Arglist: Roman (German Edition)
für Verdächtige?«
»Zwei üble Typen. Schau im Internet nach, wenn du dich für sie interessierst.«
»In Ordnung.« Hannah spielte wieder für ein paar Minuten mit ihrem Laptop herum. »Ich wusste gar nicht, dass Cindy bei der Mordkommission ist.«
»Ist sie auch nicht. Sie hat mir geholfen. Ich habe sie heute gesehen. Das war der Höhepunkt des Tages... bis eben.«
»Netter Versuch.«
»Das war kein netter Versuch. Du bist der Höhepunkt dieses langen und trostlosen Tages.«
Hannah unterdrückte ein Lächeln. »Wie geht’s Cin?«
»Sie arbeitet viel.«
»Was würdest du machen, wenn ich beschließen sollte, Polizistin zu werden?«
Decker verschlug es für einen Moment die Sprache. »Bitte, tu das nicht. Deine Mutter würde sich von mir scheiden lassen.«
»Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
»Ist sie ernst gemeint oder nur provokativ?«
»Vielleicht ein bisschen von beidem.«
Decker seufzte. »Nachdem ich dich angeschrien hätte, würde ich dich wahrscheinlich unterstützen.«
Hannah beugte sich zu ihm vor und küsste ihn auf die Wange. »Das war eine sehr gute Antwort. Du hast den Dad-Test bestanden.« Ein flüchtiges Lächeln. »Ich muss noch einiges erledigen.«
»Es ist nach Mitternacht.«
»Genau deshalb muss ich das Gespräch mit dir beenden und mich ans Lernen machen.«
»Du warst am Telefon, als ich reinkam.«
»Mit Sara, und wir sind zusammen ein paar Sachen durchgegangen.«
»Bei laufendem Fernseher?«
»Der Ton ist doch abgeschaltet. Ich mag’s, wenn irgendwelche Bilder flimmern.«
»Und du chattest.«
»Nur mit ein paar Freunden in Israel. Das ist der einzige Zeitpunkt, an dem wir alle wach sind.«
»Du weißt wohl auf alles eine Antwort.«
»Die Gehirne meiner Generation sind eben multitaskingfähig.« Sie küsste ihn noch einmal. »Ich hab dich lieb, Abba . Und mach hinter dir die Tür zu.«
35
Bis Decker es zum Bezirksgefängnis geschafft hatte und die Zugangsprozedur am Eingang abgeschlossen war, saßen Rip Garrett und Tito Diaz bereits im Vernehmungsraum auf Metallstühlen und tranken Kaffee aus Pappbechern. Beide trugen das typische Detective-Outfit: dunkle Anzüge, weiße Hemden mit dunkler Krawatte, dazu Oxford-Schuhe mit Gummisohle. Blitzschnell, nur aus den Augenwinkeln heraus, taxierte Decker Diaz. Seine auffallenden Gesichtszüge bestanden aus einem dicken Nacken, auf den ein ausgeprägtes Kinn und eine breite Stirn folgten, mit schwarzem Haar und dunklen Augen. Er war muskulöser als Garrett, aber eher kleiner. Decker stellte sich mit Handschlag vor, und als Martel von den Aufpassern hereingeführt wurde, hatte Decker auch einen Kaffeebecher in der Hand.
Im Vergleich zu dem Polizeifoto am Tag seiner Verhaftung wirkte Travis kräftiger. Seine Brust schien breiter unter der blauen Anstaltskleidung, und seine Arme waren dicker. Seine Haare waren noch länger und hingen lockig bis über die Schultern. Decker meinte asiatische Wurzeln bei Martel zu erkennen, die sich nicht nur in dem schwarzen Haar manifestierten, sondern auch in den leichten Schlitzaugen, die dunkelbraun waren. Seine Haut hatte die Farbe von Milchkaffee, seine Wangenknochen stachen hervor, seine Lippen waren eher wulstig und die Zähne groß und weiß.
Während des Transports hatte man ihm Handschellen angelegt, die der Wachmann ihm abnahm, als er ihn im Vernehmungsraum an den Tisch setzte. Martel betrachtete Decker: »Sie sind mein Anwalt?«
»Nein, Mr. Martel. Mein Name ist Lieutenant Decker, vom LAPD.«
»Also sind Sie der Boss oder so?«
»Ich bin ein Vorgesetzter, aber nicht der von Detective Garrett oder Detective Diaz.«
»Fühlen Sie sich wohl, Travis? Wir haben alle einen Kaffee. Möchten Sie auch etwas trinken?«
Der Knastbruder überlegte kurz. »Wie wär’s mit’nem Red Zing?«
»Kein Alkohol, Travis, das wissen Sie doch.«
»Dann’ne Pepsi?«
»Das lässt sich wahrscheinlich machen.«
»Und was zum Rauchen wär cool.«
Decker holte eine Zigarette aus seiner Jackentasche und reichte sie ihm. Er zündete ihm die Zigarette mit einem Feuerzeug an und beobachtete den Kerl beim Rauchen. Er sah verschlagen aus. Sonst noch was Neues? Ein paar Minuten später stand die Pepsi in einem Pappbecher da. Travis leerte ihn mit einem Zug. »Bin’n bisschen hungrig.«
»In einer Stunde gibt’s Mittagessen.«
»Ich sag nur, ich bin’n bisschen hungrig.«
»Möchten Sie wissen, warum wir hier sind?«, fragte Decker.
»Da muss ich nicht spitz drauf sein, Sie sagen’s mir
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