Arglist: Roman (German Edition)
anrufen, damit der Goldberg zur Seite springt.«
»Rudy gibt diese ganzen Morde in Auftrag und riskiert ziemlich viel. Was springt dabei für ihn raus?«
»Das Geld von der Versicherung«, schlug Marge vor. »Melinda hat ihm einen Teil davon versprochen.«
»Rudy hatte Geld durch die Band«, erwiderte Oliver.
»Vielleicht liebte Rudy Melinda«, schlug Decker vor.
Oliver sah ihn mürrisch an. »Die Frau fickt sich durch die gesamte Band, und du willst mir weismachen, dass sich Rudy Banks, ein ausgewiesener Psychopath, in sie verliebt?«
»Ein böser Bube, der ein bösestes Mädchen liebt.«
Marge lachte laut auf. »Bösestes?«
Decker grinste. »Vielleicht liebte Rudy Melinda, vielleicht hasste er Bennett Little. Oder beides. Das einzig Gute an Ryans Verschwinden ist vielleicht, dass es bedeutet, Rudy könnte noch in der Stadt sein.«
»Wenn Rudy noch in der Stadt ist und Leute entführt«, sagte Marge, »glaubst du dann, Melinda Little sollte sich bedroht fühlen?«
»Das könntet ihr passenderweise erwähnen, wenn ihr mit ihr redet. Bestimmt sagt sie dann bereitwilliger die Wahrheit.«
Es war fast sechs Uhr, als Decker endlich zurück in der Stadt bei Goldbergs Wohnung ankam. O’Dell saß immer noch auf der Couch und klimperte auf der Martin herum. Barry Goldberg ging den engen Flur auf und ab, was ungefähr so effektiv war wie das Schwimmen in einem Aquarium. Immer nach drei Schritten stand er vor einer Wand und musste umdrehen. Der Lungenarzt war höchstens Anfang dreißig, untersetzt, mit einem Milchbubigesicht – weiche rote Wangen und Grübchen. Eindringlich, aber respektvoll richtete er seine Worte an Decker:
»Die Polizei wird ihn nicht als vermisst melden, bevor er nicht achtundvierzig Stunden verschwunden ist.«
»Ja, ich weiß. Ich werde im Revier in Hollywood vorbeischauen und sehen, ob ich das Ganze nicht beschleunigen kann.«
»Ich habe versucht, ihnen klarzumachen, dass Ryan nicht irgendeine gewöhnliche vermisste Person ist. Aber niemand hat mir zugehört.«
»Ich werde zusehen, ob ich Dampf machen...«
»Er ist ein höchst gefährdeter Mensch, der für sich selbst nur in einem sehr begrenzten Radius sorgen kann«, fiel ihm Barry ins Wort. »Er isst, schläft, sieht Fernsehen, spielt ein bisschen Gitarre und kauft gelegentlich etwas zu essen. Ich erledige seine Banksachen, seine Wäsche und fast alle seine Einkäufe.«
»Sie sind ein toller Bruder«, sagte Decker.
»Ja, klar, raten Sie mal, wer mir das Medizinstudium ermöglicht hat?« Barry unterbrach sich selbst. »Ich erreiche gar nichts, wenn ich hier mit Ihnen beiden rumquatsche. Lieber suche ich noch mal die Straßen ab. Liam, bleibst du noch eine Weile?«
»Ich bleibe so lange, wie du mich brauchst, Kumpel.« Er sah Decker an. »Langsam krieg ich Hunger. Können Sie mir was zu essen besorgen?«
»Was möchten Sie?«
»Ich hatte meine frittierten Muscheln, daher ist jetzt der Moment für einen Veggie-Burger. Und ein Bier könnte nicht schaden.«
»Geht klar«, sagte Decker und wandte sich an Barry. »Ich begleite Sie nach draußen.« Als sie den Eingang des Gebäudes erreicht hatten, sagte Decker: »Und Sie, Doktor? Möchten Sie auch etwas essen?«
»Im Moment krieg ich eh nichts runter. Ich bin zu nervös.«
»Ich gehe gleich aufs Hollywood-Revier und versuche, die Meldung an ein paar Streifenwagen hier in der Gegend weiterleiten zu lassen. Danach mache ich mich selbst auf die Suche.«
Goldberg nickte. »Danke.«
»Dafür nicht. Das ist mein Job.«
»Schon, aber Sie sehen so aus, als würden Sie’s ernst meinen. Im Gegensatz zu den Typen, mit denen ich reden musste.«
»Die machen sich auch Sorgen, aber ihnen sind die Hände gebunden. Vor achtundvierzig Stunden sucht man eben nicht nach einer erwachsenen Person männlichen Geschlechts, solange es keine Anzeichen für ein Verbrechen gibt.«
»Er ist nicht irgendeine erwachsene Person männlichen Geschlechts.«
»Ich weiß das. Er ist psychisch behindert. Deshalb glaube ich ja, etwas erreichen zu können.«
Goldbergs Augen wurden feucht. »Ein Jammer, dass Sie Ryan nicht vor seinem Zusammenbruch kannten. Er hatte die Seele eines Poeten und war so unglaublich talentiert. Schuld sind diese ganzen verdammten Drogen. Sie haben ihn an einen Ort geführt, der ihn überforderte. Sie haben ihn um seinen Verstand gebracht.«
Decker nickte. »Es muss sehr schwer für Sie sein.«
»Ich habe meinen Frieden damit gemacht. Der Ryan, den ich kannte und liebte, der ist
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