Argeneau Vampir 13 - Vampir zu verschenken
bedeutete das, absolut streng und unnachgiebig sich selbst gegenüber zu sein und zur Abwechslung einmal nicht zuzulassen, dass ihr Körper die Kontrolle über ihren Kopf übernahm, sobald sie mit Armand zusammen war. Es würde schwierig werden, das wusste sie. Aber wenn sie diesen Fall lösen und Nicholas Argeneau retten wollte, dann hatte sie einfach keine andere Wahl. Und wenn Eshe eines wollte, dann diesen Fall zum Abschluss bringen. Anfangs war es ihr nur darum gegangen, Nicholas zu helfen, weil er so wie sie ein Vollstrecker war, aber nun war auch noch die Tatsache ins Spiel gekommen, dass er Armands Sohn war. Sie fürchtete, Armand würde ihr niemals vergeben können, sollte sein Sohn hingerichtet werden und er dahinterkommen, dass sie versucht hatte, Nicholas zu retten, ohne ihm ein Wort davon zu sagen. Für ihn würde es keinen Unterschied machen, dass Lucian derjenige war, der das so angeordnet hatte. Er würde es als Verrat ansehen, und das vielleicht sogar zu Recht, überlegte sie verärgert. Sie war seine Lebensgefährtin, sie sollte ihm die Wahrheit sagen können. Und genau genommen gab es auch gar keinen Grund, dies nicht zu tun, immerhin hatte sie ihn mittlerweile praktisch von der Liste der Verdächtigen streichen können.
Auf halber Strecke zwischen dem Farmhaus und der ersten Scheune stellte sie die Kühlbox mit ihrem Picknick auf dem Boden ab. Sie legte die Decke darüber und zog ihr Handy aus der Hosentasche, dann wählte sie Lucians Nummer. Nach dem dritten Klingeln meldete er sich und klang alles andere als erfreut darüber, angerufen zu werden. Vermutlich hatte sie ihn und Leigh bei was auch immer gestört, aber daran konnte sie jetzt auch nichts mehr ändern. Stattdessen sagte sie: »Wir sind in den letzten Tagen ein paar Mal bei John und Agnes Maunsell vorbeigefahren, aber wir haben sie nicht angetroffen. Bricker vermutet, dass sie sich zurzeit gar nicht in der Stadt aufhalten. Allerdings konnten wir mit William Harcourt reden, und er konnte bestätigen, dass Armand bei ihm war, als Rosamund starb, also kann er mit ihrem Tod nichts zu tun haben. Und William hat uns auch versichert, dass Armand Althea nicht umgebracht haben kann, weil er nicht wusste, dass sie mit ihren Eltern einen Abstecher nach Toronto gemacht hatte«, ließ Eshe ihn wissen.
»Also ist er wahrscheinlich nicht Altheas Mörder, und ganz sicher hat er Rosamund nicht auf dem Gewissen«, konstatierte Lucian mit nachdenklicher Stimme.
»Genau«, bestätigte sie und ergänzte rasch: »Womit es sehr unwahrscheinlich wird, dass er der Übeltäter ist, den wir suchen.«
Lucian brummte in den Hörer.
»Deshalb habe ich überlegt, ob wir Armand nicht den wahren Grund nennen können, weshalb ich hier bin.«
»Nein.«
Eshe verdrehte die Augen. Keine Erklärung, kein gar nichts, sondern einfach nur ein Nein. »Aber er könnte uns vielleicht helfen«, hielt sie dagegen. »Er könnte uns sagen, wen es außer den Maunsells und den Harcourts sonst noch seit Susanna in seinem Leben gegeben hat.«
»Nein«, wiederholte Lucian.
Eshe murrte frustriert.
»Gibt es sonst noch was zu berichten?«
»Nein«, erwiderte sie nur und klappte ohne ein weiteres Wort ihr Handy zu. Jetzt konnte er am eigenen Leib spüren, wie es war, mit knappen Antworten abgespeist zu werden. Während sie Lucian Argeneau mit einem Schwall von Schimpfwörtern bedachte, steckte sie ihr Handy weg und nahm Decke und Kühlbox an sich, um weiter in Richtung Ställe zu gehen. Sie stellte fest, dass das erste Scheunentor offen stand und drinnen Licht brannte.
Im ersten Gebäude befanden sich die Ställe für die Pferde, und Armand hielt sich dort auf, um diese Ställe auszumisten. Ihr Blick wanderte über die größtenteils leeren Boxen, dann über die beiden, die noch belegt waren, bis er bei Armand angelangt war. Der hatte das Ausmisten der Stallungen offenbar bereits erledigt, da er damit beschäftigt war, mit der Heugabel frische Streu auf dem Boden zu verteilen. Vermutlich war es gut, dass er bereits so weit war. Eshe liebte Pferde, aber sie hatte immer Diener gehabt, die sich um diese Arbeit kümmerten. Sie bezweifelte, dass Armand in der Stimmung für ein Picknick gewesen wäre, wenn sie ihn in dem Moment angetroffen hätte, als er noch damit beschäftigt war, die Hinterlassenschaften der Tiere zu beseitigen. Aber er war so gut wie fertig, und vielleicht konnte sie ihm ja eine kleine Erholungspause schmackhaft machen.
An der Tür zur Box blieb sie stehen,
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