Argeneau Vampir 13 - Vampir zu verschenken
den Kopf. Wenn sie sich auch nur in seine Nähe begab, würde sie für den Rest des Tages nichts mehr erledigen können. Ihre Kleider würden auf dem Fußboden landen und sie selbst in seinem Bett, noch bevor er auch nur einmal verschlafen blinzeln konnte. Trotz der Abfuhr, die er ihr gestern Abend erteilt hatte, konnte sie sich nicht vorstellen, dass er sie jetzt von der Bettkante stoßen würde. Stattdessen würden sie beide das tun, wovon sie in den letzten Stunden geträumt hatten.
Mit einem Seufzer drehte sie sich wieder zur Treppe, stutzte dann aber, als ihr Blick auf die einzige andere geschlossene Tür auf dieser Etage fiel. Das musste das Zimmer sein, in dem Bricker schlief. Sie überlegte kurz, dann nickte sie und steuerte schnurstracks auf die Tür zu.
Vermutlich war Bricker bis Sonnenaufgang wach gewesen und hatte sich dann hingelegt. Es war der übliche Schlafrhythmus für die meisten Unsterblichen: bei Tagesanbruch ins Bett, bei Sonnenuntergang aufstehen. Natürlich gab es auch Unsterbliche, die einen anderen Tagesablauf hatten. Wenn es ihnen nicht gefiel, mussten sie tagsüber nicht schlafen. Es war nicht mal erforderlich, die Sonne zu meiden, aber wenn sie es taten, mussten sie keine zusätzlichen Blutrationen zu sich nehmen, um die Schäden zu beheben, die das Sonnenlicht ihrer Haut zufügte. Aus diesem Grund hielten sich die meisten von ihnen, zumindest tagsüber, in geschlossenen, sonnengeschützten Räumen auf.
Zu Brickers Missvergnügen scherte sich Eshe nicht darum, ob er für gewöhnlich länger schlief. Er war jung, und sie benötigte seine Hilfe. So wie sie Lucian Argeneau kannte, hatte er Bricker mit einer eigenen Ration Blut auf den Weg geschickt, und davon wollte sie etwas abhaben. Und anschließend sollte er ihr helfen, Susannas Geschwister zu den damaligen Ereignissen zu befragen ebenso wie Altheas Eltern, sofern diese noch irgendwo in der Nähe lebten. Ein kurzer Anruf bei Lucian sollte Aufschluss darüber geben, wo sie zu finden waren.
Die Tür zu Brickers Zimmer war nicht verschlossen, aber sie hatte auch nichts anderes erwartet, denn soweit sie wusste, ließ sich keines der Zimmer abschließen. Sie trat leise in den Raum und musterte den schlafenden Bricker. Mit seinen Muskelpaketen und dem flachen Bauch besaß er den Körperbau eines Wrestlers, zum Glück jedoch ohne diesen unattraktiven dicken Hals, der den Kopf nahtlos in den Rumpf übergehen ließ. Voller Bewunderung betrachtete sie seinen nackten Oberkörper, da er die Bettdecke bis zur Taille nach unten geschoben hatte. Sie setzte sich auf die Bettkante, beugte sich vor und zupfte vorsichtig an seinen Haaren.
Sofort schlug er die Augen auf.
»Eshe«, murmelte er überrascht.
»Ich brauche dich«, flüsterte sie, da sie nicht wusste, ob die Wände dick genug waren oder ob Armand sie hören konnte.
Ein zufriedenes Lächeln zeichnete sich auf Brickers Lippen ab. »Ich wusste doch, dass du mir nicht widerstehen kannst. Ich bin eben ein heißer Typ.«
»Haha«, entgegnete sie trocken und kam sofort zur Sache. »Hat Lucian dir Blut mitgegeben?«
»Das ist unten im Kühlschrank. Ich hab’s da deponiert, nachdem du ins Bett gegangen warst. Armand hat mir allerdings gesagt, dass wir die Beutel heute Abend in sein Zimmer bringen müssen, damit seine Haushälterin morgen nicht zufällig darauf aufmerksam wird.«
»Gut«, sagte Eshe und erhob sich von der Bettkante. »Dann steh auf, du musst mir helfen.«
»Helfen? Wobei denn?«, fragte er leise und setzte sich hin.
»Ich will herausfinden, was wirklich mit Armands Ehefrauen passiert ist.«
»Dann hat der Schlaf dir also geholfen, wieder einen klaren Kopf zu bekommen?«
»Ja. Und solange ich mich von Armand fernhalte, wird mein Kopf auch klar bleiben. Jetzt steh auf und zieh dich an. Ich warte in der Küche auf dich.« Bevor sie aus dem Zimmer ging, fügte sie hinzu: »Und zieh deine Lederklamotten an, wir nehmen die Motorräder.«
Eshe wartete nicht ab, ob er ihre Aufforderung befolgte, aber nach dem Rascheln des Bettzeugs zu urteilen, das sie hören konnte, als sie die Tür hinter sich zuzog, war das wohl der Fall. Als die höherrangige Vollstreckerin hatte sie auch nichts anderes erwartet, als dass ihren Befehlen Folge geleistet wurde.
Eshe war erst bei ihrem dritten Beutel Blut angelangt, als Bricker in Ledermontur in die Küche geschlendert kam. Seine Haare waren noch feucht von seinem kurzen Sprung unter die Dusche.
»Und was genau haben wir heute vor?«, fragte er
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