Röcheln. Ein Blick über die Schulter genügte, dann riss sie ungläubig die Augen auf, als sie sah, dass hinter ihr ein Mann in der Luft baumelte. Lucians Hand hatte den Hals des Mannes fest umschlossen, dessen Füße nicht mehr den Boden berührten. Seine Finger umklammerten ein langes Messer.
2
Ein Fluch aus Richtung Flur ließ Eshe ihren Kopf in diese Richtung drehen. Und so erblickte sie Armand, der in der Tür stand und eine wütende Miene aufgesetzt hatte, die jedoch im nächsten Moment zermürbter Resignation wich. »Was ist passiert?«, fragte er frustriert.
»Dein Haus ist nicht so leer, wie du behauptet hast«, antwortete Lucian grimmig.
Leicht verärgert erklärte Armand: »Das ist Paul Williams, der sich tagsüber um die Farm kümmert. Ich bin davon ausgegangen, dass er nach dem Anruf gleich wieder in die Scheune zurückgehen würde. Aber offenbar hat er sich hier hingesetzt und auf mich gewartet. Dummerweise bin ich direkt zur Scheune gefahren. Nachdem ich jedoch festgestellt hatte, dass er dort nicht war, bin ich sofort hergekommen – und da bin ich nun.« Er hielt inne und musterte den Mann. »Aber warum hat er euch angegriffen?«
»Wir haben nicht bemerkt, dass er am Tisch saß. Ich wollte die Blutbeutel in den Kühlschrank räumen, Eshe hat ihre Fangzähne ausgefahren und einen Beutel getrunken, und in dem Moment hat er sie pfählen wollen«, berichtete Lucian. »Obwohl er genau genommen keinen Pflock zur Hand hatte, weshalb er zu einem Messer greifen musste«, fügte er korrigierend hinzu.
Eshe machte einen Schritt zur Seite, damit sie sich den Sterblichen genauer ansehen konnte, der sie hatte angreifen wollen. Sie zog den leeren Blutbeutel von ihren Zähnen und betrachtete interessiert das große Fleischermesser in seiner rechten Hand. Damit hätte er sie zwar nicht töten können, aber wäre es ihm gelungen, auf sie einzustechen, bevor Lucian ihn aufhalten konnte, dann wäre das zumindest eine schmerzhafte Angelegenheit geworden. »Sympathischer Typ«, meinte sie.
Armands Blick wanderte von der langen Klinge zu Lucian. »Du hast ihn nicht bemerkt?«, fragte er ungläubig. »Wie zum Teufel war das möglich?«
»Das Licht ist aus«, machte Lucian ihm gereizt klar.
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