Arglist: Roman (German Edition)
umbringen und ungeschoren davonkommen könnte, dann würde ich es tun.«
»Hoffen wir für Sie, dass der Typ nicht plötzlich tot umfällt.«
O’Dell verdrehte die Augen. »Schmeckt’s denn?«
»Wirklich sehr gut«, antwortete Decker. »Und wo lebt Mudd jetzt?«
»Immer noch in dem betreuten Wohnhaus.« O’Dell schrieb ihm die Adresse auf. »Wenn Sie bei ihm vorbeischauen, sagen Sie ihm, Mad Irish lässt grüßen.«
»Mach ich.« Decker legte den Zettel in seine Brieftasche. »Wie sind Sie an Banks geraten, Liam?«
»Banks und Primo hatten schon eine Weile ihr Punkding laufen. Sie nahmen mich dazu, weil sie einen Schlagzeuger suchten, obwohl meine Leidenschaft die Gitarre ist. Aber so läuft’s. Du spielst, was die Band braucht, und die Band brauchte einen Schlagzeuger.«
»Wann sind Sie zur Band gestoßen?«
»Ende der Achtziger, da war ich dreiundzwanzig. Primo und Mudd waren etwas älter, aber Rudy war jünger als ich. War deshalb schwierig, bei den Konzerten an Alkohol zu kommen. Meistens haben wir ihn versorgt, und der Barmann schaute in die andere Richtung.«
»Wie kam Mudd zur Band?«
»Das lag auch an Banks. Er ist ein Scheißkerl, hat aber ein gutes Ohr. Mudd spielte in einer anderen Gruppe, sein Talent war verschwendet. Mit Mudd an der Gitarre, Primo am Bass, Banks an den Keyboards – da ging die Post ab. Banks, der ein Meister der Selbstdarstellung ist, besorgte uns superschnell einen Plattenvertrag. Wir veröffentlichten ein Album, das in die Charts kam, und wir verdienten Geld. Wir feierten. Wir vögelten bis zum Umfallen. Wir waren ständig sturzbesoffen. Wir dachten nie daran, das könnte mal aufhören, aber genauso war’s. Primo und Banks wurden Musikproduzenten, ich fand ein paar bezahlte Auftritte. Ich wusste, dass unsere beste Zeit vorbei war, und sah das alles ganz nüchtern. Aber Mudd konnte damit nicht umgehen – dem Zusammenbruch. Im Musikgeschäft sitzt dir immer ›das nächste große Ding‹ im Nacken.«
»Haben Sie die Songs selbst geschrieben?«
O’Dell lachte. »Sie glauben, ein Stück wie ›Bang Me‹ stammt aus der Feder von Harold Arlen oder so?«
Decker musste schmunzeln. »Sie kennen sich aus, Mad Irish.«
»Ich mag Harold Arlen. Wünschte, ich hätte ›Over the Rainbow‹ komponiert, dann hätte ich ausgesorgt.«
»Wer schrieb die Songs der Band?«
»Meistens Banks oder Primo.«
»Also bekamen sie die meisten Tantiemen, wenn jemand ein Remake der Bandlieder aufnahm?«
»Ganz genau. Und über die Jahre haben jede Menge Künstler unsere Songs gecovert. Ich beanspruche nichts davon. Die Schlacht schlagen Banks und Primo. Was mir die Laune vergeigt, ist, wenn Banks eine Best of -CD der Doodoo Sluts auflegt und vertickt, ohne uns auch nur einen einzigen Cent an Tantiemen abzutreten. Ich singe die Songs, und Mudd singt die Songs. Was gibt diesem Arschloch das verdammte Recht, unser Silber zu stehlen?«
»Erlauben Sie mir eine Frage, O’Dell: Was hätten Sie zu Banks gesagt, wenn Sie ihn heute Morgen angetroffen hätten?«
Mad Irish zögerte. »Ich war auf hundertachtzig, als Sie mich gesehen haben. Ich denke, zum Glück für alle Beteiligten bin ich ihm nicht begegnet.«
»Sie sollten sich von ihm fernhalten, Liam. Lassen Sie Ihren Anwalt die Sache klären.«
»Genau das habe ich ja getan, wirklich. Hab mir gesagt, dass es sich nicht lohnt, deswegen in Schwierigkeiten zu kommen. Aber wer kämpft jetzt für Mudd, nachdem Primo tot ist? Mir fehlt das Geld, einen Anwalt zu bezahlen. Und Mudd braucht Geld.«
»Banks zu bedrohen, bringt rein gar nichts.«
»Ich drohe nicht, Kumpel.«
»Liam. Wenn Banks etwas passiert, raten Sie mal, nach wem ich dann suche?«
»Wenn Banks etwas passiert, dann will ich nicht mit Ihnen tauschen, Kumpel. Rudy hat nur Feinde, über die Jahre dürften das hunderte sein.«
Das Hollywood Terrace lag in einer Seitenstraße, ungefähr zwei Kilometer von der Hollywood-Polizeistation und ungefähr fünf Kilometer von der Stelle entfernt, an der Primo Ekerling im Kofferraum seines Wagens vor sich hin gefault hatte.
Das Gebäude war ein völlig heruntergekommener Bunker, dem die Abrissbirne schon winkte. Keine Pflanzen vor der Tür, um das Grau des Verputzes abzumildern, nur ein paar Autos standen auf einem holperigen Parkplatz. Die Glastür zur Eingangshalle war abgeschlossen, und die Namen der Bewohner standen jeweils neben einem Klingelknopf auf einem Schild an der Wand. Ryan Goldberg lebte in Apartment E.
Decker klingelte,
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