Arglist: Roman (German Edition)
hätte. Ob ich ihn damals betrogen hätte... was, nur ganz nebenbei, nicht der Fall war. Ich hatte mein Leben schätzen gelernt. Ich liebte Ben aufrichtig.«
Plötzlich wurde sie richtig wütend. »Hören Sie, ich habe jetzt mit Ihnen zusammengearbeitet, ich habe Ihnen alles erzählt, und das ohne Anwalt. Was wollen Sie noch von mir?«
»Eine Frage...«, sagte Oliver. »Sie wurden damals von Arnie Lamar und Cal Vitton befragt. Haben die beiden Sie auch für unschuldig erklärt?«
Melinda rollte die Augen. »Ich weiß nicht, wer mich für unschuldig erklärt hat, aber die beiden waren die ersten Ermittler, und ja, ich habe mit beiden geredet, mehrmals. Wenn Sie mir nicht glauben, fragen Sie sie doch selbst.«
»Lamar kann ich fragen, Vitton dagegen ist tot.« Als sie nicht darauf reagierte, fügte Oliver hinzu: »Selbstmord.«
Sie zuckte zusammen. »Wann war das?«
»Genau dann, als wir den Fall Ihres Mannes wieder aufgerollt haben«, sagte Decker.
»Interessantes Timing«, meinte Marge. »Hat sein Selbstmord möglicherweise etwas mit dem Ableben Ihres Mannes zu tun?«
»Woher soll ich das wissen?« Sie begann ungeduldig mit einem Fuß zu wackeln. »Können wir das Ganze jetzt beenden?«
»Rudy Banks ist vor einer Woche aus seiner Wohnung ausgezogen. Seitdem hat niemand mehr auch nur einen Mucks von ihm gehört. Und sein Verschwinden fällt passenderweise mit unserer Wiederaufnahme des Falls zusammen.«
»Sagten Sie nicht vorhin, Sie hätten einen Zeugen, der ihn mit dem Mord an Ekerling in Verbindung bringt? Oder war das völliger Schwachsinn?«
»Nein, das ist ganz und gar wahr. Wir haben einen Zeugen.«
»Dann hatte er vielleicht das Gefühl, Sie kommen ihm zu nahe, und ist deshalb abgehauen.«
»Es beunruhigt Sie nicht?«, fragte Decker. »Vitton ist tot, und Rudy ist verschwunden?«
Sie schwieg.
»Also gut, wie wär’s damit?«, sagte Decker. »Warum Sie nichts mehr von Ryan Goldberg gehört haben, liegt wahrscheinlich auch an seinem schweren seelischen Zusammenbruch. Es war so schlimm, dass er eine Elektroschocktherapie bekam. Ich habe vor ein paar Wochen mit ihm geredet. Er ist geistig sehr verwirrt.«
»Hat er mich erwähnt?«, wollte Melinda wissen.
Decker musste die Frage erst mal verdauen. So viel zum Thema Narzissmus. Oder vielleicht Angst. »Nein.«
»Warum haben Sie ihn aufgesucht?«
»Ursprünglich wollte ich nur ein paar Informationen über Primo Ekerling einholen. Aber dann verschwand Rudy, und ich ging zu Ryan wegen Infos über Rudy – und um nachzusehen, ob bei ihm alles in Ordnung ist. Jetzt scheint es, als sei Ryan ebenfalls verschwunden.«
Der Schock drang verzögert zu ihrem Bewusstsein durch. » Ryan ist verschwunden?«
»Vielleicht hat er sich verlaufen, vielleicht ist er abgetaucht. Wir können ihn nicht finden.«
Sie kaute auf ihrem Daumennagel herum. »Muss ich mir Sorgen machen?« Als keiner der Polizisten antwortete, fluchte sie lautstark. »Herr im Himmel, das ist ja wirklich super... verdammt beschissen super! Ekerling ist tot, zwei Irre werden vermisst, und mir sitzt die Polizei im Nacken. Ich glaube, es wird Zeit, einen Anwalt zu nehmen.«
»Klar, tun Sie das«, sagte Decker. »Und wenn Sie schon dabei sind, sollten Sie sich überlegen, gleich noch einen Bodyguard dazuzubestellen.«
38
Decker warf Marge die Schlüssel für den Crown Vic zu. »Du fährst. Ich muss nachdenken.«
Auf der Rückfahrt ins Valley sagte die ersten zehn Minuten lang niemand ein Wort. Oliver verschränkte die Arme hinter seinem Kopf, lehnte sich zurück und schloss die Augen. Decker hatte eine Dose Kräuterlimonade geöffnet und nippte daran, während er seine Notizen durchging und Diagramme zeichnete. »Okay, versuchen wir’s mal. Melinda Little Warren. Lügt sie oder lügt sie nicht über ihre Beteiligung am Mord ihres Mannes?«
»Auch wenn sie eine Lügnerin ist, tippe ich in diesem Fall auf ›nicht gelogen‹«, sagte Marge.
»Ich spiele mal des Teufels Advokat und sage, vielleicht ist ihr klar, dass sobald ein Anwalt dazukommt, ihr derzeitiger Ehemann alles über ihre Vergangenheit herausfinden und sie entsorgen würde.«
»Stimmt, aber wenn sie in ernsten Schwierigkeiten steckte, würde sie kaum zögern, den besten Rechtsverdreher im ganzen Land zu kriegen. Leisten könnte sie sich das allemal.«
»Zumindest ihr Ehemann könnte das. Hat sie selbst genug Geld? Und was, wenn ihr derzeitiger Ehemann wie ihr verstorbener Ehemann ist? Was, wenn er die Haushaltskasse
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