Arglist: Roman (German Edition)
gehöriger Überredungskünste, bis Mr. Craddle hinreichend davon überzeugt werden konnte, dass es sich bei den ermittelnden Polizisten um Beamte der Mordkommission und nicht von der Sitte handelte. Schließlich dämmerte es dem Eigentümer, dass ihm eine Zusammenarbeit mit der Polizei auf lange Sicht nützlich sein konnte.
Hollywood platzierte wechselnde Lockvögel an der Rezeption des Sand Dunes , mal eine Frau, mal einen Mann. Da es schon Überwachungskameras gab, sahen sich Decker, Diaz und Garrett die jüngsten Bänder an und versuchten, unter den Hunderten körnigen Aufnahmen von verstohlenen Männern Rudy Banks auszumachen. Da die Bilder unscharf waren, konnte man kaum Gesichtszüge erkennen, und selbst wenn, mussten sie feststellen, dass viele Männer ihre Gesichter verbargen oder der Kamera, die auf den Empfangstresen gerichtet war, den Rücken zukehrten. Die Polizei steuerte freundlicherweise noch zusätzliche Kameras bei, so dass es leichter wurde, die Gesichter aus verschiedenen Perspektiven einzufangen. Die alten Kamerasysteme wurden verbessert. Alles war bereit.
Also warteten sie.
Und warteten.
Und warteten.
40
Geduld war nicht nur eine Tugend, sie war eine Notwendigkeit. Monate vergingen ohne ein Lebenszeichen von Rudy Banks, so dass Deckers Tipp die hohen Tiere in Hollywood enttäuschte. Sie zogen die Lockvögel vom Sand Dunes ab und teilten ihnen neue Aufgaben zu. Jede Woche suchten Diaz oder Garrett oder Decker oder Marge oder Oliver oder ein anderer der Hollywood-Kollegen das Etablissement auf; sie überprüften die Kameras und tauschten die Bänder aus. Niemand war überrascht, wenn die Aufnahmen nichts Besonderes zeigten – immer wieder nur herumschleichende Freier und Callgirls. Aber so war eben Polizeiarbeit: Stunden um Stunden betäubender Langeweile, gefolgt von dem alles entschädigenden, triumphalen, ganz seltenen, direkt in die Vene rauschenden Adrenalinstoß.
Marge saß gemütlich in ihrem Wohnzimmer, trank Kaffee und zappte mit der Fernbedienung durch die Sender, als sie von Detective Cindy Decker Kutiel, frisch befördert, einen Anruf erhielt.
»Weißt du, wo Dad steckt?«
»Keine Ahnung.« Marge stellte den Fernseher stumm. »Kannst du ihn nicht auf seinem Handy erreichen?«
»Es ist ausgeschaltet.«
»Vielleicht sitzt er mit Rina im Kino.«
»Dann stellt er es normalerweise auf Vibrations-Alarm.«
»Vielleicht ist der Akku schwach. Was gibt’s, Cindy?«
»Ich bin hier im Revier und sehe die Bänder aus diesem Schuppen durch. Rip und Tito sind schon informiert, aber ich dachte mir, jemanden aus euren Breiten möchte vielleicht auch mitkommen.«
Marge richtete sich abrupt auf und kippte sich fast ihren Kaffee in den Schoß. »Du hast ihn gefunden ?«
»Ich glaube ja. Eigentlich nicht ich. Ich war mittendrin, als Petra Conner vorbeischaute, um mich zu unterstützen. Kennst du Petra?«
»Ich hab sie auf eurer Hochzeit kennengelernt. Sie ist doch auch bei der Mordkommission. Ihr beide spielt zusammen in einer Bowling-Mannschaft.«
»Haargenau. Petra arbeitet zugleich als Künstlerin. Ihr Auge ist besonders gut geschult, um Feinheiten in Gesichtern zu erkennen. Ich weiß gar nicht, warum wir nicht früher an sie gedacht haben.«
»Ich verständige Oliver, wir sind dann gleich da.«
»Gut... da kommt ein Anruf rein. Ich glaube, es ist Dad. Bis gleich.«
Sobald sie festgestellt hatten, dass es höchstwahrscheinlich Rudys Gesicht war, entdeckten sie, dass er das Etablissement schon öfter aufgesucht hatte, mal mit Kahlkopf – wahrscheinlich eine Glatzenperücke – und ein anderes Mal mit falschen blonden Haaren. Bei seinem letzten Besuch – vor drei Wochen – sah man ihn mit Baseballkappe und Bomberjacke.
»Der da…«, der Angestellte tippte eindringlich auf das Foto, »der mag sie mit ordentlich Fleisch auf den Rippen.« Der Angestellte hieß Cecil Dobbins: achtundfünfzig Jahre alt, ein Meter siebzig groß, über hundert Kilo schwer mit einer mächtigen Wampe, weißen Haaren und trüben blauen Augen.
Die Nacht war ruhig gewesen, und Dobbins hatte Lust zu plaudern. Er arbeitete seit anderthalb Jahren für Mr. Craddle. Der Job war okay, vielleicht ein bisschen langweilig. Das Schwierigste daran war, den Laden sauber zu halten und dafür zu sorgen, dass alles legal und im Rahmen der Gesetze blieb und zwischen zwei mündigen Bürgern ablief. »Mr. Craddle will keine Probleme. Deshalb arbeitet er ja auch mit Ihnen zusammen.«
»Wir wissen das zu
Weitere Kostenlose Bücher